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Hinweisgeberschutzgesetz: Aktueller Stand zur EU-Whistleblower Richtlinie

Die Umsetzung der EU-Whistleblower-Richtlinie erfolgt in Deutschland mit dem Hinweisgeberschutzgesetz. Seit Anfang Juli ist es nun in Kraft getreten.

Nun kommt es also doch noch – das Hinweisgeberschutzgesetz. Nach langem Hin und Her und Anpassungen im Vermittlungsausschuss ist das Gesetz zum 2. Juli 2023 in weiten Teilen in Kraft getreten. Lesen Sie hier den aktuellen Stand zum Hinweisgeberschutzgesetz.

Was ist das Ziel des Hinweisgeberschutzgesetzes?

Hinweisgebende Personen, die auf Missstände hinweisen, sollen besser als bislang geschützt werden. Häufig mussten diese Menschen in der Vergangenheit mit einer Kündigung oder anderen persönlichen Nachteilen rechnen. Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz sollen sie nun Rechtssicherheit erhalten. Zugleich sollen die Interessen von Unternehmen und öffentlichen Verwaltungen durch das Hinweisgeberschutzgesetz gewahrt bleiben und die Belastungen, die sich aus der Bürokratie ergeben, in einem moderaten Rahmen gehalten werden.

Der Bundesrat hatte dem Gesetzentwurf im Februar seine Zustimmung verweigert, sodass Bund und Länder sich auf einen neuen Kompromiss einigen mussten. Die wesentlichen Änderungen zum ursprünglichen Entwurf liegen darin, dass nun keine Pflicht mehr besteht, anonyme Meldekanäle zu etablieren. Anonym eingehende Meldungen sollen aber bearbeitet werden. Zudem wurde die maximale Höhe der Bußgelder von 100.000 Euro auf 50.000 Euro reduziert.

Wer erhält den Hinweisgeberschutz?

Im Hinweisgeberschutzgesetz ist geregelt, dass Personen, die innerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Missstände erhalten und diese dann den entsprechenden Meldestellen mitteilen, geschützt sind. Der Schutz zählt zudem für Menschen, die Gegenstand einer Meldung oder davon betroffen sind. Das Gesetz gilt neben Meldungen über Verstöße gegen EU-Recht auch für alle Meldungen und Informationen, die entsprechendes nationales Recht, Strafrecht und bestimmte Ordnungswidrigkeiten betreffen. Ebenfalls erfasst sind Verstöße gegen Regelungen für öffentliche Aufträge und andere Verstöße gegen geltendes Recht des Bundes und der Länder, die in § 2 des Gesetzes einzeln benannt werden. Whistleblower müssen die Möglichkeit erhalten, ihre Hinweise mündlich, schriftlich oder persönlich abzugeben.

Wer ist zur Einrichtung einer Meldestelle verpflichtet?

Alle Unternehmen und Organisationen ab einer Mitarbeiterzahl von 50 müssen einen sicheren internen Meldeweg einrichten. Kleinere Unternehmen bis zu 249 Mitarbeiter erhalten eine Schonfrist für die Umsetzung bis zum 17. Dezember 2023, danach müssen auch diese interne Hinweisgebersysteme etablieren. Bestimmte Unternehmen der Finanzbranche, wie Wertpapierdienstleister oder Kapitalverwaltungsgesellschaften sind hingegen immer zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet, auch wenn die Beschäftigtenzahl unter 50 liegt. Zusätzlich wird beim Bundesamt für Justiz eine externe Meldestelle eingerichtet und auch die Bundesländer können eigene Meldekanäle etablieren. Externe Meldestellen stehen grundsätzlich allen Hinweisgebern offen.

Welche Beschäftigten dürfen Hinweise an die Meldestelle geben?

Das Hinweisgeberschutzgesetz schützt alle Beschäftigten. Dazu zählen Arbeitnehmer, Auszubildende genauso wie Beamte, Soldaten oder Richter. Neben den eigenen Mitarbeitern müssen auch überlassene Leiharbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, eine Meldung abgeben zu können.

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Meldestelle: Intern oder extern?

Personen, die eine Information an eine Meldestelle geben wollen, können wählen, ob sie sich an eine interne oder externe Meldestelle wenden möchten. Gibt es im Unternehmen die Möglichkeit, effektiv gegen den jeweiligen Verstoß vorzugehen, sollen Whistleblower vorrangig interne Meldestellen kontaktieren. Wird durch eine interne Meldung dem Verstoß nicht abgeholfen, so kann sich der Hinweisgeber zusätzlich an eine externe Meldestelle wenden. Alternativ kann die Information unter bestimmten Umständen auch veröffentlicht werden.

Wie ist die Meldestelle einzurichten?

Das Unternehmen muss eine oder mehrere Personen mit der Aufgabe betrauen. Diese müssen in ihrer Tätigkeit unabhängig agieren. Es ist laut Gesetz ausdrücklich zulässig, sich bei der Einrichtung der internen Meldestelle von Dienstleistern unterstützen zu lassen. Es kann auch ein Dritter die Aufgaben der Meldestelle übernehmen. Bei Konzernen kann beispielsweise die Konzernmutter als Meldestellenbetreuer tätig werden. Allerdings ist das Unternehmen nicht von seiner Pflicht entbunden, selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen vorliegenden Verstoß abzustellen.

Hinweisgeberschutzgesetz: Welche Meldekanäle muss es intern geben?

Hinweisgebern müssen mehrere Möglichkeiten offenstehen: mündliche, schriftliche oder persönliche. Als mündliche Meldekanäle sind Anrufbeantworter denkbar, schriftliche können in Form einer Hinweisgeberplattform etabliert werden. Zudem muss ein persönliches Gespräch mit einer zuständigen Person der Meldestelle möglich sein.

Anonymität und Vertraulichkeitsgebot laut Hinweisgeberschutzgesetz

Entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf ist es nun nicht mehr verpflichtend, anonyme Meldekanäle einzurichten. Dies kann freiwillig geschehen. Zudem sollen laut Gesetz anonym eingehende Meldungen bearbeitet werden. Der Vertraulichkeitsgrundsatz muss jedoch geachtet werden. Die Meldestellen müssen mit Blick auf die Identität aller Beteiligten Vertraulichkeit wahren. Die Weitergabe von Informationen ist nur in Ausnahmefällen zulässig.

Was tun nach Eingang einer Meldung?

Das Verfahren bei internen Meldungen ist in § 17 des Gesetzes geregelt und sieht folgenden Weg vor:

  • Spätestens sieben Tage nach Eingang der Meldung muss die Meldestelle dem Hinweisgeber diese bestätigen.
  • Anschließend muss geprüft werden, ob die Informationen der Meldung in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.
  • Der Kontakt mit dem Hinweisgeber muss gehalten werden.
  • Die Meldung wird auf ihre Stichhaltigkeit hin geprüft.
  • Die Meldestelle bittet den Hinweisgeber gegebenenfalls um zusätzlich benötigte Informationen.
  • Abschließend sind Folgemaßnahmen zu ergreifen.
  • Innerhalb von drei Monaten gibt die Meldestelle dem Hinweisgeber Rückmeldung über geplante oder ergriffene Folgemaßnahmen.

Welche Folgemaßnahmen ergeben sich aus dem Hinweisgeberschutzgesetz?

Je nach Art der Vorwürfe und der Beweislage müssen interne Untersuchungen durchgeführt und die betroffenen Personen und Bereiche kontaktiert werden. Sofern notwendig, muss der Hinweisgeber an eine andere zuständige Stelle verwiesen werden. Das Verfahren kann sowohl aus Mangel an Beweisen eingestellt, aber auch aus anderen Gründen abgeschlossen werden. Alternativ kann das Verfahren an eine andere zuständige Behörde, beispielsweise eine Strafverfolgungsbehörde, abgegeben werden, die dann weitere Untersuchungen durchführt.

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Hinweisgeberschutzgesetz: Ordnungswidrigkeit und Bußgeld bei Verstoß

Die Einrichtung einer internen Meldestelle ist Pflicht. Deshalb gilt: Wer sie nicht einrichtet und betreibt, muss mit einer Geldbuße rechnen, da es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt. Für die Anwendung von Repressalien gegen den Hinweisgeber und die Behinderung der Meldung kann die Geldbuße bis zu 50.000 Euro betragen. Macht der Hinweisgeber die Repressalien geltend, gilt die Beweislastumkehr, wodurch der Arbeitgeber in der Pflicht ist, zu beweisen, dass keine Repressalien bzw. Vergeltungsmaßnahmen vorliegen. Schafft er dies nicht, können Schadensersatzansprüche seitens des Whistleblowers hinzukommen.

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