HR-Management und Lohnbuchhaltung

Wachstumschancen­­­­gesetz: Was jetzt wichtig ist für die Lohnabrechnung

Neue Regeln, neue Chancen! Das Gesetz bringt Bewegung in die Lohnabrechnung. Wir fassen zusammen, was in der Lohnabrechnung ab sofort anders läuft. Einfach erklärt und auf den Punkt gebracht.

Mitarbeiter sitzen an einem Tisch und schauen auf ein Blatt

Nach monatelangem Hin und Her wurde es endlich geschafft: Der Bundesrat hat am 22. März 2024 dem Wachstumschancengesetz zugestimmt. Doch bevor es so weit war, musste der ambitionierte Entwurf, der im November 2023 vom Bundestag verabschiedet wurde, eine intensive Schlankheitskur durch den Vermittlungsausschuss überstehen. Von „Steuerfairness“ bis „Investitionsanreizen“ – nicht alles hat den finalen Text überlebt. Was bleibt von den ursprünglichen Plänen übrig? Wir haben die wichtigsten Regelungen zusammengefasst, damit Sie wissen, was wirklich zählt.

Möchten Sie zudem wissen, wie sich das neue Gesetz auf Ihre Buchhaltung auswirkt? Lesen Sie unseren Artikel „Das Wachstumschancengesetz – welche Änderungen verabschiedet wurden“

Folgende Anpassungen dürfen Sie für die Lohnabrechnung erwarten:

Besteuerung von Versorgungsbezügen

Die Besteuerung von Versorgungsbezügen (§ 19 Abs. 2 EStG) und Altersentlastungsbeträgen (§ 24a EStG) erfährt durch die jüngsten Änderungen im Einkommensteuergesetz eine grundlegende Neuausrichtung. Seit dem Jahr 2005 wurde der steuerfreie Anteil von Versorgungsbezügen, der durch den Versorgungsfreibetrag und den dazugehörigen Zuschlag geregelt ist, schrittweise reduziert. Dieses sogenannte „Abschmelzen“ erfolgte bisher parallel zur stufenweisen Anhebung des Besteuerungsanteils von Renten mit dem Ziel, bis 2040 eine vollständige nachgelagerte Besteuerung zu erreichen. Doch dieser Plan wurde nun entschleunigt. Die vollständige Besteuerung von Versorgungsbezügen wird erst 2058 realisiert.

Auch der Höchstbetrag des Altersentlastungsbetrags, der Arbeitnehmern ab 64 Jahren zugutekommt, wird zukünftig langsamer reduziert. Diese Änderungen sorgen für spürbare finanzielle Vorteile, insbesondere für ältere Arbeitnehmer und Rentner, die durch die verlängerte Übergangsphase länger von Steuerentlastungen profitieren können (§ 24a Satz 5 EStG, § 52 Abs. 26a EStG).

Im Einkommensteuerveranlagungsverfahren gelten diese Neuerungen bereits rückwirkend ab 2023. Im Lohnsteuerabzugsverfahren greifen sie jedoch erst ab 2025. Für Arbeitgeber bedeutet dies eine praktische Erleichterung. Korrekturen der Lohnsteuerberechnung für 2024 entfallen und ein neuer Programmablaufplan ist nicht erforderlich.

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Pauschalsteuer bei Gruppenunfallversicherungen

Gute Nachrichten für Arbeitgeber. Seit dem Jahr 2024 wird die Pauschalbesteuerung von Beiträgen zu Gruppenunfallversicherungen deutlich einfacher. Bisher galt, dass Beiträge nur pauschal mit 20 Prozent versteuert werden konnten, wenn der steuerliche Durchschnittsbetrag pro Mitarbeiter ohne Versicherungssteuer 100 Euro im Kalenderjahr nicht überschritt. Überschritt ein Beitrag diesen Grenzwert, mussten sämtliche Beiträge individuell versteuert werden. Das war ein sehr aufwendiger Prozess, insbesondere bei Beitragsanpassungen oder Änderungen in der Anzahl der Versicherten.

Dieser bürokratische Aufwand gehört mit dem Jahr 2024 der Vergangenheit an. Der Grenzbetrag von 100 Euro wurde ersatzlos gestrichen, sodass alle Beiträge zu Gruppenunfallversicherungen unabhängig von ihrer Höhe pauschal versteuert werden können. Das sorgt für mehr Planungssicherheit und reduziert den administrativen Aufwand erheblich. Arbeitgeber müssen nun keine Prüfungen mehr vornehmen, ob die Pauschalbesteuerung noch zulässig ist (§ 40b Abs. 3 EStG).

Diese Neuregelung stärkt die Attraktivität von Gruppenunfallversicherungen als freiwillige Zusatzleistung. Unternehmen profitieren von der Vereinfachung, während Mitarbeiter durch den Wegfall der individuellen Besteuerung ihrer Beiträge ebenfalls Vorteile haben. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, bestehende Versicherungsverträge zu überprüfen und das Potenzial dieser Neuregelung auszuschöpfen!

Fünftelregelung fällt weg

Ab 2025 entfällt die Anwendung der sogenannten Fünftelregelung im Lohnsteuerabzugsverfahren. Bisher half diese Regelung, die Steuerlast bei einmaligen Zahlungen wie Entschädigungen oder Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten zu senken. Arbeitgeber mussten die Fünftelregelung direkt im Rahmen des Lohnsteuerabzugs berücksichtigen, was jedoch ab 2025 ersatzlos wegfällt. Für Mitarbeitende bleibt die Möglichkeit bestehen, die Steuererleichterung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu beantragen. Finanzielle Nachteile sollen dadurch ausgeschlossen werden.

Mit dem Wegfall der Fünftelregelung entfallen auch einige bürokratische Hürden. So sind Besonderheiten beim betrieblichen Lohnsteuerjahresausgleich, die sich durch die Anwendung der Regelung ergaben, nicht mehr relevant. Auch der Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 5 EStG entfällt für Arbeitnehmer, bei denen die Fünftelregelung bisher berücksichtigt wurde.

Interessant wird die Änderung für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die in Deutschland keine reguläre Einkommensteuerveranlagung durchführen lassen. Ab 2024 können auch sie über eine Antragsveranlagung von der Fünftelregelung profitieren. Ein Vorteil vor allem für Nicht-EU/EWR-Staatsangehörige mit Wohnsitz außerhalb dieser Staaten.

Auch für Start-up-Mitarbeiter bringt die Änderung Neuerungen (§ 19a Abs. 4 Satz 2 EStG). Bislang konnte die Fünftelregelung bei der Besteuerung von Vorteilen aus Mitarbeiterbeteiligungen nach mindestens drei Jahren Anwendung finden. Ab 2025 wird diese Steuervergünstigung ebenfalls nur noch im Rahmen der Veranlagung möglich sein.

Für die Lohnabrechnung bedeutet dies: Ab 2025 wird die Abwicklung der Lohnsteuerberechnung einfacher, da die Fünftelregelung im Abzugsverfahren komplett entfällt. Unternehmen sollten sich frühzeitig auf die Umstellung einstellen und den Mitarbeitern rechtzeitig die neuen Abläufe erklären.

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Elektrofahrzeuge
– Neue Grenze bei der Bruttolistenpreisregelung

Gute Nachrichten gibt es für Arbeitnehmer mit Elektro- oder Brennstoffzellenfahrzeugen. Ab 2024 steigt die Grenze für die reduzierte Besteuerung nach der 1-Prozent-Regelung von bisher 60.000 auf 70.000 Euro Bruttolistenpreis. Damit profitieren noch mehr Fahrer emissionsfreier Fahrzeuge von der attraktiven Regelung, bei der der Bruttolistenpreis nur zu einem Viertel angesetzt wird. Hierfür muss das Fahrzeug erstmals nach dem 31. Dezember 2023 zur privaten Nutzung überlassen worden sein. Wer die Fahrtenbuchmethode bevorzugt, kann ebenfalls freier atmen. Auch hier werden die Abschreibungen und sonstigen Kosten entsprechend geviertelt (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 EStG und § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG, § 8 Abs. 2 Satz 2, 3 und 5 EStG, § 52 Abs. 12 Satz 5 EStG).

Die neue
Verpflegungspauschale nicht nur für Berufskraftfahrer

Bereits ab 2024 steigt der pauschale Werbungskostenabzug für Reisenebenkosten bei Berufskraftfahrern von 8 auf 9 Euro pro Kalendertag. Das bedeutet, dass jene, die den Großteil ihrer Arbeitszeit auf Kraftfahrzeugen verbringen und dort auch übernachten, von einer höheren steuerlichen Entlastung profitieren. Wie bisher bleibt es jedoch möglich, statt der Pauschale die tatsächlichen Mehraufwendungen einzeln nachzuweisen. Wichtig in diesem Zusammenhang: Die Entscheidung, ob die Pauschale oder die tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden, muss für das gesamte Kalenderjahr einheitlich bleiben (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b Satz 2 EStG).

Steuer-ID – Neue Regeln erleichtern Arbeitgebern den Zugriff

Seit dem Jahr 2023 ist die Übermittlung von Lohnsteuerbescheinigungen nur noch mit der Steuer-ID (§ 139b AO) des Mitarbeiters zulässig. Die Möglichkeit, stattdessen die eTIN zu nutzen, ist entfallen. Für Mitarbeiter der Lohnabrechnung stellt sich daher manchmal die Frage: Was tun, wenn ein Mitarbeiter seine Steuer-ID nicht mitteilt? Genau hier setzt die neue gesetzliche Regelung an, die Arbeitgebern den Zugriff auf die Steuer-ID erleichtert.

Künftig können Arbeitgeber beim Betriebsstättenfinanzamt die Steuer-ID anfragen, wenn sie bereits für 2022 eine Lohnsteuerbescheinigung mittels eTIN übermittelt haben und das Arbeitsverhältnis über den 31. Dezember 2022 hinaus fortbesteht. Voraussetzung ist, dass der Mitarbeiter trotz Aufforderung seine Steuer-ID nicht mitgeteilt hat. Der Mitarbeiter muss der Anfrage weder zustimmen noch eine Vollmacht erteilen. Das gilt auch, wenn die Steuer-ID dem Mitarbeiter erstmals zugeteilt wird (§ 39 Abs. 3 Satz 6 EStG).

Sollten diese Bedingungen nicht erfüllt sein, wie etwa bei Neueintritten ab 2023, so bleibt alles wie bisher: Arbeitgeber benötigen weiterhin eine ausdrückliche Vollmacht des Mitarbeiters, um die Steuer-ID anzufordern. Bereits im Januar 2024 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit einem Schreiben vorweggenommen, dass diese Regelung angewendet werden kann, bevor sie endgültig gesetzlich verankert ist.

Qualifizierungsgeld – Steuerfreie Chance auf Weiterbildung ab 2024

Seit dem 1. April 2024 gibt es für Arbeitnehmer, deren Arbeitsplätze durch den Strukturwandel gefährdet sind, eine neue Möglichkeit, sich für die Zukunft fit zu machen. Die Rede ist vom steuerfreien Qualifizierungsgeld. Die Agentur für Arbeit zahlt diese Entgeltersatzleistung für eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit, die für eine Weiterbildung von mindestens 120 Stunden genutzt wird. Der Clou dabei: Das Qualifizierungsgeld ist steuerfrei, unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt (§ 82a – 82c SGB III, § 3 Nr. 19 Satz 1 Buchstabe a EStG, § 3 Nr. 2 Buchstabe a EStG, § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG).

Arbeitgeber müssen die Kosten der Weiterbildung tragen, die dank § 3 Nr. 19 EStG ebenfalls steuerfrei sind. Die Auszahlung des Qualifizierungsgeldes erfolgt durch den Arbeitgeber, ähnlich dem Kurzarbeitergeld. So soll eine reibungslose Abwicklung garantiert werden. Wichtig: Die Weiterbildungsmaßnahme darf maximal 3,5 Jahre dauern, damit sie förderfähig bleibt (Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung vom 17. Juli 2023 (BGBl. I 2023 Nr. 191)).

Wachstumschancengesetz – Chancen und Herausforderungen

Das Wachstumschancengesetz markiert einen bedeutenden Schritt in der Weiterentwicklung der deutschen Wirtschaftslandschaft, und für Unternehmer ist es unerlässlich, die Auswirkungen dieses Gesetzes genau zu verstehen. Die Neuerungen bringen aber auch Herausforderungen mit sich. Die steuerlichen Entlastungen und die Anpassungen bei der Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen erfordern eine präzise Planung und Anpassung an die neuen Regelungen. Für kleinere Unternehmen könnte dies eine zusätzliche Belastung darstellen, da die administrativen Anforderungen steigen, um alle Vorteile des Gesetzes nutzen zu können. Auch die geplanten Änderungen im Bereich des Lohnsteuerabzugsverfahrens und der Abschmelzung von Steuervergünstigungen erfordern eine eingehende Auseinandersetzung, um negative Überraschungen zu vermeiden.

Positiv hervorzuheben ist jedoch die Flexibilität, die das Gesetz für viele Unternehmen bringt, die sich in einem strukturellen Wandel befinden oder innovative Geschäftsmodelle entwickeln. Die Senkung der bürokratischen Hürden und die Anpassungen im Bereich der Gruppenunfallversicherung oder der steuerlichen Behandlung von Qualifizierungsgeldern tragen dazu bei, die unternehmerische Freiheit zu stärken und die finanzielle Belastung zu mindern. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Wachstumschancengesetz ein gut gemeinter Versuch ist, den unternehmerischen Alltag zu erleichtern, aber die Umsetzung wird je nach Unternehmensgröße und Branche unterschiedliche Herausforderungen mit sich bringen. Der Schlüssel zum Erfolg wird darin liegen, die Chancen dieser Reform zu erkennen und gleichzeitig die bürokratischen Hürden zu überwinden.

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