Digitale Transformation

Auf dem Weg zur smarten Fabrik: Best Practice Digitalisierung in der Produktion

digitale Produktionsplanung

Serie „Digitalisierung im Unternehmen“, Teil 5:

Interview: Digitalisierung in der Produktion.

Michael BenningerDie Digitalisierung ist derzeit in aller Munde. Sie gilt als Ausgangspunkt für die vierte industrielle Revolution, die so genannte Industrie 4.0. Im Zuge von Automatisierung und intelligenter Vernetzung lenkt insbesondere die Automobilbranche die Aufmerksamkeit auf sich. Wie in kaum einem anderen Wirtschaftszweig treffen hier Serienfertigung und der Wunsch nach maximaler Individualisierung aufeinander. Hinzu kommen höchste technische Ansprüche, gepaart mit strengen Sicherheitsvorgaben und Qualitätsrichtlinien. Vor allem die Zulieferindustrie steht unter einem enormen Wettbewerbsdruck. Sie besteht mehrheitlich aus kleinen und mittleren Betrieben, die sich dank ihrer überschaubaren Prozesse und ihrer Flexibilität häufig gegen die weniger agilen Konzerne durchsetzen. Um sich auf dem Weg zur smarten Fabrik auch weiterhin behaupten zu können, muss sich die Branche den Herausforderungen der Industrie 4.0 stellen. So wie das kunststoff- und metallverarbeitende Unternehmen Promotech aus dem österreichischen Schalchen, das weltweit für Zulieferer der Automobilindustrie hochpräzise Kontaktbauteile vollautomatisiert fertigt.

Wir haben mit Michael Benninger gesprochen, der bei Promotech für die Vernetzung eingesetzter Systeme sowie der digitalen Durchgängigkeit im Unternehmen zuständig ist. Essenziell ist für ihn, neue Lösungsansätze und Technologien frühzeitig und vor allem erfolgreich in die Praxis umzusetzen.

1. Herr Benninger, Sie fertigen unter anderem Kontaktbauteile für Parksensoren. Mit Ihren derzeit ca. 250 Mitarbeitern ist es Ihnen gelungen, Weltmarktführer zu werden. Was machen Sie anders als die anderen? Und welche Rolle spielt das Thema Digitalisierung dabei?

PromotechDie Innovation bei der Firma Promotech liegt nicht im Bereich der Produkte, sondern in der Produktion und deren Prozessabläufen. Das Unternehmen fertigt und montiert mittels vollautomatisierten Fertigungsstraßen Funktionsbauteile für die Automobilindustrie wie beispielsweise Parksensorgehäuse, Messerleisten, usw. Im Zuge des Produktionsprozesses wird zudem jedes produzierte Funktionsbauteil mit je für das Produkt spezifizierten Prüfeinrichtungen kontrolliert und automatisch verpackt. Die vollautomatische Fertigung hat die Firma Promotech in den letzten 10 Jahren den Vorsprung gegenüber den direkten Mitbewerb gesichert, um den Wettbewerbsvorsprung auch in der Zukunft sicherstellen zu können, muss nun der nächste Schritt gesetzt werden und der Weg der Digitalisierung beschritten werden. Die anfallenden Daten müssen System- und hierarchieübergreifend genutzt werden. Dazu ist es erforderlich die vorhandenen IT-Systeme miteinander zu vernetzen. Die übergreifende Datennutzung und die Vernetzung der Systeme wird es Promotech ermöglichen noch schneller auf Veränderungen reagieren zu können und damit effizienter und vor allem noch besser die Anforderungen der Kunden zu erfüllen. Als Fazit kann folgendes gesagt werden, die Automatisierung ist die Basis für den aktuellen Erfolg und die Digitalisierung ist der Grundstein für den zukünftigen Erfolg und Wettbewerbsvorteil.

2. Wenn Sie den Fertigungsprozess vor zehn Jahren mit den heutigen Abläufen vergleichen – was hat sich geändert? Und wo liegen dabei die Chancen, insbesondere für KMU?

In den letzten zehn Jahren ist der Automatisierungsgrad in der Fertigung massiv angestiegen. Dieser Trend wurde durch die gestiegenen Anforderungen und den herrschenden Kostendruck verursacht. Unternehmen die in der Automobilindustrie tätig sind, werden mittelfristig ohne einen hohen Automatisierungsgrad in der Produktion nicht mehr wettbewerbsfähig sein.

Aktuell stehen wir vor der vierten Industriellen Revolution oder anders ausgedrückt vor der Digitalisierung der Prozesse in den Unternehmen. Dieser Umstand ist eine ausgezeichnete Chance für KMU Betriebe auch gegenüber Konzerne einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Dieser Umstand ist darin geschuldet, dass bei KMU-Betrieben die Systemlandschaft viel einfacher bzw. übersichtlicher ist. Bei Konzernen kommt es aufgrund von Akquisitionen und verschiedenen Sparten sehr häufig vor, dass verschiedene gleichwertige Systeme zum Einsatz kommen wie beispielsweise ERP-, CAQ-, BDE-, usw. Systeme. Dieser Umstand erschwert es natürlich den Konzerne Prozesse standardisiert und flächendeckend zu digitalisieren. Diesen Umstand müssen die KMU-Betriebe nutzen und schneller als Konzerne die digitale Durchgängigkeit im Unternehmen umsetzen!

3. Die so genannte smarte Fabrik zielt darauf ab, kundenindividuelle Produkte auch in Kleinstmengen zu fertigen. Und das zu einem vertretbaren Preis. Intelligent vernetzte Systeme und das Internet der Dinge spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Was ist darunter zu verstehen? Und wie funktioniert das genau?

Im Zuge der vierten Industriellen Revolution wird auch von intelligenten, kundenindividuellen Produkten gesprochen. Den Trend zu individuellen Produkten sieht man auch heute schon, durch die Vernetzung der Systeme hierachie- und firmenübergreifend werden die Möglichkeiten zur kundenindividuellen Fertigung noch um ein Vielfaches mehr werden. Der Kunde wird in Zukunft kurz vor der Produktion bzw. auch während der Produktion noch Veränderungen vornehmen können, da durch die diversen Systemvernetzungen das Produkt individuell durch die Produktion gesteuert werden kann.

In diesen Zusammenhang ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Trend zu kundenindividuellen Produkten speziell im Bereich des Endkundengeschäftes Einzug erhalten wird. Unternehmen wie die Firma Promotech werden von diesem Trend nicht betroffen sein. Da hier im Vordergrund die Funktion der zu produzierenden Komponenten steht. Auch wenn in der Automobilindustrie das Endprodukt, sprich das Fahrzeug, immer mehr individualisiert wird, hat das keine Auswirkungen auf die produzierten Komponenten der Firma Promotech. Auch ein höchst kundenindividuelles Fahrzeug benötigt Parksensoren, Airbags, usw.

4. Wenn die Geräte ihre Daten selbst austauschen und einzelne Systeme miteinander kommunizieren, werden Produktionsmitarbeiter dann nicht überflüssig? Steht also der Kampf „Mensch vs. Maschine“ unmittelbar bevor?

Diese Thematik sehe ich überhaupt nicht, das ist eine von den Medien und diversen Arbeitnehmerverbänden aufgeschaukelte und falsch kommunizierte Tatsache. Durch die Digitalisierung wird sich natürlich die Arbeit und deren Inhalte verändern, aber eine menschenleere Fabrik sehe ich nicht! Die Arbeitsinhalte werden komplexer und interdisziplinärer was als Folge eine dezentrale Steuerung erforderlich macht. In der digitalen Fabrik werden die Anlageneinsteller durch intelligente Assistenzsysteme unterstützt und treffen selbst Entscheidungen, welche in einer konventionellen Fabrik normalerweise die Produktionsplanung bzw. Produktionsleitung treffen würde. Das erfordert natürlich auch von den Mitarbeitern ein Verständnis wie die Vernetzung und die Systeme im Unternehmen zueinander korrelieren. Folglich müssen sich Unternehmen damit auseinander setzen welche Schulungen MA im Kontext der Digitalisierung noch benötigen werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, jede Veränderung stellt Herausforderungen dar, aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass diese Herausforderungen bewältigbar sind und bis jetzt hat noch jede industrielle Revolution insgesamt gesehen Arbeitsplätze geschaffen und nicht überflüssig gemacht!

Promotech

Vollautomatisierte Fertigungsstraßen bei Promotech

5. Der Faktor Mensch wird beim Thema Digitalisierung immer wieder thematisiert. Mal abgesehen von den produktionsintensiven Unternehmensbereichen befürchten Kritiker, dass auch zunehmend in administrativen Bereichen Roboter Arbeitsplätze ersetzen könnten. Welche Rolle kommt den Mitarbeitern in der Industrie 4.0 aus Ihrer Sicht denn konkret zu?

Digitalisierung

Bild: Promotech

Wie auch in der vorherigen Frage schon kurz thematisiert wird sich die Arbeit und deren Inhalte verändern, das gilt nicht nur für die Produktion, sondern für alle Bereiche der Berufswelt. Die Arbeitswelt von morgen wird maßgeblich durch vernetzte und digitale Technologien geprägt sein. Komplexe und wissensintensive Aufgaben werden zunehmen, dies gilt für alle Mitarbeiter, unabhängig in welchen Bereich oder Branche sie tätig sind. Eingesetzte Assistenzsysteme ermöglichen die durch die Digitalisierung anfallenden, entscheidungsrelevanten Daten so aufzubereiten, dass sie der Mitarbeiter als Grundlage für die Entscheidungsfindung nutzen kann. Die Mitarbeiter werden in Zukunft auch dezentral mehr Entscheidungen treffen, damit ergibt sich zwangsläufig für die Mitarbeiter eine höhere Verantwortung. Mitarbeiter werden in Zukunft generell mehr die Steuerfunktion übernehmen.

6. Während große Konzerne die smarte Fabrik bereits Wirklichkeit werden lassen, steckt die Digitalisierung der Produktion bei mittelständischen Unternehmen häufig noch in den Kinderschuhen. Auch wenn es bereits zahlreiche Leuchtturmprojekte gibt, kommt das Gros der KMU noch nicht über die Planungsphase hinaus. Fehlende finanzielle Mittel und mangelnde Manpower gelten als die größten Hindernisse hin zur Industrie 4.0. Welche Voraussetzungen müssen kleine und mittlere Unternehmen mitbringen, um den Sprung hin zur digitalen Produktion erfolgreich zu meistern? Und wo liegen die größten Stolpersteine?

Ich sehe nicht, dass Konzerne flächendeckend die smarte Fabrik bereits Wirklichkeit werden lassen, auch Konzerne kämpfen in den meisten Fällen noch mit den Herausforderungen der Digitalisierung. Die Herausforderungen und Stolpersteine sind für kleine und mittlere Unternehmen die selben wie für Konzerne.

Konkret sehe ich folgende Themenblöcke als die Herausforderungen im Kontext der Digitalisierung:

  • Technische Infrastruktur
  • Standardisierung
  • Systemkomplexität
  • Datenmenge / Nutzung von Daten
  • IT-Sicherheit
  • Arbeitsumfeld / Mitarbeiter (Faktor MENSCH!)

7. Die Produktion wird komplexer, anspruchsvoller und individueller. Betroffen davon sind alle Teile der Wertschöpfungskette. Nicht nur die Fertigung an sich muss automatisiert und vernetzt arbeiten, sondern auch Einkauf & Logistik, Vertrieb und Fakturierung. Software-Unterstützung ist dabei unverzichtbar. Was müssen entsprechende Anwendungen für KMU leisten können, um die Betriebe auf dem Weg zur Industrie 4.0 effizient zu unterstützen?

Diese Frage ist nicht pauschal beantwortbar. Da jedes Unternehmen, individuelle Rahmenbedingungen und daraus abgeleitet Anforderungen an die eingesetzte Software-Unterstützung hat. Jedes Unternehmen muss daher selbständig die für den Anwendungsfall geeignete Software auswählen. Das ist auch der große Vorteil für KMU im Bereich der Digitalisierung. Es gibt kein fertiges Konzept, auch Konzerne müssen sich selbstständig mit dem Thema auseinandersetzen und können kein fertiges Konzept beziehen. Gleichzeitig haben es die KMU-Betriebe es leichter die Digitalisierung auszurollen, da die Systemkomplexität in Konzernen um ein vielfaches höher ist.

Über Promotech

Completing innovations: Wir denken anders. Das ist das konsequente Leitbild von Promotech als spezialisierter Partner für die Automobilindustrie. Seit 1995 hat sich das Unternehmen mit heute 250 Mitarbeitern mit der vollautomatisierten Fertigung hochpräziser Kontaktbauteile erfolgreich im Markt etabliert. Sie sichert die hohen Qualitätsstandards und macht Promotech zum global agierenden, erfolgreichen Partner für die automotive Industrie. Promotech ist mit seiner Spezialisierung auf multifunktionale Gehäuseteile und hochpräzise Kontaktbauteile maßgeblich an der Sicherheit und am Komfort der Fahrzeuge beteiligt und produziert für die Top-Marken der internationalen Automobilindustrie. Dazu zählen u.a. Bosch, Delphi, Fresenius oder Wabco. Mehr Informationen zum Unternehmen finden Sie unter www.promotech.at

Serie Digitalisierung im Unternehmen:

In unserer Serie informieren wir Sie darüber, wie sich Digitalisierung innerhalb der Unternehmensbereiche vollzieht, wie sich bereichsübergreifende Prozesse optimieren lassen und wie Sie Ihr Unternehmen zukunftsfähig machen können, erfahren Sie in unserer kommenden Serie „Von der Bestellung zum Kunden: Digitalisierung im Unternehmen“.

Zu jedem Thema geben wir Ihnen nützliche Helfer und Checklisten zu den wichtigsten Themen und To Dos in Sachen Digitalisierung an die Hand. Wenn Sie nichts verpassen wollen, tragen Sie sich einfach in unserem Newsfeed ein und folgen unserer Serie.