Recht, Steuern und Finanzen

Umsatzsteuerliche Behandlung von Reihengeschäften

Internationale Reihengeschäfte stellten Unternehmen in der Vergangenheit regelmäßig vor große Herausforderungen. Hohe Nachzahlungen drohten, wenn sie einen Vorgang falsch beurteilt hatten. Antworten auf Anwendungsfragen liefert ein BMF-Schreiben zur Neuregelung von Reihengeschäften. Unsere Expertin erläutert die wichtigsten Punkte.

Pakete in einem Verteilzentrum

Groß sind immer wieder die Herausforderungen, vor denen Unternehmen bei sogenannten Reihengeschäften stehen. Ganz besonders gilt dies bei internationalen Geschäften. Dabei sehen sie sich erheblichen Risiken gegenüber, wenn sie den Vorgang falsch beurteilen. Hohe Nachzahlungen drohen vor allem dann, wenn das Unternehmen unberechtigt Umsatzsteuer ausgewiesen hat oder fälschlicherweise von Steuerfreiheit ausgegangen ist. In seinem Schreiben zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Reihengeschäften hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun einige bisher bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt.  

Definition von Reihengeschäften

Bei einem Reihengeschäft handelt es sich um einen Begriff aus dem Umsatzsteuerrecht. Dabei schließen mindestens drei Unternehmen ein Geschäft über dieselbe Ware ab. Der Transport des Produkts erfolgt allerdings unmittelbar vom Lieferanten zum Endabnehmer. Zwischen den übrigen beteiligten Geschäftspartnern findet keine Lieferung statt. Unterschieden wird daher zwischen sogenannten ruhenden und bewegten Warenlieferungen. Durchgeführt werden kann der Transport jedoch ebenso von einem Unternehmen innerhalb der Reihe. Dieser wird dabei als Zwischenhändler bezeichnet. Genauso kann aber auch der Letztabnehmer seine Ware beim ersten Beteiligten des Reihengeschäfts abholen.

Führen mehrere der Geschäftspartner einen Transport durch, liegt nach deutschem Recht eine „gebrochene Beförderung“ vor. Es handelt sich dann nicht mehr um ein Reihengeschäft. Eine Ausnahme ergibt sich dann, wenn die Ware lediglich zur weiteren Verschiffung in ein Drittland aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland transportiert wurde. Für die Anerkennung als Reihengeschäft sind in diesem Fall jedoch zwei Voraussetzungen zu erfüllen. So muss das Land, aus dem das Produkt zunächst befördert wurde, das Geschäft als Reihengeschäft einstufen. Außerdem muss ein Nachweis von Seiten des Unternehmers vorliegen, der ohne Vorliegen einer entsprechenden Einstufung steuerpflichtig wäre.

Beispiel für ein Reihengeschäft mit 4 Teilnehmern:

Unternehmer 4 aus Dänemark bestellt beim Händler 3 vor Ort. Dieser gibt die Bestellung weiter an seinen Großhändler Unternehmer 2 aus Dortmund. Der hat jedoch keine Maschine vorrätig. Also bestellt er bei Unternehmer 1 in Köln. Unternehmer 1 aus Köln liefert die Maschine direkt mit eigenem LKW unmittelbar nach Dänemark und übergibt sie dort an den Unternehmer 4.

Bei diesem Beispiel handelt es sich um ein typisches Reihengeschäft, da mehrere Unternehmen über dieselbe Maschine Liefergeschäfte abschließen und die Maschine im Rahmen einer Beförderung unmittelbar von Unternehmer 1 an den letzten Abnehmer Unternehmen 4 gelangt.

Umsatzsteuerlich liegen zwei Lieferungen vor. Die sogenannte bewegte Lieferung von Unternehmen 1 und 4 und die sogenannte unbewegte Lieferung von Unternehmen 2 und 3. Beide Lieferungen müssten umsatzsteuerlich begutachtet werden. Entscheidend für die umsatzsteuerliche Beurteilung ist die Frage, an welchem Ort die beiden Lieferungen ausgeführt werden.

Herausforderungen bei der umsatzsteuerlichen Erfassung

Erhebliche Herausforderungen ergaben sich bei der korrekten umsatzsteuerlichen Erfassung von Reihengeschäften bis zum 31. Dezember 2019. Diese betrafen vor allem die grenzüberschreitenden Geschäfte. Grund dafür waren die unterschiedlichen Regelungen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten. Hinzu kam eine Rechtsprechung, die mitunter deutlich von der Auffassung der Verwaltung abwich. Entsprechend war es Unternehmen nur sehr schwer möglich, ihre Reihengeschäfte rechtssicher abzuwickeln.

Für Abhilfe sorgten damals bereits die sogenannten Quick Fixes. Dabei wurden mit Beginn des Jahres 2020 neue Regelungen zu innergemeinschaftlichen Reihengeschäften in die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSysRL) aufgenommen. Erweitert um Sachverhalte mit Bezug zu Drittländern setzte Deutschland diese Vorschriften um. In der Praxis blieben dennoch weiterhin zahlreiche Anwendungsfragen offen. In dem nun veröffentlichten BMF-Schreiben zur Neuregelung von Reihengeschäften greift die Verwaltung viele davon auf und erläutert sie. Schwerpunkte bilden dabei die Verantwortung für den Transport sowie die Verwendung der USt-ID durch einen beteiligten Zwischenhändler.

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Zu beachten sind von Unternehmen außerdem die Anforderungen an die Steuerbefreiung bei Ausfuhrlieferungen oder innergemeinschaftlichen Lieferungen. Möglich sind diese nur, wenn es sich um Beförderungs- oder Versendungslieferungen handelt. Ruhende Lieferungen sind davon grundsätzlich ausgenommen.

Transportverantwortung als wesentliches Kriterium

Die Verantwortung für den Transport der Ware stellt das entscheidende Kriterium für die Zuordnung der Warenbewegung dar. Dabei kommt es ausdrücklich nicht darauf an, wer die Lieferung bezahlt. Verantwortlich ist dagegen das Unternehmen, das das Produkt befördert oder seinen Versand veranlasst. Wird die Ware versendet, kommt es darauf an, wer den Auftrag dafür erteilt hat. Eine abweichende Zuordnung ist nur bei dem Nachweis möglich, dass Beförderung oder Versand auf Rechnung eines anderen Unternehmens erfolgte. Dabei muss dieses auch die Gefahr des Untergangs der Ware getragen haben. Da das BMF-Schreiben kein Beispiel für diesen Fall anführt, bleibt in der Praxis dazu weiterhin Raum für Interpretationen.

Am einfachsten ist die Zuordnung, wenn entweder das erste oder das letzte Unternehmen in der Reihe das Produkt befördert oder versendet. Dann findet dort die bewegte Lieferung statt. Bei den übrigen handelt es sich um ruhende Lieferungen. Schwieriger zuzuordnen ist der Fall, wenn die Transportverantwortung bei einem mittleren Unternehmen – dem Zwischenhändler – liegt. Grundsätzlich ist dann zwar die Lieferung an diesen die Beförderungslieferung. Allerdings besteht die Möglichkeit, diese Vermutung zu widerlegen. Verwendet das mittlere Unternehmen im EU-Binnenmarkt oder bei einem Export in ein Drittland durchgängig seine USt-ID, ist ihm die Lieferung zuzuordnen. Bei einem Import aus einem Drittland muss die Ware nach zollrechtlichen Bestimmungen in den freien Verkehr gebracht worden sein.

Anforderungen an die Verwendung der USt-ID

Bezüglich der USt-ID verlangt die Finanzverwaltung ein aktives Handeln des Zwischenhändlers. Das heißt, er muss die USt-ID im Auftragsdokument festhalten. Grundsätzlich reicht es dabei nicht aus, dass die USt-ID in einem Dokument bereits fest aufgedruckt ist, wie dies zum Beispiel in geschäftlichen Briefbögen der Fall ist. Bei mündlich erteilten Aufträgen ist eine Erklärung über die Verwendung der USt-ID gegenüber dem leistenden Unternehmen erforderlich. Wurde eine USt-ID im Rahmen eines Geschäfts verwendet, kann sie nachträglich nicht mehr durch eine andere ersetzt werden. 

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