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Mehrwert Mitarbeiter: Stakeholder bei der Unternehmensnachfolge (Teil 1)

Mitarbeiter

Wenn Unternehmer ihren Betrieb übergeben, sind zahlreiche Stakeholder betroffen. Sei es innerhalb der Familie, an eigene Führungskräfte, durch ein Management-Buy-Out oder den Verkauf an Fremde. Da sind einerseits Kreditinstitute, Lieferanten und Kunden, andererseits der alte und der neue Eigentümer, das Management und die Belegschaft. Alle wollen sich im Übergabeprozess wiederfinden und haben ihre ganz eigenen Vorstellungen, Interessen und Erwartungen. Diese müssen berücksichtigt werden, damit der Übergabeprozess ein Erfolg werden kann. Oder wie Markus Neuner von der IHK München und Oberbayern richtig feststellt:

„Eine Unternehmensnachfolge ist meistens eine von vielen Emotionen begleitete einmalige Lebensentscheidung eines Unternehmers. Die richtige Kommunikation mit allen Beteiligten ist dabei ein wesentlicher Erfolgsfaktor dieses herausfordernden Prozesses.“

Mitarbeiter im Übergabeprozess

Schauen wir uns eine der zentralen Stakeholdergruppen an: die Mitarbeiter eines Unternehmens. Sie sind in Zeiten des demographischen Wandels und Fachkräftemangels zu einer immer wichtigeren, ja entscheidenden Ressource im Unternehmen geworden. Unternehmerischer Erfolg hängt heute und in Zukunft ganz maßgeblich von motivierten Mitarbeitern und Führungskräften und ihrem Know-how ab, an denen jeder neue Eigentümer ein natürliches Interesse haben sollte.

Größtes Asset eines Unternehmens: Mitarbeiter und ihr Know-how

Die Belegschaft hat deshalb für die Attraktivität eines zu verkaufenden Unternehmens in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Regelmäßig wird versucht, ein Garantieversprechen des Verkäufers bezüglich des Verbleibs von Schlüsselmitarbeitern in den Unternehmenskaufvertrag aufzunehmen. Schließlich möchte jeder Übernehmer eines Betriebs, dass qualifizierte Mitarbeiter den ungestörten Fortgang des operativen Geschäftes sicherstellen können. Diese gilt es deshalb im Übernahmeprozess zu informieren und besonders zu motivieren, um Verunsicherung, Abwehrhaltungen oder gar Abwanderungen zu verhindern.

Als Chef ein Auge und Ohr für Anliegen der Mitarbeiter haben

Denn natürlich löst eine Unternehmensnachfolge, ob innerfamiliär oder durch Verkauf, Unsicherheiten bei den Mitarbeitern aus. Das ist völlig verständlich – schließlich hängen am Erfolg ihre Arbeitsplätze und damit ihre Existenz. Bekommt das Unternehmen vielleicht Schwierigkeiten unter neuer Führung? Wie geht es nach dem Verkauf weiter? Gibt es Umstrukturierungen? Verliere ich eventuell meinen Arbeitsplatz? Solche Fragen tauchen nach der Information über eine geplante Betriebsübergabe häufig auf und sind nicht außergewöhnlich.

Mitarbeiter rechtzeitig und umfassend informieren

Hier kommt es auf das kommunikative Geschick des alten und des neuen Eigentümers an, die Mitarbeiter rechtzeitig und umfassend zu informieren und damit jegliche Spekulationen und Gerüchte möglichst zu verhindern. Der Nachfolger sollte die Belegschaft auch in angemessenem Umfang an seinen Plänen für die weitere Entwicklung des Unternehmens teilhaben lassen. Dadurch lässt sich zusätzliches Vertrauen aufbauen.

Unabhängig von den Eigeninteressen von Eigentümer und Nachfolger sind diese gesetzlich verpflichtet, die Mitarbeiter bei einer Firmenübergabe/Firmenübernahme zu informieren. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind die Unterrichtungspflicht von altem und neuem Firmeninhaber im § 613a V geregelt. Beide haben „die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über: 1. den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs, 2. den Grund für den Übergang, 3. die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und 4. die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.“

Das richtige Timing der Information der Belegschaft über den Unternehmensnachfolger ist sehr wichtig, allerdings ist der Zeitpunkt in jedem Nachfolgeprozess individuell. Klarerweise möchte der unternehmensfremde Übernehmer die Mitarbeiter gern eher früher als später kennenlernen, denn er investiert meist erhebliche Summen und will natürlich seine Risiken möglichst minimieren. Das Verhältnis zur Belegschaft, einem eingespielten Team und in Familienunternehmen häufig fixiert auf den Alteigentümer, kann ein solches Risiko bedeuten. Und auch der Übergeber möchte seine Mitarbeiter, die er seit vielen Jahren kennt und für die er sich verantwortlich fühlt, möglichst frühzeitig informieren.

Ein Kommunikationsplan hilft

Hier ist es empfehlenswert, professionelle Berater einzubeziehen, die gemeinsam mit Käufer und Verkäufer einen Kommunikationsplan für die Unternehmenstransaktion erstellen, der einen Zeitplan und eine Rollenverteilung vorsieht. Mitarbeiter sollten immer persönlich informiert werden, statt mit einer Mail oder einem Aushang.  Es hat sich bewährt, wenn Verkäufer, Käufer und Berater stattdessen den Mitarbeitern persönlich auf ihre Fragen antworten. Das kann am Tag der Vertragsunterzeichnung oder am Folgetag geschehen.

Mitarbeiter nach der Unternehmensübergabe

Trotz aller Information und Motivation im Übergangsprozess müssen sich die Mitarbeiter eines Unternehmens aktiv für den neuen Eigentümer entscheiden, denn Menschen können nicht einfach mit einem Unternehmen verkauft werden. Zwar gehen die bestehenden Arbeitsverträge gemäß § 613a I BGB automatisch auf den neuen Inhaber oder das neue Unternehmen über, doch Mitarbeiter haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebsinhaber innerhalb eines Monats schriftlich zu widersprechen.

Derjenige bleibt dann beim alten Arbeitgeber, verliert aber auf diese Weise seinen Arbeitsplatz.

Der Eigentümerwechsel sollte vom neuen Eigentümer zu intensiven Gesprächen mit Mitarbeitergruppen oder einzelnen Mitarbeitern genutzt werden. Dabei kann der „Neue“ nicht nur „seine neuen“ Mitarbeiter und deren Vorstellungen für die Zukunft kennenlernen. Er kann auch von ihren Erfahrungen partizipieren.

Ganz sicher hat ein neuer Eigentümer eigene Vorstellungen von Führungskultur und Organisationsstrukturen für sein neues Unternehmen. Dennoch ist er gut beraten, seinen Mitarbeitern, die vielfach jahre- bis jahrzehntelange Erfahrungen im Betrieb besitzen, gut zuzuhören und Veränderungen behutsam und langsam anzugehen. Radikale und überstürzte Neuerungen sind ein Signal an die Belegschaft, dass das, was sie bisher gemacht haben, nicht gut genug war. Das führt schnell zu Demotivation und Widerstand.

Wichtig ist es, die Mitarbeiter auch nach dem Eigentümerwechsel regelmäßig zu informieren, damit diese die Entscheidungen der neuen Geschäftsführung verstehen und nachvollziehen können. Die beste Motivation sind Lob und Anerkennung und das Vertrauen, das der neue Eigentümer den Mitarbeitern bekundet. Dies kann er zeigen, indem er Aufgaben an sie delegiert und ihnen Freiräume für kreatives Denken und Arbeiten bietet, anstatt jeden ihrer Schritte zu kontrollieren. So entstehen vertrauensvolle Formen der Zusammenarbeit zum Wohle des Unternehmens und aller Beteiligter.

Übrigens: Eine Übersicht über die Anspruchsgruppen (Stakeholder), die Sie bei einer Unternehmensnachfolge unbedingt im Blick haben sollten, finden Sie hier in einer Infografik.