Die WeiterMacher: Warum sie ein Unternehmen übernehmen statt neu gründen wollen
#SageNachfolgePlaner, Folge 1: Die WeiterMacher
Bei der Nachfolgeplanung von Familienunternehmen denken Unternehmer in erster Linie an harte Fakten: Ist das Geschäftsmodell zukunftsfähig und somit attraktiv für künftige Nachfolger? Wird man sich beim Kaufpreis einig? Ist die Übernahme finanzierbar und verfügen die Übernehmer über die richtigen beruflichen Qualifikationen, um ein Unternehmen zu führen? Das sind Fragen, mit denen sich „Die WeiterMacher“ beschäftigen.
Doch es geht um mehr – emotionale Faktoren wie gegenseitiges Verständnis, Sympathie und nicht zuletzt die Bereitschaft des Unternehmers, sein Lebenswerk loszulassen und in fremde Hände zu geben, sind essenziell für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe.
Warum das so ist, erzählen uns Andreas Weigel und Manuel Friedmann im Podcast-Interview. Die beiden wollen ein Unternehmen übernehmen und haben zu diesem Zweck die Kampagne „Die WeiterMacher“ ins Leben gerufen.
Herr Friedmann, Herr Weigel, unter dem Namen „Die WeiterMacher“ suchen Sie „die berühmte Nadel im Heuhaufen“: Ein Unternehmen, das erfolgreich ist, zukunftsfähige Produkte oder Dienstleistungen anbietet, strukturell gut aufgestellt ist – und dessen Chef nach einem Nachfolger sucht. Welche Werte – des Unternehmens und auch des Unternehmers – sind Ihnen persönlich dabei wichtig?
Andreas Weigel: Ehrlichkeit, Transparenz, Freiheit, Offenheit. Wir merken relativ schnell, wie offen der Unternehmer ist. Im Moment stehen wir in Kontakt mit einem Unternehmen, das bei uns in der engeren Auswahl für eine Unternehmensübernahme steht. Der Inhaber ist extrem offen eingestellt: Er hat mit seinen Mitarbeitern über die Nachfolgeplanung gesprochen, sie wissen, wann wir zu Terminen kommen, warum wir da sind, was wir tun. Und es gab im Gegenzug auch schon Unternehmer, die uns samstags zur Unternehmensbesichtigung eingeladen haben, damit keine Mitarbeiter da sind.
Manuel Friedmann: Das ist eigentlich eher die Regel.
Andreas Weigel: Ja, der Standard ist, dass alles sehr bedeckt gehalten wird. Die Offenheit ist oft nicht da. Wir merken in den Gesprächen mit dem Unternehmer, ob er schnell zum bestmöglichen Preis verkaufen will oder ob es wirklich sein Lebenswerk ist, das er weitergeben will. Dann hat er auch großes Interesse daran, am Übergang mitzuarbeiten, dann liegt ihm etwas an den Mitarbeitern und dem Standort. Und solche Unternehmen suchen wir. Die Chemie muss stimmen.
Manuel Friedmann: Um zu verstehen, wie der Unternehmer tickt, welche Unternehmenswerte gelebt werden, brauchen wir nicht lange. Das sehen wir sofort, wenn wir eine Firma besichtigen. Und man sieht die Werte auch am Geschäftsmodell als solches. Es gibt moralisch höherwertige Geschäftsmodelle und andere, die es weniger sind. Auf Geschäftsmodelle, die sich permanent mit dem Übervorteilen von Kunden beschäftigen, haben wir keine Lust. Wir wollen unser Geld ehrlich und fair verdienen und brauchen dafür ein Geschäftsmodell, das von der Kundenbeziehung lebt. Wir wollen mit dem Kunden eine Vision entwickeln.
Andreas Weigel: Man kann viel über Werte sagen und schreiben, aber Werte werden gelebt.
Warum sollen Sie ein eigenes Unternehmen übernehmen und führen? Was ist Ihre persönliche Motivation?
Manuel Friedmann: Wir wollen unsere eigene Strategie definieren und umsetzen. Wir wollen der letzte Entscheider sein, weil wir beide in unseren beruflichen Karrieren gemerkt hatten, dass man viel arbeiten kann und sich dabei hochidentifiziert mit dem, was man tut – und dass es am Ende immer noch Bewegungen, Unternehmenspolitik und Menschen gibt, die uns in ihrer Funktion einen Riegel vorschieben. Das Spannende am Management, wo wir heute schon tätig sind, ist ja: man arbeitet viele Wochen und Monate an einer guten Strategie und sieht dabei nicht auf Anhieb, ob die eigene Arbeit sich auszahlt oder nicht. Deswegen ist es so wichtig für uns, dass wir unsere eigene Strategie umsetzen können und dann am Ende auch sehen, wie und ob sie so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir wollen also im Wesentlichen an einem Unternehmen als Ganzes arbeiten. Darin liegt für uns der Reiz.
Andreas Weigel: Ich wurde von meinen beruflichen Erfahrungen geprägt und bin mehr oder weniger in den Wunsch, Unternehmer zu werden, hineingerutscht. Als ich für ein Industrieunternehmen nach Singapur ging, um dort das Asiengeschäft aufzubauen, war mir das zum Beispiel noch nicht so bewusst. Ich hatte zwar Mut und den technischen Background als Ingenieur, aber das reicht nicht, um erfolgreich ein eigenes Unternehmen zu führen. Aber ich motiviere gerne Menschen und habe dann gemerkt, dass es mir richtig Spaß macht, auf einem gewissen nachhaltigen Wertesystem etwas eigenes langfristig aufzubauen. Man bekommt unheimlich viel wieder zurück, wenn man diesen Ansatz verfolgt und nicht nur schnelles Geld machen will. Man kann Beziehungen aufbauen, aus Erfahrungen lernen und zwar nicht unbedingt die Welt verbessern, aber ein Stück weit etwas anders machen. Und das ist die totale Erfüllung.
Herr Weigel, in unserem Podcast geben Sie einen kleinen Einblick, welche Hochs und Tiefs Sie schon bei Ihrer Suche nach einem passenden Unternehmen durchgemacht haben. Unter anderem standen Sie nach 9-monatigen Verhandlungen kurz vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags und 3 Tage vor dem Notartermin ist der Unternehmer abgesprungen. Woran lag das?
Andreas Weigel: Normalerweise läuft es so: Man trifft sich und schaut, ob die Nase passt, dann trifft man sich nochmal, spricht über ein paar Zahlen und irgendwann wird der Steuerberater integriert, bis es dann zum Kauf kommt. All das lief super: Wir hatten gemeinsame Banktermine – der Unternehmer hatte mir seine Bank empfohlen, die das Geschäftsmodell schon kannte und es waren Verkäuferdarlehen geplant. Ich hatte mich schon emotional im Unternehmen gesehen und Domains registrieren lassen. 3 Tage vor Vertragsunterzeichnung bekam ich dann einen Anruf vom Steuerberater, der meinte, es bestehe noch Redebedarf. Wir haben uns getroffen – ohne Notar – und dann kam völlig unvermittelt die Absage des Unternehmers. Obwohl geplant war, dass er noch 2 bis 3 Jahre mit mir zusammen im Unternehmen arbeitet, hat er es emotional einfach nicht geschafft, loszulassen. Das zeigt, dass es bei einer Unternehmensübernahme um viel mehr als harte Fakten und die Einigung beim Kaufpreis geht.
Manuel Friedmann: Was ich auch interessant finde, ist, dass der Unternehmer damals einen Großteil der entstandenen Kosten übernommen hat. Er hatte definitiv ein schlechtes Gewissen. Es zeigt aber auch, dass sich Andreas den richtigen Unternehmer ausgesucht hat – die Werte haben gepasst.
Seit September letzten Jahres suchen Sie gemeinsam nach einem Unternehmen. Sie haben einen unterschiedlichen beruflichen Werdegang und bringen individuelle Stärken und Erfahrungen mit ein – welche Vor- und Nachteile sehen Sie darin, zu zweit ein Unternehmen zu übernehmen?
Andreas Weigel: Wir sehen nur Vorteile! Bei Banken kommt z.B. immer die Frage, was passiert, wenn dem Unternehmer etwas zustößt. Wir sind zu zweit, es ist also immer jemand da, der den Laden fortführen kann. Man muss allerdings offen sein und darf kein starkes Ego haben. Wir verstehen uns super und gehen die meisten Themen ähnlich an. Wenn mal ein Punkt aufkommt, bei dem wir unterschiedlicher Meinung sind, dann reden wir, analysieren wir, immer in der Sache, und gehen es ohne Eigeninteresse an. Menschen, die andere Perspektiven einbringen, bereichern, und am Ende kommt man immer zu einer besseren Lösung.
Das Interview im Podcast
Dass die beiden Unternehmer sehr gut harmonieren, hören Sie in der Podcast-Folge „Die WeiterMacher“. Andreas Weigel und Manuel Friedmann geben einen unterhaltsamen und gleichzeitig informativen Einblick in das Thema Unternehmensnachfolge, nennen Tipps und Tricks für angehende Unternehmensnachfolger und verraten, warum Unternehmensnachfolge nicht bedeutet, sich ins gemachte Nest zu setzen – sondern mit Strategie und Kreativität auf etwas bestehendem aufzubauen. Alle Podcastfolgen finden Sie hier auf unserem Blog.