Die Kunden im Fokus: Stakeholder bei der Unternehmensnachfolge (Teil 2)
Zum Rückgrat eines jeden Unternehmens gehören seine Kunden. Sie sind es, die Produkte und Dienstleistungen kaufen, mieten oder leasen und damit Existenz und Fortbestehen des Unternehmens ermöglichen. Der Kunde ist für jeden Unternehmer die „wichtigste Person“ und „bedeutet keine Unterbrechung unserer Arbeit, sondern ist ihr Inhalt“, wie eines der meistzitierten Marketing-Sätze des Autors Hans Heinrich Path lautet. Als Nachfolger eines Unternehmens sollte man sich dessen bewusst sein. Die Beziehung zu den Kunden gehört daher in den Fokus.
Bevor ich auf den Kunden weiter eingehe, zeigt Ihnen unsere Infografik, welche Anspruchsgruppen (Stakeholder) Sie bei einer Unternehmensnachfolge unbedingt im Blick haben sollten:
Weiterempfehlungsbereitschaft des Kunden als Erfolgsfaktor
Kunden sind deshalb eine der wichtigsten Stakeholdergruppen eines Unternehmens. Der Umgang mit ihnen ist schon heute ein zentraler Differenzierungsfaktor im Wettbewerb. Manche meinen sogar, dass Kundenerfahrung und Kundenbindung in der Bedeutung noch vor Preis und Produkt stehen. Auch Empfehlungen durch Kunden spielen eine immer größere Rolle und sind inzwischen in vielen Unternehmen für wesentliche Teile des Umsatzes verantwortlich.
Als Nachfolger erwerben Sie mit einem Unternehmen den Kundenstamm quasi mit – ein gewichtiges Argument für den Kauf eines bestehenden Betriebs gegenüber einer Neugründung. Schließlich kann ein solches Unternehmen meist nahtlos weitergeführt werden. Denn es ist im Markt positioniert und bei den Kunden bekannt. Besonders im B2B-Bereich bestehen oft langjährige und oft persönliche Beziehungen.
Kunden halten im Übergabeprozess
Ein bestehender Kundenstamm ist also grundsätzlich etwas Positives. Dennoch ist seine Übernahme im Prozess einer Betriebsübergabe kein Selbstläufer, sondern erfordert Engagement und Aufmerksamkeit, sowohl vom Alteigentümer als auch von Ihnen als Nachfolger.
Kluge Aufgabenverteilung für Altunternehmer und Nachfolger
Zu den Aufgaben des Übergebers zählt einerseits, seine Hauptkunden über den anstehenden Führungswechsel im Unternehmen zu informieren. Andererseits muss er sie davon überzeugen, dass er das Unternehmen in die richtigen Hände legt und einer weiteren vertrauensvollen Geschäftsbeziehung nichts im Wege steht. Gleichzeitig gilt es, die datenschutzrechtlichen Aspekte der Kundendaten und deren Weitergabe an den Nachfolger beachten: der Umgang mit diesen Daten muss in jedem Abschnitt des Unternehmensverkaufs rechtskonform ungesetzt werden.
Kennen Sie Ihre Kunden!
Als Nachfolger ist es sehr wichtig, alle im Unternehmen vorhandenen Kundendaten genau zu analysieren. Sie sollten wissen, wie viele Kunden das Unternehmen hat, wie hoch die Umsätze mit den einzelnen Kunden sind, aus welchen Branchen sie kommen und wie viele und welche Stammkunden es gibt. Wie ist die Zahlungsmoral und welche Zahlungsmodalitäten sind mit einzelnen Kundengruppen vereinbart? Gibt es Informationen darüber, wie zufrieden die Kunden mit Angebot und Service sind? Genauso wichtig ist es zu erfahren, welche Mitarbeiter besondere Beziehungen zu speziellen Kunden pflegen, ob sie deren Vorlieben und Abneigungen kennen und bei Bedarf die richtigen Informationskanäle nutzen können.
Persönliche Beziehung zu Kunden aufbauen
Gibt es Abhängigkeiten von einzelnen Kunden und bestehen persönliche Beziehungen zwischen dem Altinhaber und bestimmten Kunden? Letzteres könnte dazu führen, dass diese sich dem Alteigentümer gegenüber besonders verpflichtet fühlen und die Kundenbeziehung zum Unternehmen während der Übergabe beenden. Hier bedarf es besonderer Aufmerksamkeit und am besten eines persönlichen Gesprächs, in dem der Voreigentümer Sie als seinen Nachfolger vorstellt. Somit werben Sie beide um Vertrauen und die Fortführung der Kundenbeziehung.
Solche Gespräche sind bei wichtigen und umsatzstarken Kunden generell zu empfehlen. Denn diese können nicht wissen, ob der Nachfolger ebenso zuverlässig, gut und preiswert ist wie der Vorgänger. Zudem stehen im Mittelstand bei Kundenbeziehung und Kundenbindung häufig persönliche Aspekte im Vordergrund.
In diesen Gesprächsrunden sollte der Übergeber nur einleiten und hauptsächlich Sie das Gespräch mit dem Kunden führen. Ein kurzes Briefing durch den Alteigentümer hilft, beim Kunden die richtigen Gesprächsthemen und den richtigen Umgangston zu finden. Wichtig ist, dass Sie sich und Ihre Ideen vorstellen können, ohne dass der Übergeber das Gespräch dominiert.
Kunden rechtzeitig und umfassend informieren
Eine Unternehmensnachfolge, ob innerhalb der Familie oder durch Verkauf, ist für die Kunden des Unternehmens wie für alle anderen Stakeholdergruppen eine Veränderung, die viele Fragen aufwirft und entsprechende Antworten und Maßnahmen erfordert.
Alle Kunden, besonders die umsatzstärkste Gruppe der A-Kunden, müssen rechtzeitig über eine Unternehmensnachfolge informiert werden. Das vermeidet Gerüchte und Verunsicherungen. Erstere sollten Sie gemeinsam mit dem Alteigentümer persönlich informieren, alle anderen dagegen schriftlich.
Schriftliche Kundenkommunikation – gewusst wie
Im entsprechenden Mailing sind klare Worte und eine direkte Kommunikation gefordert. Statt einem unrealistischen „Alles bleibt erhalten wie bisher!“ sollte der Fokus auf den Erhalt des Guten und der gewachsenen Kundenbeziehung, sowie auf die Weiterentwicklung des Unternehmens gelegt werden. Als Nachfolger stellen Sie sich sowohl persönlich als auch mit Hinblick auf Ihre zukünftige Geschäftsstrategie vor. Gleichzeitig werben Sie damit um Vertrauen.
Die Kunden müssen in diesem Mailing vor allem erfahren, in welchem Zeitrahmen Sie das Unternehmen übernehmen werden und wie lange der Alteigentümer noch beratend und für Rückfragen zur Verfügung steht. Besonders wichtig ist es für sie zu wissen, wer während der Übergabephase im Unternehmen ihr Ansprechpartner ist und Entscheidungen treffen kann.
Das funktioniert allerdings nur, wenn die Aufgabenaufteilung im Unternehmen ebenfalls klar geregelt ist und von den Beteiligten respektiert und umgesetzt wird. Eine große Herausforderung besonders für den Alteigentümer, sofern er noch eine Zeitlang gemeinsam mit Ihnen den Betrieb führt.
Kundeninteressen halten
Kunden haben abhängig von der Branche und von Dauer und Intensität der Beziehung zum Unternehmen ganz unterschiedliche Interessen. Was sie vereint, ist der Wunsch nach Stabilität und Kontinuität. Besonders langjährige Kunden fragen sich, ob das Team, die Menschen, mit denen sie seit Jahren zu tun haben, erhalten bleibt. Dazu kommen Fragen nach der Qualität, der Liefertreue und der Preisstruktur und ob auch hier Kontinuität zu erwarten ist. Die Antworten, die Kunden darauf bekommen, bestimmt, ob sie Kunden bleiben oder abwandern.
Beziehung zu Stammkundschaft pflegen
Wie wichtig es ist, die richtigen Antworten und Maßnahmen zu finden, zeigt die Tatsache, dass eine Neukundengewinnung um ein Mehrfaches teurer ist, als Stammkunden zu halten. Zudem sind mit letzteren die besseren Geschäfte zu machen, wenn man Dominik Ley, Initiator und Betreiber der Plattform Gründer Welt, Glauben schenken darf. Nach dessen Erfahrungen in Unternehmen ist „mit einer Erhöhung der Stammkunden um 5% eine Gewinnsteigerung zwischen 25 und 85% möglich“.
Als Nachfolger sollten Sie Kunden regelmäßig die Fortschritte des Unternehmens im Übergabeprozess mitteilen – gemeinsam mit dem Alteigentümer. Springt dennoch ein größerer Kunde ab, brauchen Sie dies nicht einfach hinnehmen. Greifen Sie in Absprache und mit Unterstützung Ihres Vorgängers zum Telefon und fragen nach! Damit bekunden Sie Ihr Interesse am Kunden und können diesen im besten Fall zurückgewinnen. Im schlimmsten Fall bekommen Sie eine Absage, immerhin haben Sie dadurch aber erfahren, warum der Kunde ein anderes Angebot angenommen hat und können im Unternehmen entsprechend gegensteuern.
Weitere wichtige Stakeholder
Neben den Kunden existiert eine Reihe wichtiger Stakeholder, mit denen Sie als Nachfolger interagieren werden. Lesen Sie hier, warum der Belegschaft eines Unternehmens dabei eine Schlüsselrolle zukommt.