Arbeitsproduktivität: Sind Mitarbeiter faul – oder einfach unzufrieden?

Franziska Priebe
Franziska Priebe verantwortet den redaktionellen Bereich des Sage Advice Blog und schreibt Content für Personaler und HR-Entscheider. Themen umfassen: HR-Trends: Great Resignation/Quiet Quitting, Talentgewinnung, Mitarbeiter Wellbeing, HR-Automatisierung: Reduktion von Admin-Aufgaben, u.v.m.
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Simone Seidel, ehemals Director People Management bei Sage Germany, über die Ergebnisse einer Studie von 2019 zur Arbeitsproduktivität in Unternehmen. Für die Erhebung hat Sage über 3.500 Arbeitnehmer weltweit befragt. Das Ergebnis ist deutlich: Trotz technischer Fortschritte, die eigentlich zu mehr Effizienz führen sollten, herrscht eine geringe Arbeitsproduktivität der Mitarbeiter – von 40 Stunden in der Woche arbeitet nur ein Drittel 30 Stunden produktiv. Wie können HR-Fachkräfte dem entgegenwirken? Ein Blick auf aktuelle Zahlen und Ansätze lohnt sich.

Digitalisierung ist nicht gleich Effizienz

Die rasante technologische Entwicklung, automatisierte Prozesse und smarte Dokumentenverarbeitung haben einen tiefgreifenden Einfluss auf den Umgang mit Informationen und die Arbeitsweise der Mitarbeiter. Gepaart mit der Pandemie lassen sich große Veränderungen im Arbeitsalltag erkennen. Technische und digitale Skills sind heute fast schon keine Skills mehr, sondern gehören zum regulären Anforderungskatalog an Fachkräfte in fast jeder Branche. Das kann auch überfordernd sein – denn nur, weil die Digitalisierung schnell voranschreitet, heißt das nicht, dass sie die Arbeitsbedingungen für Angestellte von heute auf morgen verbessert. Zeitfresser durch Fehlerquellen, Informationsüberfluss und allgemeine Motivationsprobleme setzen den Angestellten zu – und halten sie maßgeblich von ihrer Arbeit ab. Hinzu kommen die anhaltenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krisen, die bei Mitarbeitern ein Bedürfnis nach mehr Sinn in ihrer Arbeit hervorrufen. Das alles hat negative Auswirkungen auf die Arbeitsproduktivität und damit auch wirtschaftliche Folgen für Unternehmen.

Flexible Modelle für eine bessere Arbeitsproduktivität

 Hybrides Arbeiten, Home-Office und flexible Arbeitsmodelle haben sich mittlerweile in zahlreichen Unternehmen durchgesetzt. Vieles funktioniert heute schneller und die Arbeitnehmer haben mehr Freiräume. Dennoch sind diese Modelle oft mit Vorurteilen behaftet: Führungskräfte zweifeln, ob ihre Teammitglieder zuhause allein tatsächlich arbeiten, und haben Sorge, das nachkontrollieren zu müssen. Außerdem sei Berufliches und Privates schwerer zu trennen. Eine Studie von Okta und Statista zeigt allerdings, dass Arbeitnehmer am produktivsten sind, wenn sie ungestört und flexibel arbeiten können. Mehr als 60 Prozent der Befragten gaben an, dass diese Faktoren sie stark beeinflussen. Die Möglichkeit, von zuhause aus arbeiten zu können, werten viele Arbeitnehmer als positiv in Bezug auf ihre Arbeitsweise. Flexibilität durch Home-Office oder hybride Modelle führt also entgegen den Vorurteilen sogar zu mehr Produktivität.

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Flexibler, selbständiger, gesünder und zufriedener im Home-Office

Eine weitere aktuelle Statista-Befragung zeigt außerdem, dass das Arbeiten im Home-Office zu einer Vielzahl an positiven Mitarbeitererlebnissen führen kann: Mehr als 60 Prozent der befragten Arbeitnehmer gaben an, dass das Arbeiten im heimischen Büro sich positiv oder eher positiv auf ihre Work-Life-Balance, ihre Eigenverantwortung und ihre Produktivität auswirke. Etwa die Hälfte fasst sogar mehr Vertrauen in den eigenen Arbeitgeber, fühlt sich körperlich gesünder und besser wertgeschätzt.

Heißt das jetzt, die Lösung lautet: Alle raus aus dem Büro? Nein, ein Schema F gibt es nicht – und das ist auch gut so, da die Mitarbeiter durch ihre vielfältigen Persönlichkeiten und Skills jedes Unternehmen einzigartig machen. Die Studien sprechen aber dafür, sich mit den Bedürfnissen der Belegschaft stärker auseinanderzusetzen und Befragungen durchzuführen: Möglicherweise stellt sich dabei heraus, dass sich viele einen Mix aus Home-Office-Tagen und Präsenzmeetings wünschen. Oder das Gegenteil ist der Fall und die Mitarbeiter wünschen sich angesichts technischer Neuerungen sogar eine engere, persönliche Abstimmung und eine Begleitung durch Weiterbildung oder ein Mentoring-Programm. Welches Modell zum eigenen Team passt, ist eine Entscheidung, die nur die Angestellten, die Führungskräfte und die Personalverantwortlichen gemeinsam treffen können.

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Wer erfüllt und motiviert ist, ist auch produktiv

Es gilt, festzuhalten: Unproduktive Mitarbeiter sind nicht faul – sondern wahrscheinlich unzufrieden mit ihrem Arbeitsumfeld und daher nicht motiviert, für das Unternehmen Vollgas zu geben. Menschen, die Sinn und Erfüllung in ihrer Arbeit finden und die sich von ihren Vorgesetzten gehört und wertgeschätzt fühlen, haben auch die nötige Triebkraft, sich besonders zu engagieren. Der Schlüssel zu einer höheren Arbeitsproduktivität sind daher positive Mitarbeitererlebnisse, oder anders ausgedrückt: eine gute Employee Experience. Wie diese im Einzelfall aussieht, ist individuell, da die Mitarbeiter eigene Vorstellungen und Wünsche haben. Für HR-Fachkräfte heißt das: Ins Unternehmen hineinhören, den Menschen ins Zentrum stellen und bei Bedarf die Arbeitsmodelle flexibilisieren.

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