Digitale Transformation

Vielfalt als Chance für Unternehmen – Für mehr Diversity im Team und auf Führungsebene

Das Thema Diversität und Gleichberechtigung ist mittlerweile längst in der Wirtschaft angekommen. Dabei beweisen jüngste Studien: Eine vielfältige Arbeitswelt, in der alle mit gleichen Chancen teilnehmen, ist nicht nur wünschenswert, sondern auch ein ökonomischer Faktor für Unternehmen. Die Untersuchungen der Global Digital Women (GDW) zum Thema „Zwischen Wunsch und Wirklichkeit – Digitalisierung und Diversität in Unternehmen“ belegen unter anderem, dass Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil auf Führungsebene im Bereich Digitalisierung engagierter und somit besser aufgestellt sind.

Der Mittelstand muss außerdem nachziehen und für Unternehmensnachfolger gilt es, den Wandel aktiv mit voranzutreiben. Ich habe mir die Studie genauer angesehen und mit Unternehmensberaterin und Diversity-Expertin Martina Plag über Vielfalt als Chance und Vorteile in der Arbeitswelt der Zukunft gesprochen.

Nachholbedarf bei der Förderung von Frauen

Das wichtigste Ergebnis der GDW-Studie und der Europa-Universität Flensburg ist eindeutig: Die Wünsche und Ansprüche der rund 400 Befragten in Bezug auf Diversity stimmen noch nicht mit der Wirklichkeit überein. So stufen 75% der befragten Angestellten die Karriereförderung von Frauen als besonders wichtig ein, doch nicht einmal ein Drittel sieht ausreichend Maßnahmen seitens der Unternehmen. Auch beim Frauenanteil auf Führungsebene und der Sichtbarkeit weiblicher Vorbilder driften Wunsch und Realität auseinander. Dabei sind nicht nur längst die Qualifikationen vorhanden, sondern auch belegt, dass Diversität nicht nur aus Prinzip gefördert werden sollte, sondern auch für den Erfolg des Unternehmens eine bedeutende Rolle spielt.

Diverse Teams treiben Digitalisierung und Gleichberechtigung voran

In heutigen Zeiten, in denen die Arbeitswelt sich in einem strukturellen Wandel befindet und Themen wie Digitalisierung, neue Kommunikationsstrukturen und das Wohlbefinden der Angestellten immer wichtiger werden, ist Vielfalt im Team und im Management Board eine wertvolle Ressource. Vielfältig zusammengesetzte Teams sind erfolgreicher, „Vielfalt ist für Unternehmen ein ökonomischer Faktor“, sagt Tijen Onaran, Gründerin des Netzwerks Global Digital Women. Dabei treiben Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil in der Führungsebene Diversität und Digitalisierung stärker voran als Unternehmen mit weniger Frauen an der Spitze. Auch die 2018 veröffentlichte McKinsey-Studie „Delivering through Diversity“ belegt den Zusammenhang zwischen diversen Teams und dem Erfolg des Unternehmens: Die Unternehmen mit der höchsten Geschlechterdiversität hatten eine um 27% höhere Chance, eine gute Wertschöpfung zu erzielen, bei den Unternehmen mit der höchsten kulturellen und ethnischen Vielfalt waren es sogar 33%. Die Allianz geht hier mit gutem Beispiel voran: Die internationale Versicherungsgesellschaft hat sich konkrete Ziele für die Diversität und Inklusion im Unternehmen gesetzt und bereits 2007 einen Global Inclusion Council gegründet, der die Umsetzung überwacht und fördert.

Die Global Digital Women empfehlen, Vielfalt „als Treiber der digitalen Transformation“ einzusetzen „und nicht nur als reines Legitimations- und PR-Mittel“. Eigentlich klar: Verschiedene Hintergründe, Geschlechter, Alter und Erfahrungen geben eben auch verschiedene Blickwinkel auf Produkte und Prozesse und stärken damit eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit für Ihr Unternehmen. Stoßen Sie eine dieser Ebenen, wie zum Beispiel die Gleichberechtigung der Geschlechter, durch Fördermaßnahmen an, so ist es wahrscheinlicher, dass die restlichen automatisch folgen.

Mittelstand hinkt hinterher

Im Vergleich zu großen Konzernen scheinen kleinere und mittelständische Unternehmen (KMU) noch nicht die Bedeutung von Diversity- und Digitalisierungsmaßnahmen erkannt zu haben. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Befragten aus Konzernen das Engagement ihrer Arbeitgeber hierzu höher einschätzen, als es in den KMU der Fall ist. Die potenziellen Nachfolgerinnen und Nachfolger, die alleine in diesem Jahr von rund 150.000 Inhabern für die Übergabe gesucht werden, haben also eine klare Aufgabe: Digitalisierung und Diversity aktiv vorantreiben, um ihr Unternehmen konkurrenzfähig und fit für die Zukunft zu machen.  Aber wie lässt sich das konkret umsetzen?

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Was rät die Expertin?

Martina Plag ist Business-Coach und Geschäftsführerin der Hachenberg und Richter Unternehmensberatung. Sie hat bereits Ende der 90er Jahre ein erfolgreiches Diversity Projekt bei der Deutschen Bank in Berlin durchgeführt, führte als Pionierin für Frauenkonferenzen zehnmal den WOMEN‘s Business Day durch und unterstützt Frauen, Männer und Unternehmen auf ihrem Weg zu Erfolg, Chancengleichheit und Vielfalt.

Frau Plag, was geben Sie als Business-Coach Unternehmen im Thema Diversität mit auf den Weg, z.B. um den Frauenanteil auf Führungsebene zu erhöhen?

Martina Plag: Teilzeitbeschäftigung und Verlängerung der Elternzeit wurden lange als Allheilmittel für FRAUEN Förderung angesehen. Man fragt sich heute, wie konnte das passieren? Mittlerweile verlautbaren die konservativsten Verbände, dass die Unternehmenskultur sich wandeln muss. Nur – die Systeme sind robust.

Es gibt nach wie vor Nachholbedarf bei der Förderung von Vielfalt in Unternehmen und einen geringen Frauenanteil auf Führungsebene, obwohl nicht nur die Qualifikationen vorhanden sind, sondern auch der ökonomische Vorteil belegt ist – was glauben Sie, woran das liegt?

Martina Plag: Solange es eine männlich geprägte Unternehmenskultur gibt – und die Fotos der Vorstände deutscher Unternehmen belegen dies –, solange ändert sich wenig und die Bekenntnisse zu Diversity werden nicht gelebt. Warum soll ein Mann auch auf sein Amt oder das Wohlgefühl, sich unter seinesgleichen zu bewegen, verzichten?

Was muss dann Ihrer Meinung nach passieren, damit sich etwas ändert?

Martina Plag: Insofern braucht es eine Frauenquote und Frauenförderung als vergütungsrelevantes Ziel, genauso wie eine neue Arbeitskultur. Lange Arbeitszeiten und Machotum als Reputationswährung abschaffen – das sind Schritte, um eine kritische Masse an Frauen in Führung und Management zu erreichen.

Drei Tipps für die Unternehmensnachfolge

Wenn Sie ein bestehendes Unternehmen mit gewachsenem Mitarbeiterstamm übernehmen, kann es herausfordernd sein, das Thema Diversität in die Firma zu integrieren und die Vielfalt in ihrem Team langfristig zu erhöhen. Martina Plag hat drei Tipps für diesen Fall:

  1. Konfrontation vermeiden
    „Befähigen Sie die vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, den Weg mitzugehen, schätzen Sie ihre Erfahrungen wert und binden Sie sie mit ein: Warum ist das Thema relevant? Welche Unterstützung wird benötigt?“
  2. Entwicklung statt Crash
    „Finde Sie passende Kandidaten, um neue Sichtweisen und Kulturen zu gewinnen, ohne das System zu überfordern. Dabei spielt z.B. die Größe des Unternehmens eine Rolle.“
  3. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer
    „Achten Sie auf eine kritische Masse: eine Frau unter 10 Männern, das ist schwierig.“

Vielfältig und fit für die Arbeitswelt der Zukunft

Als Unternehmensnachfolger oder -nachfolgerin stehen Sie an dem richtigen Punkt, den Wandel der Arbeitswelt aktiv mitzugestalten. Zu den Maßnahmen, um Ihr Unternehmen für die Zukunft auszurüsten, zählen dabei nicht nur die Förderung neuer Technologien und Kommunikationsstrukturen, sondern auch Vielfalt in Ihrem Team. Denn so heterogen wie die Masse Ihrer Kunden ist, so heterogen sollte auch die Gruppe der Personen sein, die Ihr Produkt entwickelt und vermarktet. Ich finde, das ist ein schönes Zukunftsprojekt: die von GDW aufgedeckte Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit endlich zu schließen, damit sich in unserer Arbeitswelt wie in der Gesellschaft jede Person frei entfalten und verwirklichen kann.

Foto Credit: Daniela Merz, Sollsuchstelle