Budgetierung in unsicheren Zeiten
Ein neuartiges Virus hat die Wirtschaft im Jahr 2020 mit voller Wucht getroffen. Auch die Folgen für Unternehmen sind weitreichend: Störungen in etablierten Lieferketten, veränderte Workflows aufgrund von vermehrter Tätigkeit aus dem Home-Office, einbrechende Vertriebskanäle infolge des Wegfalls von Kundenterminen und abgesagter Fachmessen, wie auch die Zurückhaltung bei Investitionen. Die weiterhin dynamische Entwicklung der Pandemie stellt die Unternehmensplanung und damit sowohl Controller als auch Kleinunternehmer vor große Herausforderungen. Wir geben Tipps für eine krisenfeste Budgetierung.
Nach einer ersten Verlangsamung des Infektionsgeschehens mit rückläufigen Ansteckungszahlen steigt derzeit die Sorge vor einer zweiten Welle. Mit steigenden Infektionszahlen sehen sich auch Unternehmen wieder mit strengeren Maßnahmen zu deren Bekämpfung konfrontiert. Auch ohne ein radikales Herunterfahren der Wirtschaft könnten die Folgen einer zweiten Welle für Unternehmen weitreichend sein.
Zum Beispiel, weil dann viele Verbraucher und Kunden ihr Verhalten ändern und wieder mehr Vorsicht walten lassen. So könnten Kundenbesuche abgesagt und Aufträge oder Investitionen verschoben werden. Im privaten Bereich verzichteten die Menschen wieder auf Restaurantbesuche und reisten nicht mehr mit Flugzeug oder Bahn. Und statt in lokalen Geschäften kauften sie im Internet ein.
Neue wirtschaftliche Talfahrt träfe KMU hart
Die damit verbundene wirtschaftliche Talfahrt könnte für die Budgetierung kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) gravierend sein. Gerade wenn sie nicht mehr über die notwendigen Rücklagen verfügen, um sich dieser Situation für weitere Wochen oder Monate zu stellen. Diese Unsicherheit erschwert die Arbeit des Controllings aktuell besonders.
Viele Fragen sind offen:
- Wie sieht eine angemessene Budgetierung aus?
- Welche Investitionen sind sinnvoll und notwendig?
- Welche Investitionen sind überflüssig?
So schwer es auch fallen mag, Controllern bzw. Kleinunternehmern bleibt derzeit nichts anderes übrig, als den Drahtseilakt zu vollbringen, zur richtigen Zeit zu investieren oder ad hoc auf die Budgetbremse zu treten. Hier die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist eine große Herausforderung. Keiner weiß, wie sich die Lage in den nächsten Tagen, Wochen oder Monaten entwickeln wird. Das macht eine langfristige und starre Budgetplanung, an welche die Verantwortlichen bislang gewöhnt waren, derzeit unmöglich. Stattdessen muss das Controlling agiler werden, wofür zum Teil ein Umdenken nötig ist. Hier helfen folgende Maßnahmen:
- Die Entwicklung mehrerer Budgetszenarien anstelle eines starren Budgets
- Eine Top-Down-Planung
- Eine rollierende Planung
- Ein werttreiberbasiertes Budgetsystem
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In Szenarien denken
Das Antizipieren verschiedener Szenarien ist für Controller und Geschäftsinhaber nichts Neues. Jedoch erscheint es aktuell sinnvoll, weit mehr Szenarien ins Kalkül zu ziehen als bisher. Idealerweise wird für jede Eventualität, kurz- wie langfristig, ein handfestes Budget entwickelt.
Mögliche Entwicklungen, die in die einzelnen wirtschaftlichen Szenarien einfließen könnten, sind zum Beispiel:
- Was passiert bei einem weiteren nationalen Lockdown?
- Was passiert bei einem Lockdown in der eigenen Region?
- Was passiert bei erneuten Grenzschließungen?
- Was ist zu erwarten, wenn die Infektionszahlen wieder sinken und ein geringes Lockdownrisiko besteht?
- Was passiert, wenn die Infektionszahlen in der eigenen Belegschaft steigen und eine Betriebsschließung droht?
- Was passiert bei einer Betriebsschließung?
- Was, wenn in absehbarer Zeit ein Impfstoff zur Verfügung steht und eine erfolgreiche Immunisierung der Bevölkerung in greifbare Nähe rückt?
Mit den richtigen Antworten auf diese Fragen können Controller wie auch Kleinunternehmer in jeder Situation einen Masterplan aus der Schublade ziehen. So sind sie handlungsfähig, wenn beispielsweise durch bestimmte Entwicklungen kurzfristige Supply-Chain-Störungen auftreten, Mitarbeiter wieder stärker vom Präsenz- in den Home-Office-Modus wechseln, Kundennachfragen einbrechen, Materiallieferungen unerwartet ausbleiben oder die Krankenstände in der Mitarbeiterschaft überdurchschnittlich hoch sind.
Sie sind aber auch darauf vorbereitet und wissen, was zu tun ist, falls sich die wirtschaftliche Lage wieder zum Positiven wendet und die Nachfrage nach den eigenen Produkten wieder steigt. Je vielfältiger Controller und Inhaber vorausdenken, umso wendiger sind Unternehmen in der Umsetzung ihrer Pläne.
Kurswechsel: Von Bottom-Up zu Top-Down
Diese herausfordernden Zeiten stoßen noch einen weiteren Trend im Controlling an: Bei allen Vorteilen eines Bottom-Up Planungsprozesses kann die vorübergehende Abkehr hin zu einer Top-Down Budgetierung vorteilhaft sein. Die Top-Down Planung, bei der die Geschäftsleitung die Ziele in Bezug auf Kosten, Umsatz etc. vorgibt, erscheint unter den derzeitigen Bedingungen effektiver als die Bottom-Up-Planung. Auch hinsichtlich der Aufbereitung mehrerer Pläne um die unterschiedlichen Szenarien abzubilden.
Auch, wenn eine derartige Kurswende in manchen Organisationen als rückschrittlich aufgefasst werden könnte, bietet der Top-Down-Ansatz in unsicheren Zeiten grundlegende Vorteile:
- Pläne können Dank weniger Iterationsstufen und gezielter Abstimmung schneller erstellt werden.
- Die Organisation kann flexibler reagieren, auch wenn sich Bedingungen innerhalb kürzester Zeit verändern.
Warum eine rollierende Planung wichtig ist bei der Budgetierung
Ein weiterer wichtiger Schritt, um die Unternehmenssteuerung an diese Zeiten anzupassen und agiler zu gestalten, ist eine rollierende Planung. Sprich: Eine regelmäßige und situationsbedingte Aktualisierung und Fortführung der Pläne um einen bestimmten Zeitraum.
Zugegeben, im Gegensatz zu der klassischen jährlichen Budgeterstellung ist dieses Vorgehen zweifellos mit einem größeren Aufwand verbunden. Die Vorteile überwiegen jedoch den Nachteil, der durch den Mehraufwand entsteht, da essenzielle Unternehmenskennzahlen, beispielsweise hinsichtlich Liquidität, aktuell gehalten und nach vorne prognostiziert (Szenarien) werden. Denn Controller reduzieren durch eine rollierende Planung die Zeit, die zwischen einem wirtschaftlichen Auslöser und der angemessenen (Planungs-) Reaktion des eigenen Unternehmens liegt. Und das kann erfolgsentscheidend sein.
Budgetierung: Den Faktor Zeit im Blick behalten
Dank einer rollierenden Planung und das Denken in Szenarien können Controller oder Kleinunternehmer sehr flexibel auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren. Denn Budgets sind nicht langfristig gebunden und können den Bereichen schnell zur Verfügung gestellt werden. Umso schneller können die Verantwortlichen zum Beispiel Budget für das Recruiting neuer Mitarbeiter oder für verstärkte Marketingmaßnahmen freigeben, sobald die Wirtschaftstrendnadel wieder nach oben zeigt. So lassen sie das eigene Unternehmen bestmöglich von dem Aufschwung profitieren.
Dabei ist zu bedenken: Die Agilität im Controlling erhöht sich noch einmal wesentlich, wenn das hauseigene Budgetsystem über entscheidende Werttreiber und Key Performance Indicators (KPI) der Unternehmenssteuerung abgebildet wird.
So können Indikatoren, die eine Veränderung der wirtschaftlichen Situation prognostizieren einfach in die Modelle übertragen werden und die Kalkulation der wesentlichen Unternehmenskennzahlen erfolgt dabei unmittelbar. Insbesondere die Nachvollziehbarkeit und Prognose der Cashflow-Entwicklungen in Echtzeit kann entscheidend sein. Eine hilfreiche Unterstützung bieten hierbei auch Reports moderner Software-Lösungen. Damit schließt sich der Kreis für eine agile Budgetierung.
Fazit
Halten wir abschließend noch einmal fest: Um das Unternehmen gut gewappnet durch Krisenzeiten zu steuern, kann die Implementierung geeigneter Budgetierungsansätze hilfreich sein. Die Top-Down Ausrichtung der Planung sowie ein auf Werttreiber basierendes Budgetsystem gibt dem Unternehmen die notwendige Effizienz im Budgetierungsprozess. Gleichzeitig schaffen ein rollierender Planungsansatz und das Denken in Szenarien Flexibilität, um das für den jeweiligen Umstand passende Budget anzuwenden. Dadurch wird ein umfassender Blick auf die prognostizierte Unternehmenssituation in unsicheren Zeiten gewährleistet.