Unternehmensnachfolge

Nachfolgemonitor 2022: Das sind die wichtigsten Trends in der Unternehmensnachfolge

Wie beeinflusst die Corona-Pandemie und das unsichere Wirtschaftsumfeld die Unternehmensnachfolge? Wir haben uns den Nachfolgemonitor 2022 angeschaut und sind der Thematik auf den Grund gegangen – mit erstaunlichen Ergebnissen.

Beeinflusst das unsichere Wirtschaftsumfeld die Unternehmensnachfolgen? Und wie sind kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) durch die Corona-Krise gekommen? Mit diesen und weiteren Themen beschäftigt sich der nun zum vierten Jahr in Folge erschienene Nachfolgemonitor. Der Verband Deutscher Bürgschaftsbanken (VDB), die Creditreform Rating und das KompetenzCentrum für Entrepreneurship und Mittelstand der FOM Hochschule (KCE) veröffentlichten auch im Jahr 2022 wieder die Studie zu den Entwicklungstrends der Unternehmensübergaben durch Alteigner, sowie zu der Bereitschaft zur Nachfolge. Der Nachfolgemonitor beleuchtet dieses Thema auf den Daten der 16 Bürgschaftsbanken und Daten zu den Jahren 2014 bis 2021.

Ein erfolgreicher Übergang erfordert gründliche Planung und eine koordinierte Anwendung unterschiedlicher Strategien, um den Erfolg des Unternehmens nach der Nachfolge sicherzustellen. Ein Blick auf den Kernaussagen der Studie lohnt sich – sowohl für Unternehmensnachfolger als auch Führungskräfte, die in den nächsten Jahren ihren Betrieb in neue Hände geben wollen.

Das sind die wichtigsten Entwicklungstrends in der Unternehmensnachfolge im Jahr 2021

  • Das durchschnittliche Übergabealter lag vergangenes Jahr bei knapp 64 Jahren. Zum Zeitpunkt der Übergabe waren rund 38 Prozent der Übergebenden älter als 65. Damit verschärfen sich die Auswirkungen des demografischen Wandels auch dieses Jahr wieder um einiges. Der Vergleich: Im Jahr 2020 waren nur knapp 17 Prozent bei der Übergabe über 65 Jahre alt.
  • Erfolgreiche Übergaben können den Umsatz ankurbeln – das zeigt das Jahr 2021. Nach Übergabe schaffen es Unternehmen oft, das ursprüngliche Umsatzniveau ein-, nicht selten sogar, zu überholen.
  • Die Anzahl an Übernahmen ist insgesamt im Jahr 2021 wieder gestiegen und spiegelt damit den steigenden Trend der Anzahl der übergebenen Unternehmen wider. Trotz Pandemie war hier in den letzten Jahren kein Einbruch zu verzeichnen.
  • 80 Prozent der übergebenden Unternehmen waren Kapitalgesellschaften oder Einzelunternehmen. 2021 gab es auch überproportional viele Übernahmen von kleinen und Kleinstunternehmen, die besonders durch das Schaffen von neuen Arbeitsplätzen herausstechen konnten.

Ungleichheit trotz Fortschritte: Frauen in der Unternehmensnachfolge

Ein Blick auf das Geschlecht der Nachfolger zeigt: Auch bei den Betriebsübernahmen nimmt die Anzahl an Frauen zu. Trotzdem ist der Wert noch verhältnismäßig gering: 2021 lag der Frauenanteil bei 25 Prozent. Damit liegt die Zahl noch unter der Frauenquote in Führungspositionen und bei Arbeitskräften insgesamt. In der Bewertung zu berücksichtigen sind allerdings die starken regionalen Unterschiede. In Hamburg fällt der Frauenanteil in der Nachfolge schon auf 40 Prozent, wohingegen die Rate in Bayern bei 13 Prozent liegt.

Bei Blick auf die Branchen fällt auf, dass überdurchschnittlich viele Frauen Unternehmen in den Bereichen Gesundheit, Soziales und sonstige Dienstleistungen übernehmen. Das Gastgewerbe, Kunst und Unterhaltung sind ebenfalls durch Frauen dominierte Branchen. Ganz anders als das Verarbeitende- und Baugewerbe, diese Branchen sind besonders durch Übernahmen von Männern geprägt.

Erstaunlicherweise lassen sich hinsichtlich des Alters keine auffälligen Unterschiede erkennen: Schon seit 2017 gibt es keinen klaren Altersunterschied zwischen männlichen und weiblichen Übernehmenden. 

Corona-Pandemie, Umsatz und Probleme in der Nachfolge

Besonders auffällig ist die Regionalität der Unternehmensnachfolgen. 70 Prozent aller Übernehmenden kommen aus dem gleichen Landkreis wie das Unternehmen. Dabei handelt es sich größtenteils um Generationswechsel in der Familie oder interne Übernahmen von Angestellten im Unternehmen. Das lokale Geschäft trägt dazu bei, Arbeitsplätze in der Region zu sichern und kann sogar neue Arbeitsplätze schaffen, wenn es erfolgreich wächst. Das gelingt bei einer reibungslosen Übergabe: Die Nachfolger konnten ihre Belegschaft 2021 um ungefähr 10 Prozent steigern. 

Auch in der Unternehmensnachfolge macht sich der demografische Wandel bemerkbar. Als Folge der veränderten Altersstruktur in Deutschland stehen viele Unternehmen vor der Herausforderung, Lösungen in der Betriebsübernahme zu finden. Bei der Altersverteilung der Nachfolgenden fällt auf, dass die Altersgruppe zwischen 56 und 66 Jahren stärker vertreten ist, als es die letzten Jahre noch der Fall war. Dies ist bemerkenswert, da viele Unternehmer in diesem Alter bereits selbst über eine Übergabe nachdenken. Diesen Trend in der Unternehmensfolge kann man auf die hohen Anforderungen in der Übergabe zurückführen: Zum einen das nötige Geld zur Finanzierung, zum anderen aber auch die fachliche und persönliche Eignung. Als Aufgabe der Führungskräfte in Zukunft stellt sich heraus, die Suche nach geeigneten Nachfolgern rechtzeitig in Angriff zu nehmen.

Bei mehr als der Hälfte der Unternehmen geht der Umsatz vor der Übergabe zurück. Dafür ist die Umsatzentwicklung nach der Übernahme aber in den meisten Fällen positiv: Im Vergleich zum Zeitpunkt zwei Jahre vor der Übergabe, ist der Umsatz zwei Jahre danach bei rund 40 Prozent deutlich gestiegen.

72 Prozent der Übernahmen finden in Städten statt. In ländlichen Kreisen läuft die Übernahme also eher schleppend: Unternehmen in dörflichen Regionen fällt es zunehmend schwerer, passende Nachfolger zu finden. 

Nachfolger als Change- und Krisenmanager

Es bleibt spannend, wie Generation Z und die darauffolgende Generation Alpha das Thema handhaben werden und wie ihr Einstieg in die Wirtschaft die Unternehmensnachfolgen verändert. Noch hält sich die Risikobereitschaft der Young Professionals nämlich in Grenzen – was nach gut drei Jahren Unsicherheit, Krise und Inflation verständlich ist. Sie legen Wert auf Stabilität und wagen bislang selten den Schritt in die Selbständigkeit. Doch hier ist der Mittelstand im Vorteil, weil er genau diese Stabilität repräsentiert: Ein bestehendes, eher kleines Unternehmen zu übernehmen, das sich bereits seit vielen Jahren in der Wirtschaft etabliert hat, kann gegenüber einer risikoreichen Neugründung auch für die nächsten Generationen reizvoll sein.

Dass die Pandemie sich wenig auf die Zahl der Nachfolgen ausgewirkt hat, zeigt vor allem eins: Unternehmensnachfolger sind Krisenmanager. Sie haben in den letzten Jahren gelernt, schnell und flexibel auf Veränderungen zu reagieren und ihr Unternehmen agil anzupassen. Damit haben sie das Potenzial, den deutschen Mittelstand und die Wirtschaft insgesamt zu stabilisieren – das lässt Zuversicht für die Entwicklung der Unternehmensnachfolge in den kommenden Jahren zu.