Digitale Transformation

SEPA – das hat doch noch Zeit

Frau

Als die EU-Kommission Anfang Januar 2014 überraschend vorschlug, den verbindlichen Start von SEPA um sechs Monaten zu verschieben, waren die meisten davon völlig überrascht. Einige meinten zwar, sie hätten damit gerechnet, da 2011 schon ELENA und 2012 die Einführung der E-Bilanz verschoben worden waren. Das waren jedoch rein nationale Initiativen. Andere verbreiteten das Gerücht, die EU-Kommission fürchte Auswirkungen auf das Ergebnis der Wahlen zum Europaparlament. Deshalb habe man SEPA auf einen Termin nach der Wahl verschoben. Und noch andere meinten, die EU-Kommission hätte versucht, den Primat der Politik wieder herzustellen, weil die Banken das SEPA-Projekt schlecht gemanagt hätten. Ich hingegen vertrete die These, dass bei SEPA schlicht das Beharrungsvermögen der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) unterschätzt worden ist.

In der Europäischen Union gibt es über 20 Millionen kleine und mittlere Unternehmen. Sie machen 99% aller Betriebe aus. Die EU-Kommission sieht in ihnen die Hauptantriebskraft für wirtschaftliches Wachstum, Innovation, Beschäftigung und soziale Integration. Und sie will die erfolgreiche Unternehmertätigkeit fördern und die Rahmenbedingungen für den Mittelstand verbessern. Doch werden viele europäische Initiativen von den KMU als Belastung wahrgenommen. Denn eines ist den Unternehmen dieser Größe gemeinsam: Sie möchten sich auf ihr eigentliches Geschäft und ihre Kunden konzentrieren. Gesetzliche Änderungen, egal ob national oder europäisch initiiert, stören dabei nur, weil sie nichts zu ihrem Geschäftszweck beitragen.

Mittelstand beklagt Demokratielast

nager ReWe/FiBu bei Sage Software. Er verantwortet damit die Sage Office Line und Sage New Classic.

SEPA-Experte Achim Hubert schildert aus seiner Sicht, warum die SEPA-Einführung verschoben wurde. Quelle: Sage

Und die Bürokratielast steigt. Dies bestätigt auch der Sage Business Index 2013, in dem kleine und mittelgroße Unternehmen in 17 Ländern Auskunft gaben. 62 Prozent der befragten deutschen Unternehmen sind der Meinung, dass der Abbau der Bürokratie eine wichtige Regierungsaufgabe ist. Hinzu kommt, dass KMU schon immer mit der Umsetzung von gesetzlich vorgeschriebenen Themen bis zur letzten Minute warten. Das war so, als die Umsatzsteuer von 15 auf 16 Prozent und einige Jahre später auf 19 Prozent erhöht wurde. Das war so, als der Euro am 1.1.1999 als Buchgeld und zum 1.1.2002 als Bargeld eingeführt wurde. Und das war auch so, als Rechner und Software wegen dem Jahr-2000-Problem aktualisiert werden mussten. Dabei war dies gar keine gesetzliche Änderung sondern eine technische Beschränkung.

Dass dieses Verhalten von KMU nicht nur bei gesetzlichen Änderungen zu beobachten ist, sondern auch bei anderen Anlässen, lässt sich aktuell wieder beim bevorstehenden Aus für ein Betriebssystem gut beobachten. Obwohl Microsoft schon vor Jahren das Ende von Windows XP für April 2014 angekündigt hat, nutzen es laut aktuellen Analysen immer noch rund 20 bis 30 Prozent der KMU auf ihren Rechnern in Verbindung mit einer betriebswirtschaftlichen Software. Wohlgemerkt: Es sind gerade mal noch zwei Monate, bis dieses Betriebssystem vom Hersteller nicht mehr regelmäßig mit Sicherheits-Updates versorgt wird. Und wir reden hier nicht von Rechnern, die privat zu Hause angeschafft wurden, sondern von PCs, die täglich dazu genutzt werden, um Unternehmen zu steuern.

Umstellung in letzter Minute

Das Verhalten von KMU in Bezug auf die SEPA-Vorbereitungen mag ein Stück weit erklärbar sein. Denn sie sind gewohnt, dass sie mit Hilfe ihres Softwareherstellers und dessen Service-Partnern noch in letzter Minute umstellen können. Doch bei SEPA gibt es einen gravierenden Unterschied. Während bei einer Umsatzsteuererhöhung, einer Währungs- oder Datumsumstellung die Regeln nach denen umzustellen ist, glasklar sind, ist das bei SEPA nicht der Fall. Nicht umsonst führt der BITKOM bereits seit Jahren eine Diskussion mit der Deutschen Kreditwirtschaft über die korrekte Umsetzung des SEPA-Regelwerkes. Nicht ohne Grund wurden mehrfach die gleichen Änderungsanträge z.B. zur Pre-Notification, zum E-Mandat in Webshops oder zur Länge des Verwendungszwecks an das European Payment Council gestellt. Nur ganz langsam hat sich die Kreditwirtschaft in den letzten Jahren auf die konkreten Fragen der praktischen Umsetzung von SEPA im betrieblichen Alltag von KMU eingelassen.

Angesichts dieser schlechten Vorbereitung ist eine SEPA-Umstellung zum Stichtag nicht möglich. Das haben vor allem die KMU auszubaden. Deshalb ist der Vorschlag der EU-Kommission zu begrüßen. Sie hat zwar den Druck bis zur letzten Minute aufrechterhalten. Nun aber gibt es doch noch eine Gnadenfrist für die Umstellung. Viele der am Zahlungsverkehr Beteiligten haben den Blick in den SEPA-Abgrund getan. Nun hat man Ihnen ein Seil zugeworfen, damit sie nicht abstürzen. Bleibt zu hoffen, dass sie die Chance nutzen.

Von Achim Hubert