Nach dem Schwerbehindertengesetz gelten Menschen als schwerbehindert, wenn ihre körperliche, geistige oder seelische Gesundheit bzw. Leistungsfähigkeit dauerhaft (d. h. über sechs Monate lang) vom für ihr Alter typischen Zustand abweicht und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist. Der Grad der Behinderung muss dabei mindestens 50 Prozent betragen. Dieser Grad wird vom Versorgungsamt oder dem Amt für Soziale Angelegenheiten ermittelt und im Schwerbehindertenausweis eingetragen. Menschen mit einem niedrigeren Grad der Behinderung können ab 30 Prozent eine Gleichstellung beantragen.
Die Beschäftigungspflicht und die Ausgleichsabgabe
Um die Integration schwerbehinderter Menschen zu fördern, besteht in Deutschland nach § 71 Abs. 1 SGB) eine sogenannte Beschäftigungspflicht: Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen sind danach verpflichtet, 5 Prozent der Arbeitsplätze an Schwerbehinderte zu vergeben. Die Zahl der Filialen ist dabei unerheblich. Ein Unternehmer, der beispielsweise in drei Zweigstellen je sieben Personen beschäftigt, verfügt über 21 Arbeitsplätze und muss somit die Beschäftigungspflicht erfüllen.
Kommt der Arbeitgeber der Beschäftigungspflicht nicht nach, muss er für jeden unbesetzten Pflichtplatz eine monatliche Ausgleichsabgabe entrichten:
- Weniger als 2 Prozent Schwerbehinderte im Betrieb: 360 Euro
- Zwischen 2 und 3 Prozent: 245 Euro
- Zwischen 3 und 5 Prozent: 140 Euro
Diese Ausgleichsabgabe gilt für private und öffentliche Arbeitgeber und wird an das Integrationsamt gezahlt. Hintergrund ist der Gedanke, dass damit ein Ausgleich gegenüber den Unternehmen geschaffen wird, die ihre Beschäftigungspflicht erfüllen und damit auch bestimmte Belastungen in Kauf nehmen, z. B. die Kosten eines behindertengerecht ausgestatteten Arbeitsplatzes und die gesetzlich erlaubten zusätzlichen Urlaubstage für Schwerbehinderte. Die Ausgleichsabgabe wird von den Integrationsämtern gezielt genutzt, um die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben zu erleichtern.
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Förderung für Unternehmen
Unternehmen, die Schwerbehinderte beschäftigen, können verschiedene Fördermittel in Anspruch nehmen. Dies gilt auch für kleine Unternehmen, die nicht unter die Beschäftigungspflicht fallen. Arbeitgeber, die schwerbehinderte Menschen einstellen, können beispielsweise Eingliederungszuschüsse bei der Agentur für Arbeit beantragen. Dabei handelt es sich um einen Lohnkostenzuschuss. Weiterhin können Zuschüsse zu Investitionskosten beantragt werden. Dazu zählen z. B. Umbaumaßnahmen im Unternehmen, um einen barrierefreien Zugang zu ermöglichen, eine Behindertentoilette einzurichten oder einen Arbeitsplatz behindertengerecht auszustatten. Weitere Zuschüsse sind u. a. für eine Probebeschäftigung, für Praktika und Ausbildungsprogramme möglich. Eine Probebeschäftigung kann sinnvoll sein, wenn vorab nicht klar ist, ob der Schwerbehinderte seine Aufgaben über längere Zeit hinweg problemlos wird erledigen können.
Kündigungsschutz für Schwerbehinderte
Zu beachten ist auf Arbeitgeberseite auch der besondere Kündigungsschutz, den schwerbehinderte Mitarbeiter genießen. Ein Arbeitsverhältnis kann nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes aufgelöst werden. Allerdings bedeutet dies nicht, dass der Mitarbeiter unkündbar ist. Das Integrationsamt ist im Falle einer Kündigung verpflichtet, zwischen den Interessen des Arbeitgebers und dem des schwerbehinderten Mitarbeiters abzuwägen. Weiterhin erhalten Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung fünf Tage zusätzlichen Urlaub pro Jahr.
Das Bundesarbeitsgericht entschied 2012 in einem Urteil, dass die Frage nach einer Schwerbehinderung im Bewerbungsgespräch zulässig ist. So soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit des rechtstreuen Verhaltens (z. B. durch Anrechnung der zusätzlichen Urlaubstage und der Erfüllung der Beschäftigungspflicht) gegeben werden.