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Unternehmens­nachfolge als Weg in die berufliche Selbstständigkeit (Infografik)

Buchhaltung

Der Traum vom Unternehmertum: selbständig durch Unternehmensnachfolge

„Die Übernahme hat den Vorteil, dass es ein bestehendes Produkt in einem bestehenden Markt gibt mit einer gewissen Marktposition.“

Die Unternehmensnachfolge als Weg in die berufliche Selbständigkeit? Vor Beginn der aktuellen Corona-Pandemie war die Idee von Selbständigkeit für viele Deutschen sehr verlockend. Über eine halbe Million Gründer starteten im vergangenen Jahr ihr eigenes Unternehmen, um den Traum vom Unternehmertum wahrzumachen.  Schaut man sich die Gründerzahlen für 2019 etwas genauer an, so machen Nebenerwerbsgründer mit 377.000 den größten Anteil aus, daneben gibt es 228.000 Vollerwerbsgründer, die ohne Netz und doppelten Boden in die Selbstständigkeit starten. Etwa drei Viertel der Menschen gründen, um eine Geschäftsgelegenheit auszunutzen. Im KfW-Gründungsmonitor (KfW: Kreditanstalt für Wiederaufbau, über die viele Finanzierungsprogramme für Existenzgründer laufen) heißen sie „Chancengründer“. Das restliche Viertel machen die sogenannten „Notgründer“ aus, Menschen, die mangels besserer Erwerbsalternative gründen.

Den für 2020 prognostizierten weiteren Anstieg an Gründungstätigkeiten wird die Corona-Pandemie allerdings einschränken.  Abschließende Aussagen über die Auswirkungen auf das Nachfolgegeschehen können jedoch noch nicht getroffen werden: „Anhand erster Zahlen der Bürgschaftsbanken aus 2020 lässt sich aber bereits ablesen, dass zwar etwas weniger Gründungen bzw. Nachfolgen begleitet wurden – die Zahlen jedoch im Verhältnis noch überraschend stabil sind“, so Stephan Jansen, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Bürgschaftsbanken im Nachfolgemonitor 2020.

Firmenübernahme statt Neugründung?

Wer sich selbstständig machen will und eine konkrete Idee zu einem Produkt oder einer Dienstleistung hat, wird vermutlich neu gründen wollen. Doch Neugründungen sind fast immer risikoreich, denn trotz bester Vorbereitung gibt es keinerlei Garantien für den Erfolg des Gründungsvorhabens. Nach der Studie des Kreditversicherers Euler Hermes „Insolvencies: The tip of the iceberg“ haben besonders „junge Firmen in der Regel eine wesentlich höhere Ausfallrate (…) als etablierte Unternehmen.“ Und nach den Angaben der KfW beenden rund 30 Prozent der Gründer ihre Existenzgründung wieder innerhalb der ersten drei Jahre.

Diese ersten Jahre sind auch besonders entbehrungsreich: Nicht nur der Unternehmerlohn liegt oft unter dem Durchschnitt eines vergleichbaren Angestelltengehaltes, dazu sind die Arbeitszeiten überdurchschnittlich hoch. Anfängerfehler können sehr teuer werden und immer wieder tauchen versteckte Finanzierungslücken auf. Nur wer damit gut umgehen kann und außerdem ausreichend Startkapital besitzt, um zahlungsfähig zu bleiben, hat eine Chance, sich dauerhaft am Markt durchzusetzen.

Firmenübernahme als alternativer Weg in die Selbständigkeit

Eine Möglichkeit, die Risiken etwas zu minimieren und die Entbehrungen einer klassischen Gründung zu verringern, kann der Erwerb eines bestehenden Unternehmens anstelle der eigenen Gründung sein. Eine Evaluierung des Programms „ERP-Kapital für Gründung“ zeigt, „dass Betriebsübernahmen weit weniger von Ausfällen betroffen sind als Neugründungen“, so das Wirtschaftsministerium auf eine Anfrage im Bundestag zum Thema „Unternehmensnachfolgen in Deutschland“ im Juli 2018.

„Die Übernahme hat den Vorteil, dass es ein bestehendes Produkt in einem bestehenden Markt gibt mit einer gewissen Marktposition. Sie haben Kunden und Aufträge, aber auch Lieferanten, einen Mitarbeiterstamm“, sagt Doreen Hotze, Leiterin des Gründungszentrums der Handelskammer Hamburg im Interview mit dem #SageNachfolgePlaner. Und es sprechen noch viele weitere Argumente für die Unternehmensnachfolge als Weg in die Selbständigkeit.

Das spricht für die Übernahme eines Unternehmens

Vorteile Übernahme

Während Start-up-Gründer nur ihren professionell ausgearbeiteten Businessplan haben, um eine Bank von ihrem Gründungskonzept zu überzeugen und eine Finanzierung zu erhalten, können Unternehmensnachfolger*innen einer bestehenden Firma mit genauen Unternehmenszahlen arbeiten.  Vorliegende Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen geben Auskunft über die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens und sind zugleich eine verlässliche Basis für die weitere Planung. Damit ist es insgesamt leichter, ein Kreditinstitut mit dem eigenen Finanzierungskonzept zu überzeugen.

Herausforderungen einer Firmenübernahme

Speziell bei mittelständischen Unternehmen sind betriebliche Strukturen stark durch den bisherigen Eigentümer geprägt. Die Beziehungen zu Lieferanten, Partnern und Mitarbeitern sind oft sehr persönlich und auf die Person des bisherigen Unternehmers fixiert. Hier muss der oder die „Neue“ erst einmal Beziehungen und Vertrauen aufbauen. Besonders bei Übernahmen, bei denen der Senior-Unternehmer noch einige Zeit mitarbeitet oder als Berater fungiert, sind klare Kompetenzabsprachen sehr wichtig, damit der Unternehmensnachfolger die Chance bekommt, sich als neuer Eigentümer zu positionieren.

Fluch und Segen vorhandener Infrastrukturen

Unternehmensnachfolger übernehmen ein vollständiges Unternehmen mit festen Strukturen und Abläufen, an denen Veränderungen mit Fingerspitzengefühl und Bedacht vorgenommen werden sollten. Während Neugründer alle Investitionen auf dem neuesten Stand tätigen kann, finden Unternehmensnachfolger viel zu oft veraltete Produkt- und Leistungspalette oder unzureichende Investitionen in Modernisierungsmaßnahmen vor, die weiteren Kapitalbedarf neben der eigentlichen Kaufsumme erfordern.

Trotz dieser kritischen Punkte ist die Übernahme einer bestehenden Firma oft eine bedenkenswerte Alternative zur Neugründung, denn Marktpositionierung, eine eingespielte Mannschaft und vorhandene Lieferanten und Kunden sind eine vergleichsweise komfortable Situation für den Start in die berufliche Selbstständigkeit. Kommt das entsprechende Know-how beim Gründer, eine ausreichende Kapitaldecke und eine gute Chemie zwischen Übergeber und Übernehmer hinzu, stehen einer erfolgreichen Übernahme und der zukünftigen Weiterentwicklung des Unternehmens wenig entgegen.

„Ich wollte Gründer sein“ – wie Moritz Ostwald doch zum Nachfolger wurde

„Ich wollte nie Nachfolger werden, bis das richtige Angebot kam.“ sagt Moritz Ostwald, der 2018 das Institut Dr. Baldinger & Partner übernommen hat. Hier geht’s zum #SageNachfolgePlaner – Podcast mit Moritz Ostwald.