Fellowship statt Leadership: Schluss mit “Per order di Mufti”

Susann Warmbrunn
Susann Warmbrunn betreute die HCM Softwarelösungen von Sage in Deutschland.  Ihre langjährigen Erfahrungen als Personalreferent und in den Bereichen Vertrieb und Produktmanagement brachte sie stets ein, wenn es um die nachfrageorientierte Entwicklung und Vermarktung der Produkte und Services von Sage geht.
Fellowship

Was einen guten Chef ausmacht? Interesse, Verständnis, Empathie. Warum das allein nicht reicht, um unzufriedenen Kollegen in engagierte Mitarbeiter zu verwandeln? Ganz einfach: Fellowship erfordert ein komplett neues Mindset. Und zwar gleichermaßen bei Führungskräften und Belegschaft.

Gutes Personal mag schwer zu finden sein. Dies ist allerdings zuweilen wohl auch darauf zurückzuführen, dass es an guten Führungskräften ebenfalls mangelt. Denn Vorgesetzte sind nicht nur dafür verantwortlich, geeignete Kandidaten für offene Positionen zu identifizieren. Ihr Verhalten trägt auch dazu bei, wie lange Mitarbeiter dem Unternehmen die Treue halten.

Der Chef ist schuld

Mehr als jeder zweite Arbeitnehmer, der mit seinem Job unzufrieden ist, macht dafür nur einen verantwortlich: seinen Chef. Damit rangieren schlechte Vorgesetzte als Grund für miese Stimmung am Arbeitsplatz klar vor einer zu niedrigen Bezahlung sowie langweiligen Aufgaben. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Staufen AG. Demnach empfindet nur rund jeder vierte Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten uneingeschränkt als Teil des Teams, der Rest fühlt sich nach wie vor von einem klassischen Chef geführt – Distanz zum Team inklusive.

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Schlechte Chefs kommen Unternehmen teuer zu stehen

Das kann fatale Folgen haben: Schließlich sind schlecht geführte Mitarbeiter nachweislich ineffizienter, unmotivierter und gegenüber Vorgesetzten und Unternehmen weniger loyal. Der aktuelle Gallup Engagement Index bestätigt diese Einschätzung. Demnach fühlt sich gerade einmal jeder fünfte Arbeitnehmer (22 Prozent) durch gute Führung zu Höchstleistungen motiviert, sieben von zehn Arbeitnehmern (69 Prozent) haben dagegen eigenen Angaben zufolge schon einmal unter einem schlechten Chef gelitten, jeder fünfte Befragte hat innerlich bereits gekündigt.

Dabei wissen die meisten Führungskräfte zumindest theoretisch, was einen guten Chef ausmacht: Zum Beispiel Kooperationskompetenz, Entscheidungsfreude, Selbstreflektion sowie die Bereitschaft, Mitarbeitern Fehler auch einmal nachzusehen und ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge sowohl wahr- als auch ernst zu nehmen. Klingt theoretisch überzeugend, scheint in der praktischen Umsetzung aber für viele Führungskräfte eine immense Herausforderung zu sein.

Gesamte Führungskultur muss auf den Prüfstand

Autoritätsforscher Frank Baumann-Habersack weiß, warum:

„Führungskräfte müssen ihr Weltbild überdenken und die Führungskultur im gesamten Unternehmen auf den Prüfstand stellen“,

sagt er. Denn diese basiere vielerorts auf einem veralteten Autoritätsbegriff, der während der Industrialisierung entstand und mit einer Funktion verbunden war. Anders gesagt: Wer in der Hackordnung früher ganz oben stand, hatte das Sagen.

Das sieht heute ganz anders aus. In Zeiten flacher Hierarchien, volatiler und komplexer Arbeitsszenarien lassen sich Mitarbeiter von Funktion und Titel allein kaum noch beeindrucken. Basta-Mentalität und Ansagen „per order di Mufti“ seien nicht mehr zeitgemäß, wirbt Baumann-Habersack für eine neue Form der Autorität. „Diese lässt sich jedoch nur verwirklichen, wenn Führungskräfte ihr Weltbild überdenken“, rät der Wissenschaftler. Heißt konkret: New Leadership verlangt eine komplett andere Unternehmensführung als bisher. „Transformative Autorität“ heißt das Gebot der Stunde.

Fellowship – the new Leadership

„Man hat inzwischen erkannt: Autorität ist kein Gegenstand wie ein Sack Reis oder ein Fahrrad“, sagt Wissenschaftler Baumann-Habersack. Dementsprechend könne man sie auch nicht mit einem Amt verliehen bekommen, besitzen oder verlieren. Autorität entsteht ihm zufolge erst in und durch eine Beziehung zwischen Menschen. Während traditionelle Autorität dabei häufig auf das Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“ setzt, zielt transformative Autorität vor allem auf eine konstruktive Gestaltung von Arbeitsbeziehungen ab. Ziel ist es, Mitarbeiter zu Co-Führungskräften zu entwickeln. Das zahlt sich für alle aus: Der Chef wird entlastet, die Angestellten freuen sich über den Vertrauensbeweis, sind produktiver und engagierter, Fehlzeiten und Fluktuation nehmen ab.

Mitarbeiter als Co-Führungskräfte

Der Weg dorthin ist allerdings steinig und keinesfalls kurz. Schließlich muss nicht nur der Chef umdenken. Auch die Mitarbeiter müssen eine neue Perspektive einnehmen. Scheitert der erforderliche, grundlegende Kulturwandel, kann die transformative Autorität ihre Wirkung nur unzureichend entfalten. Baumann-Habersack rät Unternehmen deshalb, schrittweise vorzugehen: „Am besten man fängt mit kleinen Schritten an“, sagt er. Zum Beispiel, indem der Chef die Vorbereitung des monatlichen Teammeetings einfach mal in die Hände eines Mitarbeiters legt – aber auch aushält, wenn dabei nicht alles auf Anhieb rund läuft. „Transformative Autorität bedeutet auch, Fehler zuzulassen. Denn nur so kann man daraus lernen“, sagt der Forscher.

Damit das klappt, sollten Führungskräfte den angestrebten Kulturwandel offen kommunizieren sowie Regeln und Zuständigkeiten festlegen. „Transparenz und Vertrauen spielen dabei eine enorm wichtige Rolle“, so Baumann-Habersack. Denn wenn Entscheidungen und deren Grundlagen für jeden nachvollziehbar seien, ließen sie sich wesentlich besser akzeptieren. Und was, wenn eine Situation doch mal erfordert, dass der Chef hart durchgreift? „Diese Frage stellt sich Führungskräften mit hoher Sozialkompetenz nicht“, ist Baumann-Habersack überzeugt. Für ihn steht fest: Ein respektvoller Umgang macht Druck und Angst überflüssig.

HR-Fokus: Mitarbeiter-Lebenszyklus als Konzept

Die Forschung hat gezeigt, dass Unternehmen mit einer heterogenen Belegschaft bessere Leistungen erzielen. Wird Ihr Unternehmen den Bedürfnissen einer Belegschaft von 17 bis 70 gerecht? Ansprüche und Bedürfnisse der Mitarbeiter – über Generationen hinweg aber auch ganz individuell – sind sehr verschieden. Eine wichtige Rolle dabei spielt auch die Phase, in der sich jeder Mitarbeiter anhand seiner Unternehmenszugehörigkeit befindet.

Die Customer Experience bestimmt über Loyalität und Zufriedenheit von Kunden. Gleiches gilt für die Mitarbeitererlebnisse. Und die sind im Kampf um gute Fachkräfte heute entscheidend. So individuell wie die Kunden sind auch Ihre Mitarbeiter. Das Konzept des „Mitarbeiter-Lebenszyklus“ ebnet als konsequente Personalisierung des Personalmanagements den Weg zu positiven Mitarbeitererlebnissen. Wir stellen das Konzept in unserem HR-Fokus vor und beleuchten verschiedene HR Aufgaben unter diesem Gesichtspunkt.

Um alle Beiträge der Reihe zu sehen, klicken Sie bitte auf  „Mitarbeiterlebenszyklus“ unter den folgenden weiteren Themen:

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