Staffel 2: Produktivität - Potenziale freisetzen

Robert Poynton Autor und Associate Fellow der Oxford University

Pausen als Erfolgsfaktor:  Mehr Tempo durch Entschleunigung

Wir haben immer die Gelegenheit, bei unserer Arbeit eine Pause einzulegen. Selbst wenn Sie im Job gerade unter Hochdruck stehen und so schnell wie möglich vorankommen wollen (oder müssen): Sie können jederzeit innehalten und sich kurz Zeit zum Nachdenken geben. Manchmal genügen ein paar Sekunden oder Minuten, damit Sie den gesamten Tag produktiver bleiben. Gleiches gilt auch für längere Pausen und Auszeiten. Wenn Sie ein, zwei Tage Ihren täglichen Aufgabenberg hinter sich lassen, kann das einen enormen Effekt haben. Übrigens: Wussten Sie, dass Bill Gates sich alle zwei Jahre zu einer „Think Week“ aus dem Geschäftsalltag verabschiedete, um in Ruhe nachdenken zu können?

Ein Geschäftsführer meinte einmal während eines Leadership-Programms an der Universität Oxford zu mir: „Ich habe begriffen, dass eine Auszeit eigentlich bedeutet, sich intensiv mit etwas zu befassen.“ Dieser Ansatz hat es in sich. Ob Sie eine Pause machen, einen kurzen Moment vor dem Konferenzraum innehalten oder sich eine Woche lang eine Auszeit nehmen, um über eine Strategie nachzudenken – das alles kann Ihnen helfen, zielorientierter vorzugehen, sich zu erholen oder neue Energie zu tanken.

Pausen zum Fokussieren oder Abschalten

Das Gute an Pausen ist, dass uns dieses „Konzept“ bestens vertraut ist. Pausen sind etwas Simples, das jeder von uns kennt. Und was noch besser ist: Sie können selbst entscheiden, was für eine Art von Pause Sie brauchen, und wie lang oder kurz sie sein soll. Sie müssen dafür nicht Ihren Berufsalltag vollkommen umkrempeln, kein kompliziertes Zeitmanagementsystem einrichten oder erst Meditieren, Yoga oder Tai Chi lernen (obwohl das nichts schaden kann).

Es genügt, wenn Sie erkennen, wie wichtig und unverzichtbar Pausen für Sie sind – und sich daran halten. Halten Sie ab und zu kurz inne. Erlauben Sie sich Pausen und schaffen Sie sich so den nötigen Freiraum zum Nachdenken, damit Sie herausfinden können, was für Sie funktioniert.

Oft genügt in stressigen Situationen schon ein kurzer Moment, damit Sie sich sammeln und besser konzentrieren können. Und manchmal ist vielleicht eine längere Auszeit notwendig, um einfach einmal abzuschalten oder von einem stressigen Projekt Abstand zu gewinnen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Sie erholsame Pausen in Ihren Arbeitstag integrieren können.

Tief durchatmen!

Wenn wir in stressigen Zeiten bewusst auf unsere Atmung achten, zapfen wir eine natürliche Energiequelle an. Wenn Sie einmal tief durchatmen, merken Sie sofort, wie sich das Ihren Körper und Ihre Gedanken auswirkt. Sollten Sie also (wieder einmal) das Gefühl haben, dass Ihnen gerade alles zu viel wird – ob das nun Ihr voller Posteingang, das ständig klingende Telefon oder die knappe Deadline ist: Sie können jederzeit tief durchatmen, bevor Sie reagieren. Dass diese einfache Entspannungsmethode funktioniert, ist sogar wissenschaftlich erwiesen: Mehrere Studien zeigen, dass ein tiefer Atemzug oder ein Seufzer unser Nervensystem auf eine Weise „zurücksetzt“, die für uns wichtig ist.

Und so geht’s: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Bauch. Entspannen Sie ihn und lassen Sie ihn sich ausdehnen (anstatt aus der Brust zu atmen). Und dann atmen Sie sanft ein. Indem Sie sich drei oder vier Sekunden auf Ihren Körper konzentrieren, verändern Sie Ihre Denkweise und Ihre Stimmung und können den Kreislauf von Hektik, Panik oder Überreaktionen leichter durchbrechen.

Raus an die frische Luft

Ein Spaziergang ist eine weitere einfache Möglichkeit für eine kurze Pause. Sie können dafür feste Uhrzeiten am Tag einplanen oder einfach spontan einen kurzen Gang um den Block machen, wenn Ihnen danach ist. Gehen und Denken sind eng miteinander verbunden und so geben Sie sich selbst eine natürliche „Denkpause“. Sie schaffen sich damit das, was ich als Freiraum bezeichne – die Chance, über Ideen und Aufgaben nachzudenken, um sie vielleicht anders anzugehen. Unsere Psyche und unser Körper sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn Sie also Ihren Körper bewegen, werden Sie auch geistig beweglich. Und das ist oft genau das, was wir brauchen.

Selbst ein kurzer Spaziergang kann Ihre Sicht der Dinge ändern und Sie auf völlig neue Ideen bringen. Wenn Sie mal wieder eine Pause brauchen, probieren Sie es einfach aus. Verlassen Sie das Büro oder Ihr Homeoffice und machen Sie einen kurzen Spaziergang, um den Kopf wieder frei zu bekommen. Oder überlegen Sie, ob in der Mittagspause ein etwas längerer Spaziergang möglich ist, damit Sie in Ruhe abschalten können. In nur wenigen Minuten können Sie Ihren mentalen und körperlichen Rhythmus vollkommen ändern – und den Effekt spüren Sie sofort. In solchen Pausen neigt unser Unterbewusstsein dazu, erstaunliche Arbeit für uns zu leisten. Wir kehren dann nicht nur ausgeruht zur Arbeit zurück, sondern auch mit neuen Erkenntnissen oder Ideen. Mir fiel zum Beispiel die Gliederung meines Buches Do Pause bei einem Spaziergang ein. Vorher kam ich nicht mehr voran. Aber anstatt mir endlos den Kopf zu zerbrechen, ging ich mit dem Hund vor die Tür – und plötzlich hatte ich lauter Ideen.

Zählen Sie bis eins

Eine noch einfachere, schnellere Möglichkeit für eine kurze Pause ist das Zählen bis eins. Sie können das jederzeit an Ihrem Arbeitstag machen, zum Beispiel morgens, bevor Sie ins Büro kommen oder vor einem Meeting. Auch wenn Ihnen das etwas albern vorkommen mag: Es hilft wirklich! Natürlich können Sie auch bis drei oder bis zehn zählen und sich so ein bisschen mehr Freiraum verschaffen. Aber selbst mit dem Zählen bis eins gewinnen Sie eine Mini-Pause, die gerade lang genug ist, um sich zu sammeln und kurz in sich hinein zu horchen, wie Sie sich fühlen.

Oder probieren Sie es einmal mit bestimmten „Auslösern“ zum Innehalten aus. Das können z. B. Orte oder bestimmte Situationen sein. Der Vorteil ist, dass Sie dann Ihre Pause nicht an bestimmte Handlungen wie das Betreten des Büros knüpfen müssen. Viele Menschen denken, dass sie zu wenig Zeit für eine Pause haben. Ich entgegnete dann, dass – egal wie beschäftigt sie sind oder welche Position sie innehaben – nicht ernsthaft behaupten können, dass sie keine Zeit haben, bis eins zu zählen.

Machen Sie Pausen zu einer Priorität

Ein Leben ohne Pause ist unproduktiv und beeinflusst unser körperliches und seelisches Befinden. Wenn Sie sich keine Zeit zum Nachdenken gönnen, wird Sie das Leben meiner Meinung nach früher oder später dazu zwingen. Und da Burnouts in unserem Arbeitsleben immer häufiger vorkommen – besonders, wenn Sie als „erfolgreich“ gelten –, ist eine Pause eine unauffällige, aber äußerst wirkungsvolle Methode, um in einen anderen Rhythmus zu kommen. Oft bedeutet das, einen Gang herunterzuschalten – aber nicht immer. Bei Pausen geht es vor allen darum, dass Sie frei über Ihre Zeit verfügen und sie flexibel gestalten können.

Was auch immer Sie also gerade in welchem Tempo machen, räumen Sie Ihren Pausen Priorität ein. Auf diese Weise erreichen Sie nicht nur mehr und Ihre Aufgaben werden Ihnen leichter von der Hand gehen – Sie bleiben so auch langfristig produktiver.