Unternehmensnachfolge

Unternehmer werden mittels Search Fund?

Das aus den USA stammende Nachfolgekonzept Search Fund findet auch hierzulande immer mehr Anhänger. Einer von ihnen ist Philipp von Jagwitz. Im Interview erzählt er mehr über diese Alternative zur klassischen familieninternen Nachfolge.

Das aus den USA stammende Nachfolgekonzept Search Fund bringt verkaufsinteressierte Unternehmer und junge Unternehmensnachfolger zusammen. Pluspunkte dabei sind:

  • Investoren, die gleichzeitig als Mentoren agieren
  • Einzelne Nachfolge-Interessierte können oftmals ein sehr viel größeres Unternehmen erwerben, als wenn sie den üblichen Weg über Bankenfinanzierung und Fördermittel gehen
  • Investoren prüfen den Nachfolger und dessen Managementeignung auf Herz und Nieren und können verkaufswilligen Unternehmern damit eine klare Empfehlung geben können.

„Genauso wichtig wie das Finanzielle sind Expertise und mentale Unterstützung meiner Investoren.“

Im Interview berichtet Philipp von Jagwitz, ein junger Ingenieur und MBA-Absolvent, der seit einem Jahr sein Wunschunternehmen sucht, sehr konkret über seinen Alltag als Searcher und warum diesen Weg so wenige in Deutschland gehen.

Search Fund – eine Seltenheit unter den alternativen Nachfolgemodellen

Das Konzept, mit dem er seinen Traum vom Unternehmer im Mittelstand wahrmachen möchte, hatte er während des MBA-Studiums an der IESE Business School in Barcelona kennengelernt. Dort und an weiteren Top-Business Schools werden Search Funds in Europa vor allem propagiert. Und aus dem Umfeld dieser Schulen kommen meist auch die Gründer solcher Search Funds. Es sind hervorragend ausgebildete junge Leute, übrigens sehr viel jünger als der durchschnittliche Nachfolger in Deutschland, mit besten Referenzen und dem unbedingten Willen zum Unternehmertum. Sie suchen Investoren, welche ihnen einerseits finanziell die Suche nach einem passenden Übernahmeunternehmen ermöglichen und sich andererseits später am Kauf beteiligen.

Search Funds sind damit ein weiteres unter zahlreichen neuen Nachfolgemodellen, die alle auch deshalb entstanden sind, weil die traditionelle Unternehmensnachfolge innerhalb der Familie immer seltener wird, die Nachfolgefrage aber weiterhin auf der Tagesordnung steht.

Die ersten Search Funds in Deutschland

Der Unternehmer Jürgen Rilling war einer der ersten in Deutschland, der Search Funds ins Gespräch brachte. Mit seiner 2001 gegründeten Firma Mirablau ist er inzwischen an mehreren beteiligt. Aktuell ist Rilling Mitglied des Beirates des Search Fund Centers an der IESE Business School in Barcelona und Mit-Organisator der International Search Fund Conference. Auf seiner Website search-fund-modell.de erhält man eine profunde Einführung in dieses spezielle Modell der Unternehmensnachfolge.

Den ersten Search Fund in Deutschland hat der heutige Unternehmer Alexander Kirn gegründet und mit dessen Hilfe 2012 seine heutige Firma erworben. Kirn hatte das Modell an der Harvard Business School kennengelernt und kam mit dem festen Vorsatz nach Deutschland zurück, ein Software-Unternehmen zu übernehmen. Zwischen 5 und 15 Millionen Euro sollte seine Wunschfirma im Jahr umsetzen, aus einer Wachstumsbranche stammen und sehr profitabel sein. Alles Voraussetzungen für eine erfolgreiche Übernahme und um Investoren von einer Beteiligung zu überzeugen. Mit dem Technologieunternehmen Invers, bereits im Jahr der Übernahme Weltmarktführer und Exportweltmeister im Bereich Carsharing-Software, fand er schließlich nach zweieinhalb Jahren und über 150 inspizierten Unternehmen die für ihn passende Firma. Seitdem hat sich das Softwarehaus außerordentlich gut entwickelt und nicht nur die Mitarbeiterzahl vervierfacht. Seine Produkte werden inzwischen weltweit in über 50 Ländern genutzt. Neben seiner unternehmerischen Tätigkeit ist Alexander Kirn auch als Investor in Search Funds aktiv, so beim Searcher und künftigen Unternehmer Philipp von Jagwitz.

Philipp von Jagwitz: Mittels Search Fund vom Ingenieur zum mittelständischen Unternehmer

Herr von Jagwitz, Sie haben als Ingenieur für Volkswagen und vor allem BMW im In- und Ausland unter anderem im Produktmanagement gearbeitet und hätten sicher dort weiter Karriere machen können. Warum sind Sie seit vergangenem Jahr mit Ihrer Initiative Virtus Mittelstand auf der Suche nach einem mittelständischen Unternehmen zur Übernahme?

Ich habe wirklich sehr gern in diesen Unternehmen gearbeitet, doch ich wusste schon immer, dass ich irgendwann einmal etwas Eigenes machen möchte. Ich verspüre diesen Wunsch, selber zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen. Die Idee, mittelständischer Unternehmer werden zu wollen, war schon lange in mir angelegt. Und mit dem MBA-Studium wollte ich mir die dafür notwendigen Managementkenntnisse aneignen. Vom Konzept Search Funds, das mir während des Studiums begegnete, war ich sofort begeistert und ich bin bis heute davon überzeugt, dass dies mein Weg ins mittelständische Unternehmertum ist.Philipp von Jagwitz

Wie ist es Ihnen gelungen, Investoren zu finden und wie profitieren Sie von Ihnen?

Während meines Studiums in Barcelona lernte ich die Unternehmer Jürgen Rilling und Alexander Kirn kennen, die meine Investoren wurden. Über sie bekam ich Zugang in die recht überschaubare Welt der Searcher. Bisher gab es wohl etwa fünfzehn von ihnen in Deutschland, während das Konzept in den USA und Spanien deutlich weiterverbreitet ist.

In der Folge konnte ich weitere, auch internationale Investoren gewinnen. Mein Bruder unterstützt mich ebenfalls. Alle gemeinsam finanzieren nun meine Suche nach einem passenden Unternehmen und ich kann mich seit August letzten Jahres ohne weitere Verpflichtungen ganz der Suche widmen. Ohne diese finanzielle Basis wäre das für mich als dreifachen Familienvater unmöglich.

Doch genauso wichtig wie das Finanzielle sind Expertise und mentale Unterstützung meiner Investoren. Ich kann sie jederzeit anrufen, sie um Rat fragen, ihre Branchenkenntnisse und Netzwerke nutzen. Es ist eine hervorragende Zusammenarbeit, denn wir alle haben das gleiche Ziel, nämlich eine erfolgreiche Nachfolgelösung auf die Beine zu stellen. Und alle sind an meinem Erfolg interessiert.

Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen? Was haben Sie in den vergangenen zwölf Monaten getan, um Ihrem Ziel näherzukommen?

Netzwerkarbeit und Analysetätigkeit, so würde ich das bezeichnen, was ich tue. Ich verfolge permanent den M&A Markt, um für mich interessante Unternehmen zu entdecken, die zum Verkauf stehen. Fünf bis zwanzig Millionen Jahresumsatz, ein siebenstelliges Betriebsergebnis und einen entsprechenden Unternehmenswert sollten sie haben. Ist der Kontakt hergestellt, beginnt die Analyse, man lernt sich kennen und kommt ins Gespräch. Ich schaue mir die Firma sehr genau an, versuche das Geschäftsmodell zu verstehen, schaue mir die Zahlen an, wir sprechen über den Preis. Das ist ein recht zeitintensiver Prozess. Es gibt einfach sehr viele Dinge, die geregelt und besprochen werden müssen. Und wenn die Zahlen stimmen, mir Branche und Geschäftsmodell zusagen, geht es in die Verhandlungen. Diese können aus den verschiedensten Gründen scheitern und dann beginnt alles wieder von vorn.  Viel Geduld und Ausdauer sind vonnöten, bis das gewünschte Unternehmen gefunden ist. Wobei ich momentan tatsächlich sehr konkrete Gespräche führe und recht optimistisch bin, vielleicht schon im nächsten Jahr Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens zu sein.

Warum schlagen so wenig Jungunternehmer in Deutschland den Weg ein, mittels Search Funds ein passendes Unternehmen zur Nachfolge zu finden?

Meine Vermutung ist, dass bestausgebildete Menschen mit entsprechenden Referenzen und Fähigkeiten – und nur diese finden entsprechende Investoren für einen solchen Weg – äußerst selten dazu bereit sind. Statt zwei oder drei finanziell schmale Jahre der Suche, hohe persönliche Investitionen und eine unternehmerische Tätigkeit im Mittelstand mit möglicherweise offenem Ausgang wählen sie meist lieber die renommierten Angebote von Konzernen, Unternehmensberatungen oder im Investmentbanking.

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