Staffel 3: Resilienz - Unternehmen nachhaltig aufbauen

Jon Khoo Head of Sustainability (Europa und Asien) bei Interface

Nachhaltigkeit beginnt mit Umdenken

Die Bewältigung der Klimakrise erfordert ein Umdenken in der Wirtschaft und besonders bei Führungskräften. Als Unternehmen müssen Sie die Notwendigkeit von Veränderungen nicht nur akzeptieren, sondern als wichtige Chance begreifen und für sich nutzen. Diese positive Einstellung ist für das Gelingen Ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen unverzichtbar.

Woher weiß ich das?

Aus Erfahrung. Denn Ray Anderson, der verstorbene Gründer von Interface, hat sich mit Offenheit und dem Willen zur Veränderung für eine grundlegende Nachhaltigkeit entschieden – weil er fest überzeugt war, dass wir vieles besser machen können. 

Als CO2-neutrales Unternehmen, das CO2-neutrale Bodenbeläge herstellt, zählt Interface heute bei der Nachhaltigkeit zu den führenden Unternehmen. Im Jahr 2020 wurden wir sogar mit einem Global Climate Action Award der Vereinten Nationen ausgezeichnet.  

Aber unser Unternehmen war nicht immer nachhaltig …

Ein ungewöhnlicher Vorreiter

Unsere Entwicklung zu einem nachhaltigen Unternehmen begann 1994 mit einer simplen Frage eines unserer Kunden: „Was tun Sie eigentlich für die Umwelt?“  

Ray Anderson hatte darauf keine richtige Antwort. Seit der Gründung von Interface im Jahr 1973 und dem Aufbau des Unternehmens zu einem der weltgrößten und erfolgreichsten Hersteller von Teppichböden war Umweltschutz für Ray Anderson kein Thema gewesen.  

Aber er war von Haus aus Ingenieur. Und wie es bei Ingenieuren nun einmal so ist: Sie wollen wissen, wie etwas funktioniert. Nicht umsonst heißt es „Dem Ingenieur ist nichts zu schwör“ – und Herausforderungen sind zum Lösen da. Am besten auf möglichst intelligente Weise. Außerdem war unser Firmengründer durch und durch Geschäftsmann, was bedeutete: Eine Lösung müsste auch gut fürs Geschäft sein und zum Unternehmenswachstum beitragen.

Herausforderungen annehmen und als Chance begreifen

Ray Anderson hatte das richtige Mindset, um den Kurs seines großen Unternehmens als Verursacher massiver CO2-Emissionen zu korrigieren. Aber bevor er sich an diese Aufgabe machte, war erst einmal eines gefragt: gut zuhören.  

Heute beklagen Klimaaktivisten wie Greta Thunberg oft das Versagen von Politik und Wirtschaft, weder die akute Bedrohung unserer Lebensgrundlage zu erkennen noch ihr Handeln an wissenschaftlichen Fakten auszurichten.  

Ray Anderson war bereit, der Wissenschaft und Kritikern ein offenes Ohr zu schenken und zuzuhören. In dem Buch Ecology of Commerce des Umweltschützers Paul Hawken stieß er auf vier Begriffe, von denen er damals noch nie gehört hatte: Tragfähigkeit, Überlastung, Kollaps und Aussterben. Diese Begriffe veranschaulichten die Gefahr für unseren Planeten: Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, CO2-Emissionen, Ressourcenknappheit und Umweltverschmutzung würden letztlich dazu führen, dass die Menschheit von Überlastung, Zusammenbruch und Aussterben bedroht ist.  

Die Crux, die dieses Buch offenbarte, war, dass die Wirtschaft einerseits der Hauptverursacher dieser Probleme war, andererseits gleichzeitig der größte Hoffnungsträger für deren Lösung.

Konstruktive Kritik ist wichtig – und ein guter Ratgeber

Ray Anderson machte sich daran, das erste Nachhaltigkeitsprojekt von Interface anzugehen: unsere Mission Zero. Das Ziel war, bis 2020 umweltneutral zu sein, also keinen negativen Einfluss mehr auf die Umwelt auszuüben. Aber um das zu erreichen, musste er sein Unternehmen noch stärker aus einer Außenperspektive betrachten.  

Also stellte er sein „Eco Dream Team“ zusammen, das diese konstruktive Kritik leisten sollte. Neben Wissenschaftlern wie Paul Hawken zog er auch die Biologin Dr. Janine Benyus hinzu, die für ihre Biomimicry-Forschung bekannt ist. Bei diesem Fachgebiet geht es um die Frage, wie wir von natürlichen Konzepten und Prozessen lernen und diese übernehmen können.  

Über Kontakte von Interface zu Architekten und zum Städtebau wandte er sich außerdem an Bill Browning, Experte für ökologische Infrastrukturen und Vordenker bei Nachhaltigkeitsfragen, Jonathon Porritt, Umweltschützer und Gründer des Forum for The Future, sowie die Physiker Amory und Hunter Lovins vom Rocky Mountain Institute. 

Mit der Nachhaltigkeit als Maßstab ermittelten sie gemeinsam den negativen Einfluss von Interface sowie Bereiche, in denen das Unternehmen zu positiven Entwicklungen beitragen könnte.

Wer eignet sich für konstruktive Kritik an Ihrem Unternehmen?

Wahrscheinlich stellen Sie sich auch in Ihrem Unternehmen die Frage, was Sie gegen den Klimawandel und für mehr Klimagerechtigkeit tun können. Wenn Sie ein Unternehmen leiten oder Führungskraft sind, müssen Sie ebenfalls darüber nachdenken, wie Sie vom Mitverursacher zu einem Teil der Lösung werden.  

Was das Thema konstruktive Kritik angeht, habe ich eine gute Nachricht für Sie: Heutzutage gibt es mehr Experten und hilfreiche Informationen als je zuvor. Forschungseinrichtungen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) wollen mit Unternehmen zusammenarbeiten. Heute gehören Verwaltungsräten sogar nicht geschäftsführende Mitglieder an, die sich auf Nachhaltigkeitsfragen spezialisiert haben.  

Wahrscheinlich werden Sie auch in Ihrer Belegschaft zahlreiche Mitarbeitende finden, die sich für den Umwelteinfluss ihrer Arbeit interessieren und womöglich sogar eigene Kontakte haben, von denen Ihr Unternehmen profitieren könnte.  

Darüber hinaus gibt es Investoren, die ökologisches Wachstum unterstützen wollen und Ihnen gern als Berater zur Seite stehen.

Stellen Sie ein gutes Team zusammen (und keine Angst vor Selbstkritik)

Ob Sie bereits einige Nachhaltigkeitsinitiativen umgesetzt haben oder gerade erst am Anfang stehen: Wichtig ist, offen für Kritik zu sein, auf die Wissenschaft zu hören und sich ambitionierte Ziele zu setzen. Und noch ein Tipp zum Schluss: Damit Sie bei der Nachhaltigkeit am Ball bleiben, brauchen Sie Berater, die Sie mit konstruktiver Kritik auf Verbesserungsbedarf hinweisen. Wenn Sie all das beherzigen, wird Ihre Firma schneller nachhaltiger und kann stärker zu positiven Entwicklungen beitragen – und wird vielleicht sogar zu einem regenerativen Unternehmen.