Datenbasiert entscheiden

Zum Weltfrauentag: 9 erfolgreiche Frauen und ein kritischer Blick auf die Chancengleichheit

Zum Weltfrauentag wollen wir an die Durchsetzung von Chancengleichheit im Arbeitsleben erinnern und bereits Erreichtes feiern. Wir gratulieren allen Frauen dieser Welt und wollen mit den Portraits 9 erfolgreicher Frauen dazu ermutigen, an ihren beruflichen Zielen festzuhalten. Dazu blicken wir auch kritisch auf den aktuellen Stand der Chancengleichheit.

Frau lacht

Am 8. Mai ist Weltfrauentag. Ein wichtiger Anlass, um an die Durchsetzung von Chancengleichheit im Arbeitsleben zu erinnern. Und eine ebenso gute Gelegenheit, um bereits Erreichtes zu feiern! Wir möchten allen Frauen dieser Welt gratulieren und sie mit den Portraits 9 erfolgreicher Frauen dazu ermutigen, an ihren beruflichen Zielen festzuhalten. Dazu blicken wir im Anschluss auch kritisch auf den aktuellen Stand der Chancengleichheit.  Was können Frauen tun, um den begonnen Wandel weg von traditioneller Denkweise mitzugestalten?

Die Reihe der Frauen, die beruflich fest im Sattel sitzen, reicht von der technikaffinen Unternehmensgründerin bis hin zur Top-Managerin, die nie ihr Familienleben aus den Augen verloren hat. Jede der folgenden Persönlichkeiten hat mit ihrem Engagement die Gleichstellung ein gutes Stück weitergebracht.

Für eigenständige Entscheidungen: Heidi Stopper

Frauen sollen selbst etwas verändern und nicht abwarten, bis die Männer das für sie übernehmen. Das Credo von Heidi Stopper ist eindeutig, sie selbst lebt seit vielen Jahren danach. Bevor sich Heidi Stopper als Coach, Beraterin und Buchautorin selbstständig machte, war sie im Management großer Unternehmen tätig. Darunter ProSiebenSat.1 Media AG, EADS Astrium Satellites, Dornier oder Airbus. Seit 2019 ist sie Honorarprofessorin für HR Management in Creative Industries an der Hochschule Macromedia. Heidi Stopper gehört zu den Frauen, für die Karriere und Familie kein Widerspruch gewesen sind. Die Zeit mit ihrer Familie sei ihr sehr wichtig – ihre Arbeit aber eben genauso. In einem Interview mit den Organisatoren der Karrieremesse herCAREER spricht sich Stopper übrigens dafür aus, dass sich Frauen noch intensiver vernetzen. „Denjenigen, die das heute noch nicht sind, empfehle ich dringend, einen Teil ihrer Energie in die Pflege ihres Netzwerkes zu stecken.“

Für Selbstverantwortung und Mut: Manuela Rousseau

Sie ist 1999 in den Aufsichtsrat des DAX-Konzerns Beiersdorf berufen worden – damit ist sie nicht nur die erste Frau, die jemals in diesem Gremium saß, sondern inzwischen auch sein dienstältestes Mitglied. Ihre Karriere erinnert an den guten, alten Rockefeller-Mythos, wobei sie nicht als Tellerwäscherin, sondern als Plattenverkäuferin begann. Ihre Teilhabe an einer Plattenladen-Kette endete jedoch in der Pleite. Eine Situation, die Rousseau in einem Interview mit dem Handelsblatt selbst als Schlüsselerlebnis beschreibt. „Die Phase des Scheiterns lehrte mich auch Selbstverantwortung für das, was ich tue oder lasse, zu übernehmen“, so Rousseau. Nach einem PR-Volontariat bei Teldec fing sie schließlich im Einkauf bei Beiersdorf an. Der entscheidende Wendepunkt ihrer Karriere war der Wechsel in die Kommunikation des Konzerns, wo sie bis zur stellvertretenden Konzernsprecherin aufstieg. Manuela Rousseau setzt sich persönlich für die Chancengleichheit und einen höheren Frauenanteil in den Führungsetagen ein: Sie unterstützt unter anderem die Initiativen Frauen in Aufsichtsräten und ist Mitglied von Zonta International.

Für unermüdlichen Wissensdrang: Elke Holst

„Die stille Reserve am Arbeitsmarkt“ – bereits in ihrer Doktorarbeit war das Erwerbsverhalten von Frauen ein Thema für die renommierte Wissenschaftlerin. Lange war sie Forschungsdirektorin Gender Studies am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Heute ist sie Research Director of Gender and Diversity Studies der DIW Econ. Im Laufe ihrer Forschungstätigkeit hat Elke Holst zahlreiche Untersuchungen zu Gender Economics-Themen wie „Frauen in Führungspositionen“ oder „Gender (Pay) Gaps auf dem Arbeitsmarkt“ durchgeführt. Mit ihrer Forschungsarbeit und Veröffentlichungen lieferte und publizierte sie wichtige Erkenntnisse zum tatsächlichen Status Quo in Fragen der beruflichen Chancengleichheit von Mann und Frau. Darunter das „Managerinnen-Barometer“, mit dem jedes Jahr der Frauenanteil in Spitzenpositionen bekannt gegeben wurde.

Für die Verbindung von Gegensätzen: Nicola Leibinger-Kammüller

Der Erfolg von Nicola Leibinger-Kammüller liegt sicherlich zu einem großen Teil in ihrer Fähigkeit, Gegensätze zu vereinen. Die Chefin des schwäbischen Maschinenbauers Trumpf versteht es, bewährte Traditionen mit modernen Management-Methoden zu verbinden. Als CEO ist sie unter anderem für die strategische Unternehmensentwicklung, die Unternehmens- und Markenkommunikation, das Immobilienmanagement sowie Nachhaltiges Wirtschaften verantwortlich. Auch im kulturellen Bereich weiß Leibinger-Kammüller Gegensätze aufzulösen: Sie kennt sich nicht nur mit Maschinen und Lasern aus, sie betreut zudem die große Kunstsammlung des Unternehmens. Dem Handelsblatt sagte die Top-Managerin dazu, dass sich die Künste aus ihrer Sicht wohltuend vom Tagesgeschäft abheben. Zudem habe alles miteinander zu tun – das Abstrakte und das Figurative ebenso wie spätmittelalterliche Kunst und die Gemälde des Barock.

Für begeistere Programmiererinnen: Anja Schumann

Sie ist Techie, Unternehmensgründerin und Managerin in Personalunion. Die studierte Wirtschaftsinformatikerin Anja Schumann hat das Non-Profit-Unternehmen moinworld auf den Weg gebracht. „Der Name moinworld ist eine Anspielung auf Hello World – das Wort, was jedes Programm als erstes spricht“, erklärt Schumann im hauseigenen Blog. Ihre Organisation setzt sie sich dafür ein, mehr Frauen und Mädchen für die Tech-Welt zu begeistern. Ziel ist es, Frauen im digitalen Bereich besser miteinander zu vernetzen. Programmierkurse für Anfängerinnen und die „Women Techmakers“ – ein brancheninternes Meeting (für Insider Meetup) zum Wissensaustausch und Networking – gehören zu ihren Initiativen. Ihr Schumanns langfristiges Ziel besteht darin, zu einer größeren Diversität und Chancengleichheit in der IT-Szene beizutragen.

Für Pioniergeist und Nachhaltigkeit: Barbara Scheitz

Heute ist davon nichts mehr zu spüren, aber Anfang des neuen Jahrtausends steckte die Bio-Branche in einer tiefen Krisen. Schwierige Bedingungen also, unter denen Barbara Scheitz 2003 von ihrem Vater die Leitung der Andechser Molkerei Scheitz übernahm. Mit einer Ausbildung in Milchtechnologie und einem BWL-Studium stellte sich die ambitionierte Biolandwirtin dieser Aufgabe. Heute, 20 Jahre später, ist die Andechser Molkerei europaweit ein feste Größe, wenn es um Biomilchprodukte geht. Barbara Scheitz wurde bereits mehrfach für ihr Engagement ausgezeichnet. Zum Beispiel mit der Bayrischen Staatsmedaille (2018) und dem Umwelt- und Nachhaltigkeitspreis B.A.U.M. (2019). Zum Thema Chancengleichheit hat Scheitz eine klare Haltung: „Die heute – oft noch mit überholten Argumenten – geführte Frauendiskussion wird meiner Meinung nach bald vorbei sein. Sie wird für die nächste Generation keine Rolle mehr spielen.“

Für Brücken im Journalismus: Alexandra Borchardt

Sie ist seit vielen Jahren journalistisch tätig und hat dabei zahlreiche Redaktionen von innen gesehen: Alexandra Borchardt arbeitete als Redakteurin bei der Deutschen Presseagentur (dpa), als Korrespondentin für die Financial Times Deutschland, in diversen Positionen bei der Süddeutschen Zeitung und schließlich als Redaktionsleiterin des Frauen-Wirtschaftsmagazins „Plan W“. Heute ist sie für das Reuters Institute for the Study of Journalism in Oxford tätig. Sie versteht sich als Brückenbauerin zwischen Wissenschaftlern und den Kollegen in den Redaktionen und Verlagshäusern. Im Gespräch mit dem Magazin großeltern.de formulierte sie für eine andere Idee von Gemeinschaft: „Die Arbeitswelt muss sich ändern. Firmen müssen ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Fürsorge für die Familie und andere Gemeinschaftsleistungen ermöglichen, indem sie statt einer Anwesenheitskultur eine Ergebniskultur pflegen.“

Für Entscheidungen im Schulterschluss: Christiane Haasis und Angela Nelissen

Zusammenarbeit stärkt doppelt: Christiane Haasis und Angela Nelissen sind ein hervorragendes Beispiel dafür, wie sich zwei Top-Managerinnen die Führung erfolgreich teilen. Als Doppelspitze haben sie das Amt der Vice President Refrechement für die DACH-Region von Unilever inne. Mit diesem Tandem-Modell sind Haasis und Nelissen bisher Exotinnen – laut Statistischem Bundesamt teilten sich Anfang 2019 weniger als vier Prozent der Arbeitnehmenden eine Stelle. Mit klassischen Vorurteilen wie dem Mythos, dass Entscheidungen nur alleine getroffen werden können, Jobsharing viel zu komplex ist oder Teilzeitarbeitende keine Karriereambitionen hätten, räumen Haasis und Nelissen rigoros auf. Als „Chan“ – der Verbindung beider Vornamen – bilden sie eine berufliche Einheit, die seit über zehn Jahren hervorragend funktioniert.

Erfolg liegt in der Umsetzung persönlicher Vorstellungen

Hinter diesen Profilen verbergen sich großartige Persönlichkeiten, die auf unterschiedlichste Weise ihren eigenen Prinzipien treu geblieben sind und ihre beruflichen Ziele nie aus den Augen verloren haben. An dieser Stelle geht ebenso ein Dank an all die unzähligen Frauen, die wir in diesem Artikel nicht nennen konnten, die uns mit ihren Visionen jedoch täglich inspirieren und als Vorbild dienen!

Gerade weibliche Rollenvorbilder sind wichtig, um Diversität und Chancengleichheit im beruflichen Umfeld weiter voranzutreiben. Doch der Weg dahin bleibt kurvenreich. Zwar holen Frauen laut WSI-Gleichstellungsreport weiter auf, von Einholen könne allerdings noch längst nicht die Rede sein. So ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen in den vergangenen 30 Jahren weiter gestiegen: Während sie damals noch bei rund 24 Prozentpunkten unter der Erwerbsbeteiligung der Männer lag, liegt sie heute nur noch knapp acht Prozentpunkte niedriger. Problematischer im Geschlechtervergleich sind die qualitativen Unterschiede bei der Erwerbstätigkeit. Frauen arbeiten wie gehabt deutlich häufiger in Teilzeit und in Minijobs, übernehmen einen merklich größeren Anteil an unbezahlter Sorgearbeit und verdienen nach wie vor pro Stunde knapp 21 Prozent weniger als Männer. Zumindest stieg mit Einführung des rechtlich verbindlichen Anteils von weiblichen Führungskräften der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten der 160 größten börsennotierten Unternehmen auf gut 30 Prozent.

Chancengleichheit und Führungspositionen – Frauen traut euch!

Übrigens: in unserem Special „Unternehmensnachfolge“ haben wir uns auch mit dem Thema Frauen als Chefin und Unternehmensnachfolgerinnen beschäftigt. Unser Gastautor Norbert Dietrich meint, Frauen müssen in die Offensive gehen, damit sich im Sinne der Chancengleichheit veraltete Denkweisen und Tradition auflösen. Und auch in unserem aktuellen Podtalk sprechen wir darüber, wie Frauen sich mit Durchsetzungskraft in klassischen Männerberufen behaupten können. Hören Sie doch mal rein!

Gleichberechtigung heißt, die Wahl zu haben

Natürlich gibt es für beruflichen Erfolg keine allgemeingültige Definition. Was für die eine der Traumjob ist, ist für die andere ein völliges No-Go. Schließlich bedeutet Gleichberechtigung auch, sich gegen eine Karriere und für einen erfülltes Privat- oder Familienleben entscheiden zu können. Wichtig ist nur, dass Frauen wie Männer die Wahl haben – und nicht den Erwartungen anderer entsprechen, sondern ausschließlich ihre Vorstellungen von einem erfüllten Leben zum Maßstab nehmen.