Wertstellung bei der Ist-Versteuerung – vom richtigen Zeitpunkt
Sind Sie Ist-Versteuerer und erklären Ihre Umsätze in der Umsatzsteuer nach Geldeingang? Wissen Sie, wann Ihnen das Geld zugeflossen ist? Zum Zeitpunkt der Wertstellung der Bank oder zum Zeitpunkt der Buchung auf dem Bankkonto?
Meistens stellt sich die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt gar nicht, da die Wertstellung der Bank und die tatsächliche Buchung auf dem Bankkonto jeweils deutlich in einen bestimmten Veranlagungszeitraum fallen. Schwer hingegen wird es für Ist-Versteuerer in Grenzfällen abzuwägen. Also dann, wenn nicht klar ist, ob der Umsatz am letzten Tag des Jahres oder am Anfang des neuen Jahres zugeflossen ist. Ein neues Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.08.2023 gibt Klarheit. In diesem Artikel erhalten Sie alle wichtigen Informationen, um Ihre Umsatzsteuervoranmeldung oder auch Umsatzsteuererklärung korrekt zu erstellen und vor dem Betriebsprüfer sicher dazustehen.
Die Ist-Versteuerung
Falls Sie sich schon immer gefragt haben, warum Sie eigentlich Ist-Versteuerer sind, starten wir kurz mal ganz von vorne.
In §13 UStG definiert der Gesetzgeber, wann die Umsatzsteuer tatsächlich entstanden ist. Hier gibt es u.a. neben den Ausnahmen für Fernverkäufe, die grundsätzliche Unterscheidung zwischen dem Soll-Versteuerer gem. §13 (1) Nr.1a) UStG oder dem Ist-Versteuerer nach §13 (1) Nr.1b) UStG.
Der Soll-Versteuerer muss seine Umsätze in dem Veranlagungszeitraum erklären, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. In der Praxis fallen Rechnungsdatum und Leistungsdatum gerne zusammen, weswegen man sich im Allgemeinen nach der Faustregel richtet: „Wird die Rechnung erstellt, wird der Umsatz erklärt“. Wird das Geld vor der Leistung vereinnahmt, ist dieser Zeitpunkt ausschlaggebend. Sofern jedoch die Umsatzgrenze von 600.000€ im vorangegangenen Jahr nicht überschritten wurde, kann gem. §20 Nr.1 UStG der Umsatz nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Versteuerung) ermittelt werden.
Als Ist-Versteuerer erklären Sie Ihren Umsatz, wenn er Ihnen zufließt. Dabei ist es egal, wann Sie Ihre Leistung ausgeführt haben und wann Sie die Rechnung geschrieben haben. Verwechseln Sie jedoch nicht die Ist-Versteuerung mit dem Zufluss-Abflussprinzip aus der Einkommensteuer gem. §11 EStG. Das Einkommensteuerrecht hat keinen Einfluss auf das Umsatzsteuerrecht. Beide können im Ergebnis voneinander abweichen, insbesondere auf der Seite der Ausgaben.
Das BFH‑Urteil vom 17.08.2023
Im Fall des BFH-Urteils vom 17.08.2023 in der Revision aus dem vorgehenden Fall des Finanzgericht ging es zwischen dem FA und dem Steuerpflichtigen um Entgelte für Umsätze, die dem Steuerpflichtigen mit Wertstellung zum 31.12.2019 auf seinem Konto verzeichnet wurden. Die Gutschrift hingegen erfolgte am 02.01.2020 auf seinem Konto.
Der Steuerpflichtige hatte seine Entgelte für steuerbare Umsätze im Jahr 2020 erklärt. In der Umsatzsteuersonderprüfung kam jedoch das FA zum Schluss, die Umsätze nach Wertstellung der Bank und demnach im Jahr 2019 zu erklären. Das FG entschied zugunsten des Steuerpflichtigen, das Urteil ging in Revision.
Die Wertstellung durch die Bank
Wichtig für den Fall ist die Unterscheidung auf dem Bankkonto zwischen Wertstellung und Buchung durch die Bank. Beide Zeitpunkte können aber auf einen Tag fallen. In der Regel finden im normalen Tagesgeschäft beide Begrifflichkeiten kaum Beachtung. Sind Sie Ist-Versteuer, sollten Sie sich spätestens jetzt damit auseinandersetzen.
Das Wertstellungsdatum der Bank oder auch Valuta, ist für die Bank der Zeitpunkt, an dem die Zinsberechnung startet. Nicht zwingend kann der Kontoinhaber zu diesem Zeitpunkt auch über das Geld verfügen.
Die Verfügung über das Geld erfolgt erst mit der tatsächlichen Buchung auf dem Bankkonto, das ist der Zeitpunkt der Gutschrift.
Folgen aus dem BFH-Urteil
Fraglich ist jedoch im vorliegenden Fall, ob der Zufluss, also die Vereinnahmung des Geldes, bereits zur Wertstellung der Bank gegeben ist. Zwar kann der Kontoinhaber zum Zeitpunkt der Wertstellung nicht über das Geld verfügen – ist es ihm dennoch zugeflossen?
Das Finanzamt argumentierte gegen den Steuerpflichtigen, der seinen Umsatz zum Zeitpunkt der Gutschrift auf seinem Konto im Jahr 2020 erklärte, wie folgt:
„Nicht erforderlich sei, dass der Empfänger über den gutgeschriebenen Betrag frei verfügen könne. Während die Buchung nur ein Verwaltungsvorgang sei, müsse das Geld zur Wertstellung bei der Bank auch vorhanden sein. Somit sei das Entgelt am 31.12.2019 (…) vereinnahmt worden.“
Das Finanzgericht entschied im Interesse des Steuerpflichtigen und gab dem Finanzamt nicht statt. Der BFH hatte die gleiche Ansicht wie das Finanzgericht.
Zunächst stellte der BFH noch einmal klar, dass die Wertstellung den Zeitpunkt angibt, zu dem der gebuchte Betrag zinswirksam wird und eine von der Gutschrift unabhängige Buchung ist. Weiter führt der BFH an, dass der Betrag dem Kontoinhaber erst mit der Buchung der Gutschrift zur Verfügung steht, da er erst ab diesem Zeitpunkt über den Betrag verfügen kann. Die Wertstellung ist für die Vereinnahmung im Sinne von § 13 UStG unbeachtlich. Maßgeblich ist, dass über die Gegenleistung (der vereinnahmte Betrag) wirtschaftlich verfügt werden kann (BFH-Urteil vom 22.06.2021). Das wiederum erfordert die Verfügungsmöglichkeit über den gutgeschriebenen Betrag und nicht nur eine auf die Zinswirksamkeit bezogene Wertstellung. Ebenso ist es für die Gutschrift nicht relevant, ob die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird.
Der BFH gab damit dem Steuerpflichtigen recht. Der Zeitpunkt der Vereinnahmung ist der Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto. Das ist der Zeitpunkt, an dem der Kontoinhaber auch über das Geld verfügen kann.
Fazit für die Ist-Versteuerung
Sind Sie als Unternehmer in der Ist-Versteuerung, werfen Sie bei der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldung oder der Umsatzsteuererklärung unbedingt einen Blick auf Ihre Umsätze, die am Ende oder am Anfang des Voranmeldezeitraums oder Veranlagungszeitraums liegen. Grenzen Sie den Zeitpunkt der Wertstellung vom Zeitpunkt der Gutschrift auf ihrem Konto ab.