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EU plant Reformierung der Mehrwertsteuersysteme

In der Europäischen Union soll die größte Reform der Umsatzsteuer seit Einführung des EU-Binnenmarktes stattfinden. Es soll dabei helfen, den Mehrwertsteuerbetrug wirksamer zu bekämpfen.

Bereits im Oktober 2017 hat die EU-Kommission Pläne für die größte Reform der Mehrwertsteuervorschriften angestoßen, die im Jahre 2018 zu einem Reformvorschlag führten. Dadurch soll ein einheitliches und abgestimmtes Umsatzsteuersystem innerhalb der EU gewährleistet sein.

Unter den Mitgliedstaaten besteht der Reformwille, das System zu vereinfachen, um den Handel mit Waren über EU-Binnengrenzen hinweg nach dem Bestimmungslandprinzip genauso zu besteuern, wie den Handel innerhalb eines Mitgliedslandes. Erklärtes Ziel ist es, dass mit der Abschaffung der Befreiung des innergemeinschaftlichen Handels von der Steuer bis zu 80 Prozent des Umsatzsteuerbetrugs verhindert werden sollen.

Die erste Phase der Harmonisierung des EU-Mehrwertsteuersystems ist angelaufen. Das bestehende System wurde um etliche Voraussetzungen für die Steuerbefreiung erweitert (Stichwort: „Quick Fixes“). So sind die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die Zusammenfassende Meldung seither notwendige, materielle Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Weitere Regelungen betreffen Reihengeschäfte und Konsignationslager.

Insbesondere den Online-Handel betreffend, sollten zum 01.01.2021 Änderungen erfolgen. Diese wurden jedoch durch die Coronapandemie bedingt auf den 01.07.2021 verschoben:

  • Lieferung an Nichtunternehmer
  • Versandhandel über elektronische Schnittstellen
  • Besonderheiten zur Besteuerung bei der Einfuhr
  • Innergemeinschaftliche B2C Dienstleistungen
  • One-Stop-Shop (OSS)

Neues Mehrwertsteuersystem

Die Reform sieht vor, dass die Besteuerung von Warenlieferungen innerhalb der EU bis zum Jahr 2022 auf das sogenannte „Bestimmungslandprinzip“ umgestellt werden. Die Folge: Statt dem bisherigen Herkunftslandprinzip gilt dann das Bestimmungslandprinzip. Dadurch wird die endgültige Umsatzsteuer durch das exportierende Unternehmen im Land des Endverbrauchers zu dem dort geltenden Steuersatz abgeführt.

Beispiel einer Lieferung von Deutschland nach Österreich:

Ein deutscher Lieferant muss – wie bei einer reinen Inlandslieferung – die Umsatzsteuer auf seine Lieferungen abführen. Die Besteuerung erfolgt im Bestimmungsland, in diesem Fall Österreich. Der Lieferant wendet also den Umsatzsteuersatz des Mitgliedstaats seines Kunden an und stellt diese in Rechnung.

Um die Bürokratie mit der ausländischen Finanzbehörde für den deutschen Lieferanten so gering wie möglich zu halten, soll die Umsatzsteuer im Heimatmitgliedsstaat angemeldet und abgeführt werden. Das bereits für grenzüberschreitende elektronische Dienstleistungen bestehende One-Stop-Shop Verfahren (OSS) soll zu diesem Zweck auf Warenlieferungen ausgeweitet werden.

Zentrales Meldeportal

Für die grenzüberschreitend tätigen Unternehmen soll ein Online-Portal als zentrale Anlaufstelle geschaffen werden, über das in der jeweiligen Landessprache und nach den Regeln und administrativen Mustern des Heimatlandes die Steuerklärungen abgeben und Zahlungen durchgeführt werden können.

Certified Tax Payer

Ein weiteres wichtiges Element ist der „Zertifizierte Steuerpflichtige“ (Certified Tax Payer). Nur wenn es sich bei dem Kunden um einen zertifizierten Steuerpflichtigen handelt, ist der Käufer der Waren mehrwertsteuerpflichtig.

Für „Zertifizierte Steuerpflichtige“ soll das Reverse Charge Verfahren für grenzüberschreitende Warenlieferungen gelten, wonach der Käufer mehrwertsteuerpflichtig für die in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gegenstände ist.

Fazit:

Beide Kammern von EU-Kommission und EU-Rat sind sich bewusst, dass die Umsetzung der Reform mehrere Jahre beanspruchen wird. Leider verursachen die derzeitigen Schwachstellen durch grenzüberschreitenden Betrug Mehrwertsteuereinbußen von rund 50 Mrd. EUR pro Jahr. Aus Sicht der EU ein nicht hinnehmbarer Fakt. Deshalb ist es Zeit zu handeln, auch wenn mit einer endgültigen Umstellung des Mehrwertsteuer-Systems wohl frühestens 2026 zu rechnen sein wird.

Weitere Informationen finden sie auf der Seite der EU Kommission.