Digitale Transformation

Interview: Unternehmensnachfolge als Quereinsteigerin – Neue Wege statt alter Konzepte

© Maria Obermeier

© Maria Obermeier

Als Maria Obermeier im Jahr 2012 ihr Studium in Regensburg beginnen wollte, kam es zu einem tragischen Arbeitsunfall, bei dem ihr Vater verstarb. Statt das Studium anzutreten, übernahm sie den Baumaschinenverleih ihres Vaters und war plötzlich Unternehmerin: „Es war mir eine Herzensangelegenheit, die Firma, die mein Papa über Jahre hinweg aufgebaut hat, weiterzuführen.“

Im ersten Schritt ging es darum, einen Überblick über das Unternehmen zu gewinnen. Maria Obermeier kannte weder die Abläufe noch die Kunden und war auch mit dem Maschinenpark der Firma nicht vertraut. Wichtige Themen wie Unternehmensmanagement und Mitarbeiterführung lernte sie kurzerhand in externen Fortbildungen und Schulungen.

Nichts ist mehr so, wie es vorher war

Anstatt den vermeintlich einfachen Weg zu gehen und alle Abläufe so zu belassen, wie sie waren, entschied sich die junge Unternehmerin für einen kompletten Neuanfang: „Grundsätzlich ist gar nichts mehr so, wie es vorher mal war. Es gibt heute keinen Mitarbeiter mehr, der bereits für meinen Vater gearbeitet hat. Ich habe eine komplett neue Truppe.“ Auch die Firmengebäude wurden – ganz nach dem Geschmack von Maria Obermeier – generalüberholt: „Früher war alles im Werkstatt-Style mit braunen Fliesen. Da ich aber wusste, dass ich viel Zeit in der Firma verbringen würde, wollte ich eine Umgebung schaffen, in der ich und mein Team uns wohl fühlen.“

Mehr Effizienz durch Digitalisierung

Im Bereich der Online-Vermietungen leistete Maria Obermeier Pionierarbeit. Gemeinsam mit einem externen Dienstleister entwickelte sie eine webbasierte Lösung, mit der die Maschinen direkt über die Website gemietet werden können. Solch ein System gab es für den Baumaschinenverleih in Deutschland bislang nicht. Früher konnten die Werkzeuge ausschließlich während der Öffnungszeiten zurückgegeben werden. Heute ist dies rund um die Uhr möglich, ohne dass ein Mitarbeiter dabei sein muss. Digitalisiert wurde auch im Bereich der Bedienungsanleitungen: „Damals mussten wir mehrmals am Tag die gleiche Maschine erklären. Deshalb haben wir kurze Videos gedreht, die unseren Kunden den Umgang mit der Maschine erklären, die wichtigsten Sicherheitsaspekte zeigen.“

Die Modernisierung des Unternehmens machte auch beim Maschinenpark nicht halt. Es wurden GPS-Sender verbaut, die die Leihmaschinen tracken: „Wir können unsere Maschinen nicht nur orten, sondern wir können auch feststellen, ob die Maschine korrekt arbeitet oder ob es zum Beispiel einen Ausfall gibt. Das Tracking erlaubt uns, eventuelle Fehler zu finden und gegebenenfalls darauf zu reagieren. Das ist natürlich ein Service, den unsere Kunden zu schätzen wissen.“

Aus Fehlern lernen

Nach nunmehr neun Jahren ist Maria Obermeier Profi im Bereich der Baumaschinen. Auf die Frage, was sie im Nachhinein anders machen würde, antwortet sie: „Ich habe meine Entscheidung keinen Tag bereut. Natürlich gibt es Dinge, die ich falsch gemacht habe, aber aus diesen Fehlern habe ich gelernt.“ Die Tatsache, dass sie bei der Übernahme des Unternehmens noch sehr jung war, sieht sie dabei als klaren Vorteil: „Ich bin damals mit einer gewissen Leichtigkeit an das Thema rangegangen. Heute würde ich mir wahrscheinlich viel mehr Gedanken machen, hätte vielleicht sogar Bedenken.“

Unternehmerische Freiheit als Schlüssel zum Erfolg

Für zukünftige Nachfolger hat die Unternehmerin einen wichtigen Ratschlag: „Für mich war es ein Vorteil, dass ich mich gleich nach der Übernahme frei entfalten konnte. Dadurch, dass ich gleich die ganze Verantwortung tragen musste und keine Vorgaben hatte, habe ich die Sache von Anfang an sehr ernst genommen. Ich wusste, dass keiner im Hintergrund ist, der mich auffängt. Wenn man eine Firma übergibt, dann ist Loslassen sehr wichtig.“

Mut macht sie auch Quereinsteigern: „Es ist eigentlich nicht so wichtig, was man bisher gemacht hat oder was man für Abschlüsse hat oder was man bisher schon geleistet hat – wenn man etwas möchte und bereit ist zu lernen, kommt der Rest meist von allein.“

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