Die Rolle von HR im Change-Management
Ein Großteil aller Change-Prozesse scheitert. Warum Change-Management so wichtig ist und was HR tun kann, um Widerstand in Motivation zu verwandeln lesen Sie in unserem aktuellen HR-Blogbeitrag.
Was in der heutigen, schnelllebigen Arbeitswelt aktuell ist, kann morgen schon wieder überholt sein. Change-Management ist daher eine elementare Kompetenz, gerade im Mittelstand. Kleine und mittelständische Unternehmen, die agil bleiben und sowohl die eigene Unternehmenskultur als auch die Weiterentwicklung der Produkte oder des Geschäftsmodells im Auge behalten, können am Markt und mit großen Konzernen mithalten.
Ein gutes Change-Management hilft also, strategisch klug und wirkungsvoll genau an diesen Stellschrauben zu drehen. Doch ein Change Prozess kann auch nach hinten losgehen: Nicht zu Ende gedachte Prozesse, unzufriedene Mitarbeiter oder Widerstand gegen Ideen können Veränderungen bremsen. Dann ist die HR-Abteilung gefragt.
Netflix war mal ein DVD-Versandservice
Dass Change-Management wichtig für das Unternehmenswachstum ist, zeigen zahlreiche Best Practice Cases. Ein perfektes Beispiel für einen gelungenen Kurswechsel ist etwa der Streaming-Gigant Netflix. Die wenigsten werden sich erinnern, dass dieses börsennotierte, global erfolgreiche Unternehmen Ende der 90er-Jahre noch ein DVD-Versandservice war.
Die Unterhaltungsbranche hat sich seitdem stark verändert – die Nachfrage nach DVDs ist quasi nicht mehr vorhanden. Netflix stieg daher auf eine Digitalstrategie um und stieß zunächst auf Widerstände und Empörung bei seinen Kunden. Aber bekannterweise hat diese Geschichte ein glückliches Ende: Obwohl die Aktie des Unternehmens zunächst um fast 80 Prozent sank, blieb Netflix seinem Kurs treu – und ist heute der weltweit größte und einer der marktführenden Streaming-Anbieter.
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Die größten Hürden im Change-Management
Die Gründe dafür, Veränderungsprozesse anzustoßen, sind vielfältig: Im Fall von Netflix war es die Digitalisierung. Andere Auslöser bilden zum Beispiel die Einführung agiler Organisationsstrukturen, neuer IT-Systeme oder Veränderungen im Personal. Das Problem dabei: Nicht immer endet der Prozess erfolgreich. Im Gegenteil: Ein Großteil aller im Change-Management angestoßenen Projekte scheitert. Das fand der renommierte Professor für Führungsmanagement an der Harvard Business School, John P. Kotter, heraus. Das sollte aber kein Unternehmen davon abhalten, sich zu verändern und damit weiterzuentwickeln.
Hätte Netflix auf seinen bestehenden Kundenstamm gehört oder bei den sinkenden Aktien aufgegeben, würde heute niemand mehr die Marke kennen. Ein Blick auf die Ursachen des Scheiterns von Change-Prozessen lohnt sich also: John P. Kotter zufolge liegen sie oft im Widerstand der eigenen Mitarbeiter und im Zurückfallen in alte Muster. Hinzu kommt auch: Das richtige Angehen von Veränderungsprozessen gestaltet sich in jedem Unternehmen anders.
Mitarbeiter spielen die größte Rolle bei Veränderungen
In jedem Unternehmen ist es demnach am wichtigsten, alle am Change teilhabenden Mitarbeiter abzuholen und für den Wandel zu begeistern. Denn sie sind es, von denen der Erfolg der neuen oder umgestalteten Prozesse maßgeblich abhängt – und sie sind es auch, die auf Veränderungen negativ reagieren können. Schließlich werden die Strukturen, Arbeitsweisen oder die Kommunikation oftmals komplett auf den Kopf gestellt. Das ist mit Unsicherheit und möglicherweise mit Skepsis verbunden. Diese Widerstände können unbearbeitet zu Konflikten eskalieren. Und genau hier ist HR gefragt.
Augenmerk auf eine gemeinsame Gestaltung
Ein Schlüsselfaktor ist die Integration der Arbeitnehmer in die Change-Projekte: Eine transparente und ehrliche Kommunikation bietet dabei die Grundlage. Wenn HR und Führungskräfte zunächst mit der Belegschaft sprechen, ihnen die Benefits der neuen Maßnahmen und ihre Notwendigkeit klar machen, können sich die einzelnen Mitarbeiter viel eher für den Change motivieren. So schaffen HR-Experten Vorbehalte in der Belegschaft aus der Welt oder – und das ist zunächst noch wichtiger – erfahren zumindest davon.
Denn natürlich ist es den Mitarbeitern wichtig, dass das Unternehmen ihnen zuhört und ihre Unsicherheiten und Meinungen ernstnimmt. Die Führungskräfte, die den Change-Prozess steuern, können davon ebenfalls nur profitieren: Die Mitarbeiter kennen ihre tägliche Arbeit und die zugehörigen Prozesse am besten und können so dazu beitragen, dass der Wandel sich auch wirklich auf ihre Produktivität und auf den langfristigen Unternehmenserfolg auswirkt.
Bewährtes Praxismodell: Der Top-Down-Bottom-Up-Ansatz
Der Top-Down-Bottom-Up-Ansatz verfolgt das Ziel, Change-Projekte von A bis Z gemeinsam zu gestalten. Während Führungskräfte und HR den Anlass, die Vision und die Rahmenbedingungen für den bevorstehenden Change vorgeben (Top-Down), kümmern sich die Mitarbeiter selbst um wichtige Teilstrukturen des Plans (Bottom-Up).
So entsteht ein Dialog zwischen Führungsebene und Arbeitnehmern darüber, wie die Umsetzung am besten gelingen kann. Ein weiterer Vorteil dieses Modells: Da es dafür notwendig ist, die Mitarbeiter frühzeitig und regelmäßig zu informieren, treten ebenso frühzeitig mögliche Fragen oder Ängste zutage. Dann kann die nachvollziehbare Vision helfen, die HR zusammen mit den Führungskräften erarbeitet. Denn ein greifbares Ziel führt zu höherer Motivation und Beteiligung der Mitarbeiter.
Veränderungen brauchen Zeit
Ein letzter, nicht zu unterschätzender Aspekt von gutem Change-Management: Den Mitarbeitern sollte ausreichend Zeit zur Eingewöhnung gelassen werden. Führungskräfte, die den Wandel im Unternehmen anstoßen, beschäftigen sich mental schon viel länger damit als die Mitarbeiter, die sie erst zum gegebenen Zeitpunkt involvieren. Die leitenden Angestellten haben bereits ein Bild vom Unternehmen, wie es in fünf bis zehn Jahren aussehen wird. Die Angestellten sind meist in Gedanken noch längst nicht so weit.
Gleichzeitig sind sie diejenigen, die die Veränderungen letztlich am stärksten spüren. Eine geduldige, verständnisvolle Vorgehensweise hat also nicht nur einen positiven Effekt auf das generelle Arbeitsklima, sondern beugt auch Frust in der Belegschaft vor. Außerdem kann es allen Beteiligten zugutekommen, Etappenziele zu erstellen und selbst die kleinsten Erfolge auf dem Weg zu feiern – das stärkt den Zusammenhalt, der für einen Change-Prozess so wichtig ist.
HR-Manager als Change-Manager
Change-Prozesse bringen oftmals Gegenwind mit sich – das ist ganz natürlich. Bis es sichtbare Fortschritte gibt, vergeht außerdem oft mehr Zeit als eigentlich eingeplant. Doch es ist wichtig, sich nicht vom bereits festgelegten Kurs abzuwenden. Der Dialog mit den eigenen Mitarbeitern ist die Grundvoraussetzung für Erfolg. Wer das Team einbindet und auf Feedback hört, zeigt Wertschätzung. Die ist für das Wohlbefinden und die Veränderungsbereitschaft der Belegschaft enorm wichtig. HR-Experten treten hier als Schlüsselfiguren im Change-Management auf. Sie bilden die entscheidende kommunikative Schnittstelle und haben so die Möglichkeit, den Grundstein für agiles, zukunftsfähiges Arbeiten im eigenen Unternehmen zu legen.