[Gastbeitrag] Bürokratie im Handwerk: Ein Status Quo
Bürokratie im Handwerk ist ein zweischneidiges Schwert. Ulrich Marx macht eine Bestandsaufnahme. Quelle: Sage [Gastbeitrag von Ulrich Marx] Leser auf handwerk.com haben kürzlich zum Thema Bürokratie abgestimmt: Am meisten stört die Menge an Vorschriften, (74 Prozent), gefolgt von ständigen Änderungen und Neuerungen (15 Prozent), aber auch das Amtsdeutsch ist für zumindest 11 Prozent ein Problem. […]
Bürokratie im Handwerk ist ein zweischneidiges Schwert. Ulrich Marx macht eine Bestandsaufnahme. Quelle: Sage
Auftraggeberhaftung sorgt für große Unsicherheit
Ulrich Marx Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) Quelle: ZVDH
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Bürokratie und Arbeitssicherheit – zwei Seiten einer Medaille
Andererseits kann ein Mehr an Bürokratie manchmal auch sinnvoll sein, nämlich dann, wenn es um die Sicherheit von Menschen geht: gerade im Dachdeckerhandwerk ein wichtiges Thema, wenn man sich die leider immer noch hohen Raten der tödlichen Arbeitsunfälle im Dachdeckerhandwerk – 16 im letzten Jahr – und insgesamt rund 10.000 meldepflichtige Unfälle vor Augen führt. Ob ich dem Mitarbeiter jetzt wirklich den Umgang mit dem Cuttermesser als Arbeitsmittel erklären muss oder auf die Gefahren, die von einem Drucker ausgehen, hinweisen sollte – wie es die neue Betriebssicherheitsverordnung streng genommen vorschreibt – sei einmal dahingestellt. Aber ein Bewusstmachen der Gefahren kann möglicherweise Leben retten. So ist eine wichtige Pflicht die sogenannte Gefährdungsbeurteilung. Sie ist im Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben und muss unabhängig von der Zahl der Mitarbeiter durchgeführt und dokumentiert werden. Es wird natürlich jedem einleuchten, dass das Gefährdungspotenzial auf einer Baustelle, wo Mitarbeiter in mehreren Metern Höhe mit schweren Dachziegeln hantieren, möglicherweise noch bei 38 Grad im Schatten, ein anderes ist als im voll klimatisierten Büro. Ursachen für Unfälle am Bau waren hauptsächlich Abstürze etwa von Leitern, Gerüsten oder Dächern oder der Kontrollverlust über Maschinen, Fahrzeuge und Werkzeuge. Die BAU Berufsgenossenschaft ist überzeugt, dass Prävention – und damit auch einhergehend Aufzeichnungspflichten – hilft, Arbeitsunfälle zu vermeiden. Dies belegen stetig sinkende Unfallzahlen: In den letzten zehn Jahren ist immerhin ein Rückgang von gut 16 Prozent zu verzeichnen.17 Grad im Archiv
Dass dahingegen die Arbeitsstättenverordnung, die Nahles Anfang des Jahres vorgelegt hatte, wieder vom Tisch ist, erleichtert, denn hier war man wieder übers Ziel hinausgeschossen: So sollen Arbeitgeber demnächst auch die Telearbeitsplätze ihrer Mitarbeiter zu Hause überprüfen. Blendet die Sonne? Beträgt die Beleuchtung mindestens 500 Lux? Wird der Raum mit dem Telearbeitsplatz durch den laufenden Computer nicht zu warm, ist der Schreibtisch groß genug, um vor der Tastatur des PC ein Auflegen der Handballen zu ermöglichen? In Archiven oder ein Abstellräumen, den ein Beschäftigter höchstens zwei oder dreimal im Jahr betritt, sollte eine Raumtemperatur von mindestens 17 Grad herrschen. Bisher galten solche Räume nicht als Arbeitsplatz, doch wäre dies durch die Verordnung geändert worden. Zum Glück blieben wir davon verschont – vorerst!
Von Ulrich Marx
Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH)