Unternehmensnachfolge

Nachfolgeregelung in Unternehmen: Management-Buy-In

Die angespannte Nachfolgesituation in deutschen Unternehmen/Familienunternehmen haben wir schon mehrfach thematisiert. Allein bis Ende 2019 soll laut einer KfW-Studie bei ca. 100.000 kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) eine Nachfolge in der Unternehmensleitung etabliert sein, obwohl deren Suche bisher ergebnislos ist oder überhaupt noch nicht begonnen wurde. Der höchste Anteil an älteren Inhabern findet sich übrigens Schleswig-Holstein, Thüringen und Baden-Württemberg. Es gibt keine zentrale, nationale „Problemzone“, was die Nachfolgeregelung betrifft.

Neben dem klassischen Weg des Unternehmensverkaufs tauchen in diesem Bereich seit einigen Jahren vermehrt Buzzwords auf. Dazu gehören Management-Buy-Out (MBO) und Management-Buy-In (MBI). Letzteres wollen wir nachfolgend etwas näher beleuchten.

Management-Buy-In: Definition und Wandel

Management-Buy-In bezeichnet das Prinzip, in welchem ein externes Management oder eine externe Einzelperson mit Hilfe von Investoren ein Unternehmen – oder zumindest die Mehrheit daran – erwirbt und als neue Unternehmensleitung fungiert. Der entscheidende Unterschied zum Management-Buy-Out besteht darin, dass hier der Inhaber- und Führungswechsel intern erfolgt.

Die ursprüngliche Grundidee des MBI beruht auf einem Szenario, in dem ein Unternehmen sich in einer Krisensituation befindet oder ihr entgegensteuert – aus unterschiedlichsten Gründen. Mit neuem Kapital und neuer Leitung soll der Betrieb aus der Krise heraus und langfristig wieder zum Erfolg geführt werden. Dabei war es bis vor einigen Jahren durchaus der Regelfall, dass das neue, externe Management aus der gleichen oder einer verwandten Branche kam. Im Sinne einer Nachfolgeregelung und aus Sicht des Verkäufers ein nachvollziehbares Kriterium.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Das MBI-Modell bedeutet nicht automatisch, dass entsprechende Kandidaten zu den „Anforderungsprofilen“ der Unternehmen auf Nachfolgesuche passen.

Welche Risikofaktoren können beim MBI auftreten?

  • Motivation des Unternehmers: Mittlerweile sind es größtenteils ehemalige Manager größerer Konzerne oder Betriebe, die sich mithilfe von Investoren in der Lage sehen, die Nachfolge in mittelständischen Unternehmen anzutreten. Doch ein strauchelndes Unternehmen mit eigenem Know-how und Investitionspartnern wieder in die Spur zu bringen, ist für einen Unternehmer etwas völlig anderes, als ein gesundes Unternehmen expandieren zu lassen. Die Motivation des potenziellen Nachfolgers sollte von beiden Seiten hinterfragt werden. Liegt sie mehr in persönlichen Zielen oder in Zielen des Unternehmens begründet und wie verhält sich beides zueinander?
  • Mangelnde Kenntnisse des Unternehmers: Mangelnde bis keine Branchenkenntnisse sind kein neuer, aber immer größer werdender Risikofaktor beim Management-Buy-In – vor allem im herstellenden Gewerbe. Ein Aspekt, der beim MBO so gut wie keine Rolle spielt.
  • Ein weiterer Risikofaktor bei MBI: mangelnde unternehmerische Kenntnisse. Die Verantwortung für eine Abteilung oder beispielsweise auch eine große Marke innerhalb eines Konzerns beansprucht zum Teil sehr unterschiedliche Skills im Vergleich zur Leitung eines eigenen Unternehmens. Die Verantwortung für einen Etat ist etwas völlig anderes als die direkte Verantwortung für Mitarbeiter und deren Familien.

Wer einen Unternehmensnachfolger sucht, sucht nicht in erster Linie einen neuen Manager, sondern einen neuen Unternehmer, der außerdem auch ein fähiger Manager ist.

Finanzierung muss passen

Nicht wenige Nachfolger setzen beim Generationswechsel auf eine konservative Finanzierung etwa durch Banken. Das ist nachvollziehbar, denn eine Unternehmensübernahme im Mittelstand ist in der Regel kein Spekulationsobjekt für kurzfristige Renditen. Dennoch sollte man sich als potenzieller Nachfolger vergegenwärtigen, wofür die Geldmittel benötigt werden.

Ein großer Teil wird natürlich für den Kauf des Unternehmens gebraucht. Darüber hinaus bedeutet eine ergebnisoffene Verhandlungsphase normalerweise aber auch einen vorübergehenden Stopp von Investitionen in die Zukunft des Unternehmens. Gerade in diesen Jahren werden dann notwendige und nicht selten schon verschleppte Investitionen, wie etwa in die Digitalisierung, zurückgestellt. Das gefährdet nicht nur den Wert, sondern auch die Zukunft der Firma.

Kritische Phase der Nachfolgeregelung in Deutschland bricht an

Ein Risikofaktor ergibt sich aus der aktuellen Situation kleiner und mittelständischer Unternehmen, die in Deutschland vor einem Generationswechsel stehen. Bis 2022 wird eine Übergabe bei rund einer halben Millionen KMUs erwartet – das bedeutet eine Anzahl von Arbeitsplätzen in Millionenhöhe. Aus Sicht der genannten KfW-Studie wird der Höhepunkt dieser Periode sogar erst zwischen 2023 und 2027 erreicht. Damit erhöht sich auch weiter der Anteil der Betriebe, die sich nicht um eine Nachfolgeregelung kümmern und so ggf. nach dem Ausscheiden des Unternehmensleiters und -inhabers schließen.

Was spricht für das MBI-Modell?

Als Branchenfremder ein Unternehmen zu übernehmen, kann sich gleichwohl auch positiv auf das Geschäft auswirken. Bei einer brancheninternen Übernahme gestalten sich ergebnisoffene Verhandlungen auf Grund von Betriebsgeheimnissen und sensiblen Informationen oft kompliziert. Zudem macht es wenig Sinn, eine ursprünglich konkurrierende Unternehmensmarke nach dem Kauf weiter bestehen zu lassen. Solche Konstellationen münden häufig in Fusionen. Eine solche Perspektive ist gerade für scheidende Familienunternehmer nicht immer angenehm.
Beim MBI ist zwischen Käufer und Verkäufer in der Regel keine Wettbewerbssituation gegeben, die sich auf die Verhandlungen auswirkt.

Branchenkenntnisse bei MBI sind kein Muss

Ein neues Management aus einer anderen Branche birgt nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Hier lassen sich aber keine generellen Gesetzmäßigkeiten aufstellen. Wenn der neue Inhaber den Spagat zwischen einerseits eigenen (branchenfremden) Innovationen und andererseits Beratung durch Branchenkenner im neuen Unternehmen schafft, sind synergetische Effekte möglich. Ganz besonders in einer Phase, in der etwa die Digitale Transformation so entscheidend ist.

Fazit für Nachfolgeregelungen: Offen für Neues bleiben

Alle Modelle von Unternehmensübergaben sind eigentlich nur im Einzelfall zu bewerten. Management-Buy-In, Management-Buy-Out und seltenere Varianten wie das Search-Fund-Modell haben das Potenzial zu einer gewinnbringenden Nachfolgeregelung.

Klar ist, dass auf die neuen Unternehmenseigner eine Vielzahl neuer Anforderungen zukommen. Klar ist aber auch, dass gerade Familienunternehmer in Deutschland ihren Blick für Alternativen öffnen müssen. Zwar steht das MBI nach der familieninternen Übergabe in diesem Bereich auf Platz 2 der Beliebtheitswertung. Allerdings besagt die KfW-Studie auch, dass derzeit etwa 77 Prozent aller Firmeninhaber ausschließlich auf eine einzige Methode festgelegt sind. Es lohnt sich für beide Seiten, hier mit offenem Blick mehr aufeinander zuzugehen.