Unternehmensnachfolge

IHK-Seminar, Webinar oder Studium – Kann man Unternehmensnachfolge lernen?

Brauchen Unternehmensnachfolger eigentlich spezielle Kenntnisse, um ein Unternehmen zu übernehmen und zu leiten? Auf jeden Fall. Egal ob Webinar, Online-Seminar oder Studium - die Wege, sich fit für die Nachfolge zu machen, sind zahlreich.

Brauchen Unternehmensnachfolger eigentlich spezielle Kenntnisse, um ein Unternehmen zu übernehmen und zu leiten? Natürlich gehören Mut und Kreativität dazu, findet Doreen Hotze, die stellvertretende Geschäftsführerin der Handelskammer Hamburg und Leiterin des Gründungszentrums. Aber „definitiv brauchen sie eine kaufmännische Allgemeinbildung“ ist sie überzeugt. Und Nachfolger sollten aus ihrer Sicht „auch ein entsprechendes markt- und branchenspezifisches Wissen und berufliche Erfahrungen mitbringen. Sonst wird man vom Kunden nicht als Fachmann wahrgenommen.“

Wo können sich Gründer, die ein mittelständisches Unternehmen übernehmen wollen, diese Kenntnisse aneignen? Die meisten kämen wohl zuerst auf die regionalen Industrie- und Handelskammern (IHK) und liegen damit völlig richtig. Schon seit vielen Jahren ist das Thema Nachfolge dort ein zentrales und neben verschiedensten Beratungsangeboten finden sich auch zahlreiche Weiterbildungsangebote. Daneben gibt es viele Bildungs- und Weiterbildungsangebote privater Anbieter. Und dann sind da noch die Universitäten und Fachhochschulen. Dort „findet das Thema Gründung und Unternehmertum bislang wenig Einzug“ meint Dinah Spitzley vom Friedrichshafener Institut für Familienunternehmen (FIF). Dabei ist der Anteil der akademischen Gründer an der Gesamtgründerzahl deutlich höher als der Anteil der Akademiker an der Gesamtbevölkerung. Wenn Hochschulen aber etwas anbieten, dann meist zu Start-up-Gründungen, selten zur Unternehmensnachfolge.

Mit der IHK Nachfolge lernen

Landesweit gibt es zahlreiche durch die IHK zertifizierte Kursangebote zum Thema, doch viele lokale Industrie und Handelskammern bieten auch eigene Veranstaltungen an. So organisiert die Berliner IHK die „Nachfolge zum Frühstück“ mit thematischen Einblicken und praktischen Handlungsmöglichkeiten, Stichworte 2021 waren bisher u.a. Loslassen, Finanzierung, Unternehmenswert und Kaufpreis oder Vorbereitung von Nachfolgen. Die IHK Nürnberg für Mittelfranken veranstaltet regelmäßig im Herbst eine dreiteilige Seminarreihe „Unternehmensnachfolge aktuell“. Die IHK Erfurt bietet im Rahmen des Netzwerk Unternehmensnachfolge Nordthüringen persönliche Beratung und zahlreiche Seminare zum Thema an.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Aktuelle Weiterbildungsveranstaltungen der örtlichen Industrie- und Handelskammern sowie der Handwerkskammern zum Thema lassen sich über die von ihnen mitorganisierte größte deutsche Unternehmensnachfolge-Börse nexxt-change finden.

Die Webinare der DUB und die Angebote der Nachfolgeakademie

Auch von privaten Anbietern gibt es zahlreiche Weiterbildungsveranstaltungen zum Thema Unternehmensnachfolge. So hat die Deutsche Unternehmerbörse (DUB) zwölf Webinare entwickelt, die einen guten Überblick über die Herangehensweise bei der Übernahme bzw. Übergabe eines Unternehmens bieten. Die Nachfolgeakademie in Hamburg, betrieben von zwei Wirtschafts- und Anwaltskanzleien, die seit langem auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge arbeiten, bietet mit Blick auf die Erfolgsfaktoren einer erfolgreichen Nachfolge vielfältige Workshops an. Zielgruppe sind nicht nur Übergeber und Übernehmer, sondern daneben Gesellschafter, Beiratsmitglieder und Ehepartner von Unternehmerinnen und Unternehmern.

Hoch- und Fachhochschulen entdecken die Nachfolge

Nach Schätzungen verfügen etwa 630.000 Studierende an deutschen Hochschulen über einen unternehmerischen Familienhintergrund und in den kommenden fünf Jahren werden mindestens 17.000 von ihnen später als Nachfolger ein Unternehmen übernehmen.

Die Hochschule Koblenz hat ihre Studierenden befragt und herausgefunden, dass etwa zehn Prozent in ihrem Berufsleben die Leitung eines Familienbetriebs übernehmen werden. Insofern ist es nur folgerichtig, dass die Hochschule im Rahmen der vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Initiative „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“ im kommenden Jahr ein eigenes Weiterbildungsangebot startet. Dafür wird mit regionalen Partnern das Zertifizierungsprogramm „SUCCESSOR Qualifizieren – Vernetzen – Nachfolge sichern“ entwickelt, um „Studierende für die Unternehmensnachfolge in Familienbetrieben zu sensibilisieren, zu qualifizieren und zu vernetzen“.

Die entstehenden Module können in jeden existierenden Studiengang der Hochschule integriert werden, beispielsweise als Wahlfächer. Um auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zu reagieren, die vielfach bereits im eigenen Familienunternehmen tätig ist, soll die Implementierung als Blended-Learning-Konzept erfolgen, also in einer Verknüpfung von Online-Lernen und Präsenzunterricht.

Bereits seit 2007 wird an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin der Bachelorstudiengang Unternehmensgründung und Unternehmensnachfolge angeboten. In einer Regelstudienzeit von acht Semestern kann tagsüber, abends oder in einer Mischung von Online und Präsenz studiert werden. Das Studium ist speziell auf kleine und mittlere Unternehmen ausgerichtet und sehr praxisnah, weil eng verzahnt mit dem Gründungszentrum der Hochschule und der sehr aktiven Berliner Gründerszene. Für die Leiterin des Studiengangs, Frau Professor Birgit Felden, selbst Gründerin und Unternehmerin, ist das ein Angebot für diejenigen, „die schon immer mal ein Unternehmen leiten wollten, auf eine akademische Ausbildung aber nicht verzichten möchten.“ 35 Plätze stehen jährlich für Menschen zur Verfügung, die eine Gründung oder Nachfolge planen oder sogar schon mittendrin sind. Nur ein Viertel der jährlichen Bewerbungen können berücksichtigt werden.

Wer nach dem Bachelor noch einen MBA absolvieren möchte, kann dies zum Beispiel an der Technischen Hochschule Deggendorf tun, berufsbegleitend fünf Semester lang und in hybrider Form in einer Mischung aus Präsenzveranstaltungen und Live-Webkonferenzen.

Im Unterschied zu einem regulären Studium sind die Kosten allerdings beträchtlich und belaufen sich neben einem einmaligen Verwaltungsbetrag von 1.150 Euro auf 3.600 Euro je Semester.

Noch etwas tiefer in die Tasche greifen müssen Studenten, wenn sie an der privaten Zeppelinuniversität einen Master in Family Entrepreneurship erwerben möchten. Hier kostet das berufsbegleitende Studium mit einer Regelstudienzeit von 21 Monaten 28.900 Euro.  Das Angebot richtet sich vor allem an „(angehende) Führungskräfte in Familienunternehmen, die sich mit der gesamten Betriebswirtschaftslehre speziell für Familienunternehmen auseinandersetzen möchten“.

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