Lohnsteuerliche Abrechnung behördlicher Erstattungsbeträge für Verdienstausfallentschädigung in 2023
Sie haben Ihren Mitarbeitern nach dem Infektionsschutzgesetz eine Verdienstausfallentschädigung gezahlt, aber die Erstattungsbehörde kommt zu einem anderen Ergebnis? Das BMF schafft Klarheit und Erleichterung.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 25. Januar 2023 ein Schreiben veröffentlicht, welches Klarheit bei der Abrechnung der Verdienstausfallentschädigung und dem behördlichen Erstattungsbetrag nach § 56 IfSG schaffen soll. Denn oft kam es in Unternehmen zu Corona- sowie damit einhergehenden Quarantänefällen. Nicht selten gibt es deswegen Fälle mit Abweichung zwischen Verdienstausfallentschädigung und dem Erstattungsbetrag. Die entscheidende Frage dabei: Wäre eine Korrektur in den Kalenderjahren 2020 bis 2023 noch möglich, wenn grundsätzlich nach § 41c (3) EStG eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr zulässig ist?
Verdienstausfallentschädigung durch Infektionsschutzgesetz
Im Rahmen der Pandemie wurde das Infektionsschutzgesetz erlassen, um die Weiterverbreitung frühzeitig erkennbarer Infektionen zu verhindern gemäß § 1 (1) IfSG. Mitunter zählen darunter auch die Quarantänemaßnahmen für Arbeitnehmer, die als ansteckungsverdächtig gelten – ohne krank zu sein – oder auch Tätigkeitsverboten unterliegen laut § 31 IfSG. In solchen Fällen greift grundsätzlich die Verdienstausfallentschädigung nach § 56 (1) IfSG. Der Arbeitgeber tritt zunächst in Vorleistung und zahlt dem Arbeitnehmer die Verdienstausfallentschädigung aus. Auf Antrag bekommt der Arbeitgeber die gezahlte Verdienstausfallentschädigung wieder erstattet. Die Verdienstausfallentschädigung ist zwar steuerfrei gemäß § 3 Nr. 25 EStG, aber unterliegt dem Progressionsvorbehalt und muss vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufgezeichnet werden.
Höhe der Verdienstausfallentschädigung
Die Entschädigungsbehörde bestimmt nicht nur, ob eine Verdienstausfallentschädigung in Frage kommt, sondern auch die Höhe. Ab diesem Punkt wird es für den Arbeitgeber komplex, denn nicht selten sind Arbeitgeber und Entschädigungsbehörde zu abweichenden Ergebnissen gekommen.
Eine schwierige Situation, in der sich der Arbeitgeber befindet, denn er ist auf Grundlage seiner Berechnung in Vorleistung getreten. Hat der Arbeitgeber zu viel Lohnsteuer erhoben, ist er gemäß § 41c (3) EStG verpflichtet, die zu viel erhobene Lohnsteuer im nächsten Lauf der Lohnzahlung wieder zu erstatten. Änderungen sind maximal bis zum Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung zulässig laut § 41c (3) EStG. Ist die Lohnsteuerbescheinigung bereits übermittelt – ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Denn laut R41c.1 (7) LStR scheidet dann eine Änderung des Lohnsteuerabzugs komplett aus.
Von diesem genannten Grundsatz weicht das BMF zunächst auch nicht ab. Schließlich wird eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht dadurch gerechtfertigt, dass es eine nach der Übermittlung beziehungsweise Ausstellung der Lohnsteuerbescheinigung bekanntgewordene Abweichung der Entschädigungsbehörde von der ursprünglichen Berechnung gibt. Insoweit handelt es sich nicht um die (zulässige) bloße Korrektur eines zunächst unrichtig übermittelten Datensatzes gemäß R 41c.1 Absatz 7 Satz 2 LStR.
Ausnahmen
Dennoch gibt es Ausnahmen, die das BMF getroffen hat und unter folgenden 2 Fällen subsumiert:
- Unzutreffende Lohnversteuerung
- Unzutreffende Steuerfreistellung
Zu 1: Unzutreffende Lohnversteuerung
Eine unzutreffende Lohnversteuerung liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber mehr Lohn beispielsweise in Höhe der von ihm errechneten Erstattung auszahlt. Das heißt, dass dieser „Mehrlohn“ auch versteuert wird, obwohl die Verdienstausfallentschädigung wie oben erwähnt nach § 3 Nr. 25 EStG steuerfrei ist. In diesem Fall, wenn zu viel Lohnsteuer einbehalten wurde, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt zu erfüllen gemäß § 41c (4) EStG. Der Arbeitnehmer holt sich die zu viel entrichtete Lohnsteuer im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung über einen Erstattungsantrag laut H41c.1 LStH zurück.
Zu 2: Unzutreffende Steuerfreistellung
Dieser Fall ist im Vergleich zum ersten Fall die umgekehrte Variante. Der Arbeitgeber ist der Annahme, dass die von ihm berechnete Verdienstausfallentschädigung steuerfrei ist und führt darauf keine Lohnsteuer ab. Im Nachgang jedoch lehnt die Erstattungsbehörde den Erstattungsantrag des Arbeitgebers entweder ab oder erstattet einen niedrigeren Betrag als vom Arbeitgeber berechnet. In der Folge ist die Differenz zum tatsächlich von der Erstattungsbehörde bewilligten Betrag lohnsteuerpflichtig und somit Arbeitslohn. Der Arbeitgeber hat also die darauf entfallene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten, die eintreten können. Entweder fordert der Arbeitgeber die zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung vom Arbeitnehmer zurück oder verzichtet auf die Rückzahlung.
In der ersten Variante – die der Rückforderung des Arbeitgebers – mindert der Rückforderungsbetrag im Jahr der Rückzahlung die für das Kalenderjahr unter Nummer 15 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigenden Leistungen. Die den bescheinigten Leistungen übersteigenden Beträge müssen dann mit einem Minuszeichen eingetragen werden.
In der zweiten Variante, wenn der Arbeitnehmer also auf eine Rückzahlung verzichtet, handelt es sich nicht um eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a, Nr. 11b oder Nr. 11c EStG. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsstättenfinanzamt unter Angabe der persönlichen Daten des betreffenden Arbeitnehmers sowie die zutreffenden Werte unverzüglich schriftlich anzeigen gemäß R41c.2 LStR.
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Bürokratieabbau durch Nichtbeanstandung
In den Fällen der unzutreffenden Steuerfreistellung bei Verzicht auf Rückzahlung des Arbeitgebers, kann der Bürokratieaufwand im Unternehmen erheblich steigen. Aus diesem Grund hat das BMF sich auf eine Grenze von 200 Euro pro Quarantänefall festgelegt. Alle zu viel gezahlten Verdienstausfallentschädigungen, die eine Differenz zu der vom Arbeitgeber gezahlten und steuerfrei behandelten Entschädigung nicht übersteigt, werden bei einer ausbleibenden Anzeige nicht beanstandet. Ebenso wird zudem von einer Nachforderung beim Arbeitgeber der zu gering erhobene Lohnsteuer abgesehen. Somit ist auch keine Korrektur in der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers notwendig.
Schauen Sie genau hin!
Prüfen Sie Ihre Fälle in Ihrer HR-Software. Grenzen Sie ab, in welchem Fall Sie gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt tätig werden müssen, und welchen Aufwand Sie sich sparen können.