Es können Situationen entstehen, in denen ein Gehaltsverzicht seitens der Arbeitnehmer notwendig wird. Dies ist allerdings nicht nur eine Frage des reduzierten Gehalts, sondern betrifft auch den Fiskus und die Sozialversicherungsträger. Immerhin enthält man ihnen dadurch einen Teil der ihnen eigentlich zustehenden Beiträge und Steuern vor.
Definition des Gehaltsverzichts
Ein Gehaltsverzicht liegt vor, wenn Arbeitnehmer auf einen Teil ihres Arbeitsentgelts verzichten. Dabei handelt es sich nicht um eine aufgeschobene Lohnzahlung, die später nachgeholt wird – dies entspräche einer Stundung -, sondern um einen vollständigen Verzicht. Der Arbeitnehmer verliert durch den Gehaltsverzicht den Lohnanspruch.
Der Fall des Gehaltsverzichts tritt immer wieder auf, wenn die Belegschaft eines Unternehmens hofft, diesem durch einen teilweisen Erlass des Gehalts aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten helfen zu können. Häufig verzichtet man auch zum Beispiel auf die Auszahlung von Einmalzahlungen (z. B. Urlaubsgeld, Tantiemen) oder von Überstunden.
Privatversicherte Arbeitnehmer können zudem einen Gehaltsverzicht nutzen, um die Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung zu erzwingen. Verdienen sie nämlich mehr als ein Jahr lang unterhalb der Versicherungspflichtgrenze, muss die gesetzliche Krankenversicherung sie wieder aufnehmen.
Tipp:
Arbeitsrechtliche Zulässigkeit
Zunächst ist zu prüfen, ob der Gehaltsverzicht überhaupt arbeitsrechtlich zulässig ist. Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn eine Betriebsvereinbarung über die Entgelthöhe oder ein Tarifvertrag bestehen. In diesen Fällen darf nämlich nur auf das Entgelt verzichtet werden, wenn der Vertrag eine Öffnungsklausel enthält.
Außerdem ist bei Teilzeitkräften zu prüfen, ob ein Verstoß gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz vorliegen könnte. Diese Frage ist vor allem dann relevant, wenn es sich um eine Einmalzahlung handelt.
Aber: Niemals darf auf den Mindestlohn verzichtet werden – ein solcher Gehaltsverzicht ist nach § 3 MiLoG unzulässig.
Steuerrechtliche Behandlung: Zuflussprinzip
Die Pflicht zur Zahlung der Lohnsteuer entsteht in dem Moment, in dem dem Arbeitnehmer Entgelt ausgezahlt wird. Man spricht im Steuerrecht vom Zuflussprinzip, da ihm das Entgelt zufließt. Für Gelder, die im Rahmen des Gehaltsverzichts nicht zur Auszahlung kommen, entsteht daher keine Pflicht zur Zahlung der Lohnsteuer. Der Arbeitgeber muss keine „fiktive“ Lohnsteuer abführen.
Sozialversicherungsrechtliche Behandlung: Entstehungsprinzip
Abweichend vom Steuerrecht gilt im Sozialversicherungsrecht das Entstehungs- oder Fälligkeitsprinzip. Dieses besagt, dass die Beitragspflicht entsteht, wenn der Lohnanspruch des Arbeitnehmers entsteht. Deshalb müssen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie zur Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung auch dann entrichtet werden, wenn der Arbeitslohn geschuldet wird, aber noch nicht ausgezahlt wurde. Ein Gehaltsverzicht kann nur dann eine entsprechende Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge bewirken, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
- Arbeitsrechtliche Zulässigkeit des Gehaltsverzichts
- Schriftliche Vereinbarung des Verzichts (Pflicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 NachwG)
- Verzicht auf zukünftig zu zahlendes Arbeitsentgelt
Eine rückwirkende Verringerung der Beitragspflicht ist nicht möglich, da sie für bereits geschuldetes Arbeitsentgelt schon entstanden ist. Der Gehaltsverzicht muss sich deshalb unbedingt auf einen erst in Zukunft entstehenden Anspruch auf Arbeitsentgelt beziehen.
Ist nur eine der drei Voraussetzungen nicht gegeben, so ist der Gehaltsverzicht bei der Beitragsermittlung nicht zu berücksichtigen. Dementsprechend sind auf das verzichtete Gehalt dennoch Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.