Unternehmensnachfolge

Unternehmensnachfolge-Geschichten: Heike Lewedag und ihr Weg in die Metallbaubranche

Heike Lewedag ist Geschäftsführerin der Kock GmbH und hat mit der Übernahme der Firma gleich mehrere Herausforderungen bewältigt: Sie hat das Familienunternehmen als externe Nachfolgerin übernommen, und zwar in einer Branche, in der sie bis dahin keine Erfahrungen hatte und die bis heute eindeutig von Männern dominiert wird – im Metallbau.

„Ich würde keinem raten, ohne Branchenkenntnisse eine Firma zu übernehmen – wie ich!“

Heike Lewedag ist Geschäftsführerin der Kock GmbH und hat mit der Übernahme der Firma gleich mehrere Herausforderungen bewältigt: Sie hat das Familienunternehmen als externe Nachfolgerin übernommen, und zwar in einer Branche, in der sie bis dahin keine Erfahrungen hatte und die bis heute eindeutig von Männern dominiert wird – im Metallbau. Bis 2017 gehörte die Firma noch Rolf Kock, dessen Vater das Unternehmen 1964 gründete. Heute liegt die Verantwortung für 20 Mitarbeiter und für einen Jahresumsatz von bis zu 2 Mio. Euro in den Händen von Heike Lewedag. Im Jahr 2019 zeichnete der Verband deutscher Unternehmerinnen sie mit dem Next Generation Award aus und würdigte damit ihren Mut und Erfolg als Nachfolgerin. Im Interview erzählt sie von den Herausforderungen im Übergabeprozess und ihrem ungewöhnlichen Weg.

Frau Lewedag, die Kock GmbH fertigt Aluminiumhaustüren. Was ist das Besondere an Ihren Produkten?

Ich nenne unsere Firma immer liebevoll: „Die Manufaktur“, denn es gibt keine Standardlieferungen, sondern nur maßgeschneiderte Fertigungen im B2B-Bereich. Wir fertigen sowohl die Türen als auch die Türfüllungen, also die designorientierte Innenfläche, wo man beispielsweise auch Glas oder eine Aluminiumfüllung mit Bullauge in unterschiedlichen Farben einbauen kann. Wir produzieren beides ganz individuell. Wenn Sie sagen, Sie wollen eine rosa Tür mit grüner Füllung, dann kriegen Sie die bei uns. Das ist der eine Teilbereich. Der zweite ist die Biegetechnik, die zum Beispiel für die Türen oder Fenster mit Rund- oder Stichbogen, die man aus Altbauten kennt, gebraucht wird.

Wie sieht bei Ihnen ein ganz normaler Arbeitstag aus, wenn es so etwas überhaupt gibt?

Im Normalfall gehe ich zu Fuß mit meinem Hund in die Firma, weil ich ganz in der Nähe wohne. Dann schaue ich mir als erstes an, welche Aufträge an dem Tag rausgehen sollen, überprüfe das und helfe dabei, dass alles fristgerecht geliefert wird. Ich bin aber auch für die Finanzen zuständig, für Mitarbeiterführung und auch die Kundenbetreuung. Ich bin eigentlich so ein bisschen die Frau für alle Fälle.

Seit 2017 sind Sie nun Geschäftsführerin der Firma. Wie kam es zu Ihrem Entschluss zur Übernahme?

Als die Kock GmbH im Gespräch war und ich den Inhaber kennenlernte, hat es gefühlt keine zwei Stunden gedauert, bis mein Entschluss stand. Natürlich mussten wir dann noch die Finanzierung durchsprechen, einen Business-Plan aufstellen und so weiter. Aber meine eigene Entscheidung „Ich mache das jetzt“ traf ich schnell, weil mein gutes Bauchgefühl von den Zahlen und Fakten der Firma bestätigt wurde. Spannend war aber natürlich: Ich hatte vorher noch nie eine Aluminiumtür gebaut.

Ihnen fehlten also noch die Branchenkenntnisse?

Genau. Rolf Kock hat mich das ganze Jahr 2017 noch begleitet und eingearbeitet. Das war damals sehr anstrengend und ist es auch heute teilweise noch. Ich bin über drei Jahre dabei und habe jetzt erst das Gefühl, dass ich sowohl die Branche begriffen habe als auch die Produktionstechnik im Detail. Das ist eine verdammt lange Zeit, die sehr hart war. So würde ich es tatsächlich niemand anderem empfehlen. Man sollte eigentlich schon mal grobe Branchenkenntnisse haben. Schönerweise habe ich auch heute noch Kontakt zu Rolf Kock und kann auf seinen Rat zurückgreifen.

Hinzu kommt ja, dass die Branche eine eher männerdominierte ist – gab es deswegen besondere Herausforderungen?

Ich bin im Grunde in einer Männerwelt groß geworden, auch bei meinen Hobbies war ich oft die einzige Frau. Für mich ist das also eigentlich normal. Mein Team und ich haben schnell einen Weg zueinander gefunden. Gemischte Teams finde ich großartig und wichtig für ein gutes Miteinander.

Was haben Sie im Laufe Ihrer Übernahme im Unternehmen verändert? Gab es einen Wandel, z.B. in Prozessen, Services oder im Mindset, den Sie angestoßen haben? 

Ja, ich habe sehr viel verändert, von kleinen Neuerungen wie der Anschaffung einer neuen Spülmaschine in der Küche bis hin zu größeren, etwa eine betriebliche Altersvorsorge oder das Ersetzen eines wichtigen Hilfsstoffes in der Produktion. Außerdem habe ich einen Schritt in Richtung Digitalisierung vorgenommen und neue Maschinen gekauft. Letztes Jahr habe ich den gesamten Produktionsablauf optimiert. Der Satz „Das bleibt so, das haben wir immer so gemacht“ fällt bei mir nicht.

Was hat Sie als Nachfolgerin qualifiziert?

Ich bin in einer Unternehmerfamilie groß geworden, das Unternehmen meiner Eltern hat später meine Schwester übernommen. Nach meinem BWL-Studium arbeitete ich als Diplomkauffrau. Später habe ich zwei Kinder bekommen und das Unternehmen meines ersten Ehemannes mit aufgebaut. Wir waren insgesamt mit fünf Geschäften selbständig. Nach der Trennung habe ich erstmal wieder als Angestellte gearbeitet, aber um es kurz zu sagen: Das hat nicht funktioniert. Wenn Sie 15 Jahre lang selbständig waren, eigenständig Entscheidungen getroffen haben, und plötzlich müssen Sie sich wieder einordnen – dann führt das zu einer Unzufriedenheit. Nachdem ich insgesamt zweieinhalb Jahre abhängig beschäftigt war, wollte ich aus dieser Unzufriedenheit heraus wieder in die Selbständigkeit zurückkehren.

Also haben Sie sich auf die Suche nach einem passenden Unternehmen gemacht, das Sie übernehmen könnten?

Ja, ich habe mich an die IHK gewandt, wo es einen Nachfolge-Club gibt mit Nachfolge-Interessierten und Nachfolge-Suchenden. Da habe ich mich ganz klassisch beworben und wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

Wie liefen die Gespräche bei der IHK ab?

Nachdem ich mich vorstellen durfte, haben die beiden Gesprächspartner mir in einem Kurzexposé direkt Unternehmen aus ihrem Portfolio vorgeschlagen, aber ohne Namen. Ich wusste nicht, um welche Firmen es sich genau handelt. Dann fand ein Blind Date zwischen dem Nachfolge-Suchenden und mir – der potenziellen Nachfolgerin – statt, bei dem zunächst noch Moderatoren der IHK dabei waren. Davor wurde absolutes Stillschweigen vereinbart und die Namen blieben unbekannt, ich wusste also nicht, welches Unternehmen jetzt kam. Es gab zwar noch zwei bis drei andere Unternehmen, mit denen ich Gespräche hatte, aber schlussendlich ist es die Kock GmbH geworden.

2019 hat der Verband deutscher Unternehmerinnen sie mit dem Next Generation Award ausgezeichnet. Wie kam es dazu?

Den Verband kannte ich vorher gar nicht. Vorgeschlagen hat mich die IHK, sie haben mich vorher angerufen und gefragt, ob das in Ordnung wäre. Ich war damals verwundert, habe eigentlich erstmal nur gelacht und sowieso nicht damit gerechnet, dass das was wird. Im Nachhinein muss ich sagen: Das hat mir einen richtigen Motivationsschub verpasst und bringt mir heute noch Selbstsicherheit, ganz viele Leute sprechen mich darauf an. Beim VdU habe ich so viele tolle Frauen kennengelernt, die positiv bewundernd und ohne Eifersucht gesprochen und meine Leistung anerkannt haben. Das hätte ich nie erwartet und es wäre schön, wenn das unter Unternehmern immer so wäre. Mein Mann kam bei der Preisvergabe in die ungewohnte Situation, einer von vier Männern unter 500 Frauen zu sein. Für mich gehört es zum Tagesgeschäft, dass ich mit Abstand die einzige Frau unter vielen Männern bin. Aber für ihn war das sehr ungewohnt und ich weiß nicht, ob er nochmal mitkommen würde …

Sie sind weiterhin beim VdU aktiv und saßen sogar in der Jury für den nächsten Next Generation Award – was war das für eine Erfahrung für Sie?

Ja, ich habe danach noch einige Seminare mitgemacht und ziehe meinen Hut vor dem Verband. Das Angebot ist klasse und die Workshops finden im kleinen Kreis mit guten Referenten statt. Die Entscheidung über den Next Generation Award war sehr schwierig, denn jede Nominierte hat etwas Tolles und Besonderes geschaffen. Ich verrate natürlich noch nicht, wer die nächste Gewinnerin ist.

Haben Sie zum Schluss noch Tipps, die Sie anderen Unternehmensnachfolgerinnen mit auf den Weg geben möchten?

Mut zur Entscheidung, das ist das Wichtigste. Offenheit, um etwas Neues anzufangen. „Unternehmer“ kommt von „unternehmen“, also: einfach machen. Und nicht begrenzen lassen, egal, was andere Leute sagen.

Vielen Dank für das Interview!

Tipp: Im Online-Experten-Talk „Unternehmensnachfolge ist auch weiblich – Sie müssen sich nur trauen!“ treffen sich online inspirierende Unternehmerinnen darüber, dass ein Mindset-​Wechsel stattfinden muss, sowohl bei den Frauen, als auch bei den Männern. #Empowerment ist das Stichwort: Frauen, traut Euch endlich an die Spitze, denn: „Nachfolge ist weiblich“ – gemäß dem Motto des Aktionstages zur Unternehmensnachfolge durch Frauen. Was können Nachfolgerinnen/Unternehmerinnen von Frauen lernen, die gegründet haben?

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