DigiTales #3 – Unternehmenskultur als Digitalisierungstreiber
Die Digitalisierung eines Unternehmens kann nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen. Wie dies konkret aussehen kann, erzählt Wolfram Michallik am Beispiel seines Unternehmens WERO in Folge 3 von DigitTales.
Die Gründe, weshalb Unternehmen Prozesse digitalisieren, liegen oft im technischen Bereich – beispielsweise, um mit Lieferanten und Kunden auch in Zukunft effizient und reibungslos kommunizieren zu können. In solchen Fällen modernisieren Verantwortliche dann nicht nur die eigene IT, sondern es werden auch zahlreiche Schnittstellen innerhalb der eigenen internen und auch zu externen Systemen geschaffen. Dass aber auch die eigene Innovationskultur ein Treiber für Digitalisierung sein kann, das zeigt der Fall von Wolfram Michallik und WERO. Hören Sie seine Geschichte in Folge 3 von DigiTales.
Vom Psychotherapeuten zum Unternehmer
Wolfram Michallik war ursprünglich Psychotherapeut mit eigener Praxis, bevor er im Jahr 2002 mit 42 Jahren das Familienunternehmen WERO GmbH & Co. KG von seinem Vater übernahm. Der Betrieb stellt Medizinprodukte im Bereich der betrieblichen Ersthilfe her und wurde vor mehr als 60 Jahren gegründet. Motivation für die Übernahme war für unseren Interviewgast vor allem die damalige kritische Situation des Unternehmens. Später musste sich Wolfram Michallik dann den Herausforderungen der digitalen Transformation stellen. Im Interview spricht er mit uns über …
- … die Voraussetzungen einer erfolgreichen Digitalisierung
- … praktische Maßnahmen, die er zur Umsetzung ergriffen hat
- … die Freiräume, die er seinen Mitarbeitern lässt
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Umdenken nach der Wirtschaftskrise
In den Jahren 2008 und 2009 wurde WERO wie viele andere Unternehmen von der Wirtschaftskrise getroffen. Danach erholte es sich zwar wieder. Aber die Situation war trotzdem eine andere als vorher. Insgesamt wurde das Geschäft mühsamer. Wolfram Michallik verzeichnete außerdem eine geringere Lieferantentreue, eine größere Konkurrenz bezüglich Preisen und Online-Handel sowie seitens der Kunden eine wachsende Erwartung von schnellerer Belieferung nach Bedarf. „Das hat uns zum Nachdenken gebracht und im Jahr 2014 sind wir dann sehr tief in strategische Überlegungen eingestiegen.“
Alle müssen mit einbezogen werden
Schon bald wurde klar: Digitalisierung und Transformation funktionieren nicht ohne ein entsprechendes Mindset beziehungsweise eine passende Unternehmenskultur. „Es braucht eine grundsätzliche Veränderungs- und Innovationsbereitschaft. Change ist kein Selbstgänger“, sagt Wolfram Michallik. Damit es gelingt, muss man aus hierarchischen Rollen heraus und das ganze Team mit einbeziehen.
Vor einigen Jahren waren sich auf einem Workshop dann alle Führungskräfte des Unternehmens einig, dass es einer neuen Unternehmenskultur bedarf. Das war der Anfang. Zunächst wurden daraufhin klassische Prozesse digitalisiert: Beispielsweise wurde der Außendienst mit Tablets ausgestattet, auf denen eine betriebseigene Vertriebs-App installiert war.
Neue Unternehmensgründungen zur Marktanpassung
Doch die digitale Transformation blieb für Wolfram Michallik nicht auf das Unternehmen WERO und dessen technologische Modernisierung beschränkt. Die Verantwortlichen haben zusätzliche neue Geschäftsmodelle entwickelt – etwa im Bereich eCommerce durch die Gründung des Tochterunternehmens Flexeo: „Digitalisierung funktioniert nur, wenn man an die Grundfesten des eigenen Geschäftsmodells geht. Flexeo ist so ein Beispiel für eine Ausgründung, wo wir das eigene Geschäftsmodell noch einmal abgebildet haben, aber auf einer vollkommen anderen Basis, nämlich komplett ohne Vertriebsaußendienst“, erklärt der Unternehmer. Auf diese Weise konnte ein neues Preisniveau erreicht und ein neuer Markt erschlossen werden, der zuvor nicht zugänglich war.
Darüber hinaus gab es noch eine zweite Ausgründung, die ebenfalls auf die Digitalisierung einzahlte: die Online-Agentur Upshift Media. „Wir haben eine eigene Online-Agentur gegründet, weil wir gesagt haben, wir brauchen junge, kluge Leute, die versiert sind im Online-Marketing, die eine coole Agentur statt eines Unternehmens suchen“, begründet Wolfram Michallik diesen Schritt. Damit können sowohl interne Kunden aus der eigenen kleinen Unternehmensgruppe bedient werden als auch externe – alleine über WERO wäre das nicht umzusetzen gewesen.
Zeit für Mitarbeiterideen
Unserem Interviewgast ist es beim Thema Digitalisierung im Speziellen, aber auch im Blick auf die unternehmerische Weiterentwicklung im Allgemeinen zudem wichtig, dass Mitarbeiter die Möglichkeit haben, sich selbst einzubringen. Zehn Prozent ihrer Zeit können sie auf eigene Ideen verwenden, wodurch schon viele Weiterentwicklungen von Produkt- und Dienstleistungen realisiert werden konnten. Wer für seine Idee zwei oder drei Mitstreiter unter den Kollegen findet, kann davon ausgehen, dass sie zumindest eine gewisse Substanz hat. „Wenn du keinen findest, dann ist sie vielleicht nicht so gut, das hat sich dann von selbst erledigt“, so Wolfram Michallik. Dieses Vorgehen hat sich bereits nach zwei Jahren ausgezahlt: 20 Projekte waren bereits in der Pipeline und ein Dutzend umgesetzt.
Fehler bei der Digitalisierung
Was die praktische Umsetzung von Digitalisierungsmaßnahmen anbelangt, ist Wolfram Michallik überzeugt: „Der größte Fehler, den man bei der Digitalisierung machen kann ist, sie der IT-Abteilung zu überlassen.“ Zumindest dann, wenn es nicht um Prozess-, sondern die Kundenorientierung geht. Da braucht es vor allem Menschen, die im Kontakt mit den Kunden sind, und weniger einen Fokus auf Technik. Hilfreich ist auch die Frage: „Wenn das eigene Geschäft heute gegründet werden würde und man nicht die ganze Historie hätte, wie würde es dann aussehen?“ Eine solche Hinterfragung des Geschäftsmodells – zu der auch die Analyse von Schwachstellen im Betrieb gehört, also die Frage, wo und wie das Unternehmen angreifbar und verwundbar ist – braucht allerdings die Rückendeckung der obersten Führungsriege. Denn: Nur so kann eine erfolgreiche Business-Transformation gelingen.