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Scheinselbstständigkeit

Beschreibung im Lexikon

Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständige werden seitens des Gesetzgebers hinter Freiberuflern und kleinen Firmen vermutet, die lediglich aus einer Person bestehen und für einen einzigen Auftraggeber bzw. Kunden arbeiten. Eine solche Situation ist sozialrechtlich relevant. Denn ein Selbstständiger ist in der Regel nicht sozialversicherungspflichtig. Wer sein Einkommen aus einer selbstständigen Arbeit bestreitet, hat das Recht, seinen Bedarf an sozialer Absicherung ebenso selbstständig zu regeln. Dem gegenüber steht aber die Vermutung, dass dieses Privileg manchmal auch zu Unrecht besteht. Aus Sicht der Sozialversicherungen, allen voran der gesetzlichen Rentenversicherungen, stellen bestimmte Formen der Selbstständigkeit eben nur eine scheinbare Selbstständigkeit im Sinne des unternehmerischen Handelns dar. Es wird dann vermutet, dass ein Arbeitgeber die Verpflichtung umgehen will, den Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungsbeiträgen einzusparen. Die Arbeitskräfte werden dann als freie Mitarbeiter oder Subunternehmer beschäftigt. Statt Arbeitsverträgen werden Werksverträge geschlossen. Und freie Mitarbeiter erscheinen nicht auf der Gehaltsliste, sondern stellen ihre erbrachten Arbeitsleistungen monatlich in Rechnung.

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Scheinselbstständigkeit: freiwillig oder unfreiwillig?

Mit zunehmender Flexibilisierung der Arbeitswelten ist es für viele Fachkräfte und Spezialisten heute eine naheliegende Option, ihren beruflichen Werdegang als Selbstständige zu gestalten. Häufig gleiten sie beinahe unbemerkt in die Situation, dass sie nicht nur jeden Arbeitstag in den Räumlichkeiten eines Kunden verbringen. Irgendwann haben sie auch gerade noch diesen einen Kunden und sind genauso eingebunden und folgen den Arbeitsanweisungen des Auftraggebers wie die anderen festangestellten Kollegen/-innen. In der Regel vermuten die Sozialversicherungen dahinter aber noch keinen Vorsatz. Vor allem dann nicht, wenn freie Mitarbeiter nach Stundensätzen vergütet werden, die deutlich über dem Durchschnitt des sonst üblichen Gehaltsgefüges liegen. Worauf der Gesetzgeber im Zweifelsfall aber keine Rücksicht nimmt: ob der unternehmerische Status auf gegenseitigem Einvernehmen zwischen Auftraggeber und freiem Mitarbeiter basiert. Dass ein Selbstständiger diesen Status dauerhaft beibehalten möchte, obwohl er nachweislich wie seine festangestellten Kollegen ins betriebliche Geschehen eingebunden ist, spielt keine Rolle. Der Auftraggeber kann nachträglich in den Status eines Arbeitgebers überführt und verpflichtet werden, für die Dauer dieses Beschäftigungsverhältnisses sämtliche Arbeitgeberanteile zu den Sozialversicherungen nachzuzahlen. Und das sogar rückwirkend über mehrere Jahrzehnte.

Werksverträge im Blickpunkt der Sozialversicherungsträger

Die Vermutung, dass gesetzlichen Sozialversicherungen vorsätzlich Beiträge vorenthalten werden, konzentriert sich seitens der Behörden weniger auf freie Mitarbeiter als auf Subunternehmer mit Werksverträgen. Der Gesetzgeber vermutet hinter der zunehmenden Tendenz, dass Unternehmen bestimmte Personalleistungen ausgründen und mit Werksverträgen statt mit regulären Arbeitsverträgen unterlegen, einen Vorsatz, der allein der Umgehung des Sozialrechts und des Arbeitsrechts dient. Als klassische Indizien für Scheinselbstständigkeit von Einpersonengesellschaften gelten folgende Sachverhalte:

  • Es besteht keine freie Zeiteinteilung.
  • Der Ort der Leistungserbringung ist festgelegt.
  • Technische Betriebsmittel und Geräte sind nicht frei wählbar.
  • Nach außen hin tritt der Selbstständige wie ein Angestellter seines Auftraggebers auf.
  • Es besteht kein unternehmerischer Handlungsspielraum.
  • Der Selbstständige muss bestimmte Arbeitsanweisungen oder Vorschriften befolgen.
  • Die Vergütung bewegt sich in einem stets gleichbleibenden Rahmen und könnte durch unternehmerisches Handeln kaum gesteigert werden.

Jedes Kriterium für sich allein bietet noch keinen Hinweis auf mögliche Scheinselbstständigkeit. In Summe kann allerdings ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer festgestellt werden, das nahezu identisch ist mit dem üblichen Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

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