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Wann Sie mit der Unternehmensübergabe beginnen sollten

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Ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen, am Markt zu etablieren und über viele Jahrzehnte zu entwickeln ist die wohl größte Herausforderung im Leben eines Unternehmers. Unterschätzt wird jedoch immer wieder, dass die Unternehmensübergabe an einen Nachfolger eine nicht minder große Herausforderung darstellt. Egal, ob innerhalb der Familie oder an einen Käufer von außen. Und zwar sowohl eine unternehmerische als auch persönliche Herausforderung. Denn gerade bei eigentümergeführten Unternehmen spielt die emotionale Komponente eine wichtige Rolle. Dies hat schon so manche Übergabe erschwert, wenn nicht gar verhindert.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, über die Unternehmensübergabe nachzudenken?

Laut den Zahlen des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn steht in Deutschland im Zeitraum von 2018 bis 2022 bei 150.000 Familienunternehmen die Nachfolge an. Das sind immerhin knapp zehn Prozent der insgesamt 3,38 Millionen Familienunternehmen. Nicht unwichtig zu wissen: Fast 94 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind im Familienbesitz. Das Thema steht also in fast allen Unternehmen irgendwann einmal auf der Tagesordnung. Betroffen von den Übergaben sind bis 2022 rund 2,4 Millionen Beschäftigte. Das Institut schätzt, dass

„gut die Hälfte der vor der Nachfolgefrage stehenden Familienunternehmen ihr Unternehmen innerhalb der Familie weitergibt. Etwa 18% der Familienunternehmen werden von Mitarbeitern übernommen und die restlichen 29% werden an Externe verkauft.“

Wann nun sollten Sie als Unternehmer über eine Übergabe Ihres Unternehmens nachdenken? Wie lange dauern diese Prozesse und wie lassen sie sich planen? Was ist bei der Vorbereitung und Durchführung zu beachten?  Wen sollten Unternehmer unbedingt einbeziehen und wo können sie sich Hilfe holen? Viele Fragen, auf die wir Ihnen im Folgenden erste Antworten geben wollen. Das Thema Unternehmensübergabe ist allerdings so vielseitig und komplex, dass hier wirklich nur ein erster Überblick und Einstieg ins Thema möglich ist.

Warum sollten Unternehmer frühzeitig über das Thema Unternehmensübergabe nachdenken?

Führen Sie ein Unternehmen und haben Sie schon einmal über das Thema Nachfolge nachgedacht? Wenn das zeitlich für Sie noch in weiter Ferne liegt, haben Sie es wohl eher noch nicht getan. Wenn Sie allerdings die Fünfzig überschritten haben sollten, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht groß. Gerade bei Unternehmern in der Altersgruppe 50 Plus ist die Frage oft dringlich.  Meistens verhindert das Tagesgeschäft eine intensivere Beschäftigung damit. Dazu kommt, dass viele lieber nicht daran denken wollen, dass ihr Arbeitsleben irgendwann einmal enden wird.

Was kommt danach?

Furcht vor Bedeutungsverlust und die Sorge, die anderen schaffen es vielleicht nicht, könnten das Lebenswerk sogar zerstören. All das kann lähmen und dazu führen, dass Entscheidungen immer wieder hinausgezögert werden. Erschwert werden Entscheidungen zusätzlich oft dadurch, dass sich viele Unternehmer noch keine Vorstellungen über ein Leben danach gemacht haben. Sie haben selten konkrete Vorstellungen über mögliche Tätigkeiten in der dritten Lebenshälfte. So fehlt ihnen natürlich auch der Anreiz, einen Nachfolger zu suchen.

Was passiert, wenn…?

Die Unternehmensübergabe aus Altersgründen ist zwar die wichtigste Variante einer Übergabe, doch können ebenfalls andere Ereignisse eine solche erfordern. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was passiert, wenn Sie selbst als geschäftsführender Eigentümer oder Gesellschafter plötzlich ausfallen? Längerfristig durch Krankheit oder einen Unfall? Gibt es dazu in Ihrem Unternehmen einen Plan, wer in einem solchen Fall Ihre Aufgaben vorübergehend oder über einen längeren Zeitraum übernehmen kann?

„Die Hälfte der Unternehmer bereitet sich nicht rechtzeitig und professionell auf die Nachfolge vor beziehungsweise auf das was passieren könnte, wenn der Inhaber als Geschäftsführer ausfällt“

so Silke Reuß-Hennschen, Spezialistin für Unternehmensübergabe und -nachfolge bei der HypoVereinsbank.

Professionell gestaltete Übergaben erfordern Zeit

Solche Verzögerungen bringen nicht nur den betroffenen Unternehmern Probleme, sondern auch der Familie, den Mitarbeitern und dem Unternehmen insgesamt. Professionell gestaltete Übergaben erfordern Zeit und diese Zeit fehlt, je später begonnen wird. Zeit sich zu informieren, zu planen, Alternativen zu prüfen und schließlich die richtigen Entscheidungen zu treffen. Genügend Zeit muss ebenfalls für Korrekturen vorhanden sein, die im Prozess der Übergabe notwendig werden können.

Deshalb sollten sich Unternehmer frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzen und grundsätzlich für sich entscheiden, welchen Übertragungsweg sie bevorzugen und was sie überhaupt nicht möchten. Gibt es also einen Nachfolger in der Familie? Wenn nicht, dann findet sich vielleicht bei den eigenen Führungskräften ein Interessent? Oder muss ein externer Käufer gesucht werden?

Bedacht werden sollte, woher man sich welche Spezialisten zur Unterstützung holen und wann der Übergabeprozess starten soll. Ein wichtiges Thema ist das Finden des Verkaufspreises und die Festlegung, ob er als einmalige Summe, über einen bestimmten Zeitraum oder gar als Rente gezahlt werden soll. Unerlässlich ist es schließlich, sich Gedanken über die Bedeutung des eigenen Rückzugs für das Unternehmen, für die Familie, aber auch für sich selbst zu machen.

Loslassen als unternehmerisches Projekt

Die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Übergabe des eigenen Unternehmens ist eine klare Entscheidung der Unternehmerin oder des Unternehmers, die Nachfolgeregelung aktiv und professionell anzugehen. Es ist ein Projekt, das Sie mit Ihrer gewohnten unternehmerischen Klarheit und Weitsicht planen und umsetzen sollten. Nur dass es diesmal nicht um neue Produkte, Kunden oder Märkte geht, sondern ums „Loslassen“.

  1. Einbeziehen der Familie:
    Fast genauso wichtig ist die frühzeitige Einbeziehung der Familie, die einig sein muss über den Weg der Übergabe. Rechtzeitig sollten erbrechtliche Ansprüche geklärt und Frontenbildungen verhindert werden.  Manchmal empfiehlt sich die Hinzuziehung eines externen Moderators, denn familiäre Auseinandersetzungen und Entscheidungen sind oft emotional geprägt und der beste Weg für das Unternehmen kann manchmal aus dem Blick geraten.
  2. Einbeziehen der Mitarbeiter:
    Frühzeitig sind  auch die Mitarbeiter zu informieren und einzubeziehen, denn sie sind ein wichtiges Kapital und können durch eine ablehnende Haltung gegenüber dem Nachfolger oder gar durch Weggang eine Unternehmensübergabe deutlich gefährden. Außerdem gibt es klare gesetzliche Vorgaben für die Mitarbeiterbeteiligung in solchen Prozessen.
  3. Einbeziehen des Unternehmensumfeldes:
    Ebenso wie die Mitarbeiter sind Kunden, Geschäftspartner und die Hausbank Garanten des Erfolgs eines Unternehmens und deshalb ebenfalls von Anfang an einzubeziehen. Familienbetriebe pflegen zu ihnen häufig ein enges Verhältnis, das von gegenseitigem Vertrauen in Bezug auf Qualität und Zuverlässigkeit sowie auf die Art des Umgangs miteinander geprägt ist. Dieses Vertrauen gilt es durch Offenheit in der Kommunikation zu erhalten und auf den Nachfolger zu übertragen.

Eine Unternehmensübergabe lässt sich nicht in ein paar Monaten über die Bühne bringen, sondern dauert oft mehrere Jahre. Experten rechnen abhängig von Unternehmensgröße und Komplexität der Prozesse mit mindestens fünf Jahren. In dieser Zeit stehen zahlreiche Aufgaben für Sie als Unternehmer an, an deren Ende die erfolgreiche Übergabe steht.

Die wichtigsten Schritte einer Unternehmensübergabe. Ein kurzer Überblick:

Wenn die Entscheidung zur Unternehmensübergabe gefallen ist und Sie die Unterstützung Ihrer Familie haben, sollten Sie mit der Familie zusammen die Ziele formulieren, die Sie alle gemeinsam mit der Übergabe des Unternehmens erreichen wollen.

Nächster Schritt ist eine möglichst konkrete Planung des Ablaufs mit allen einzelnen Schritten.  Sie sollte stets schriftlich und mit Zeitvorgaben erfolgen und alle wichtigen Themenkomplexe einer Unternehmensübergabe umfassen.

Das sind vor allem die Vorbereitung des Unternehmens auf die Übergabe:

  • die Suche nach einem Nachfolger
  • die Abklärung aller rechtlichen und steuerlichen Komponenten
  • die Regelung der Erbansprüche und ihrer eigenen Altersversorgung
  • die Sicherung des Familienvermögens und
  • die Aushandlung der Übergabe- und Zahlungsmodalitäten.

Schließlich die Übergabe selbst, die sehr unterschiedlich gestaltet werden kann, von einer gemeinsamen Zeit von Unternehmer und Nachfolger zur besseren Einarbeitung des letzteren, über eine längerfristige Mitwirkung des Unternehmers als Berater bis hin zu dessen endgültigen Ausstieg am Tag der Übergabe.

Unterstützung bei allen diesen Schritten finden Sie natürlich bei Ihrem Anwalt, Ihrem Steuerberater und Ihrer Hausbank. Letztere hat meist Spezialisten für Unternehmensübergaben, deren Hilfe Sie in Anspruch nehmen sollten, denn viele Abläufe und Regelungen sind äußerst komplex. Auch Ihr Branchen-Fachverband, der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater, das RKW Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft sowie die entsprechenden Kammern helfen bei der Suche nach den richtigen Spezialisten.