Recht, Steuern und Finanzen

Bin ich zur Inventur verpflichtet? Was sind die gesetzlichen Vorschriften?

Eine Inventur ist ein wirklicher Aufwand. Dabei sind nicht alle Unternehmen gesetzlich zu einer solchen Bestandsaufnahme von Vermögenswerten und Schulden verpflichtet.

Für die meisten Unternehmen ist eine Inventur mit großem Aufwand, Zeit und Kosten verbunden und für viele sind die gesetzlichen Vorschriften der Inventur Pflicht. Dennoch ist nicht zu vergessen, dass die Bestandsaufnahme auch Vorteile hat: Denn so behalten Unternehmer einen aktuellen Überblick über ihre wirtschaftliche Lage. Per Definition ist somit eine Inventur die Bestandsaufnahme von Vermögenswerten und Schulden eines Unternehmens beispielsweise durch Zählen, Messen oder Wiegen. In unserem Artikel beleuchten wir das Thema und informieren, wer zur Inventur verpflichtet ist.

Bestandsaufnahme – wozu braucht man sie?

Sind wirklich 1.500 Ballen Stoff oder 750 Ersatzteile im Bestand? Eine relevante Frage, die geklärt werden sollte. Dazu dient eine Inventur. So entsteht ein Abgleich des tatsächlich vorhandenen Bestandes mit dem Bestand, der in den Büchern steht. Zu Beginn einer Inventur sind Inventurvorbereitungen zu treffen. Dabei sind sogenannte Aufnahmebereiche zu definieren. Somit können die Bestände nach Räumen und Bereichen getrennt aufgenommen werden. Dazu zählen etwa das Lager, die Werkstatt und der Schau- und Verkaufsraum. Die Aufnahmebereiche legt der Inventurleiter fest, der sich auch um die Bereitstellung von Arbeitsmitteln wie Aufnahmebögen oder Messinstrumente kümmert. Ebenso kümmert er sich aber auch um Maßnahmen zur Richtigkeit der Inventur. Dazu zählt z.B., dass das Lager zu Beginn der Inventur aufgeräumt ist oder auch Schäden des Bestands zuvor zu erfassen sind. Bei der Inventur selbst müssen die Bestände an Waren, Betriebs- und Hilfsstoffe, fertige und unfertige Erzeugnisse, alle beweglichen Gegenstände des betrieblichen Anlagevermögens, Forderungen und Schulden sowie alle übrigen Vermögensgegenstände aufgenommen werden. Geregelt ist es in § 240 HGB. Werden Abweichungen festgestellt, sind oft mengen- und wertmäßige Korrekturen durchzuführen. Die dafür notwendigen Buchungen wirken sich auf das Ergebnis einer Unternehmung aus. Erhöht sich beispielsweise der Warenbestand, so mindert sich dadurch der Wareneinsatz und der Gewinn des Unternehmens erhöht sich. Verringert sich der Warenbestand, so tritt eine Gewinnminderung ein. Damit sorgt u.a. eine Inventur, die gemäß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung durchgeführt wird, für ein umfassendes Bild der Vermögens- und Finanzlage des Unternehmens. Zusätzlich dient die Inventur als Quelle für die Datengewinnung zum buchhalterischen Jahresabschluss, außerdem zu Bestandsüberwachung von Lager- und Vermögenswerten.

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Welche verschiedenen Inventurverfahren gibt es?

Ausgehend von der Art der Vermögensgegenstände gibt es verschiedene Inventurverfahren. Bei der körperlichen Inventur geht es um die körperliche Aufnahme, einer sogenannten Inaugenscheinnahme des Bestands. Das sind bewegliche materielle Vermögensgegenstände des Unternehmens. Dazu gehören zum Beispiel auch Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Vorräte. Bei dieser Art von Inventur, ist die Menge der einzelnen Vermögensgegenstände durch Messen, Wiegen oder Zählen zu erfassen, ebenso sind auch bestimmte Schätzverfahren gestattet. Schätzverfahren finden insbesondere bei Vorräten Anwendung gemäß § 241 HGB. Die Buchinventur hingegen ist die wertmäßige Erfassung aller nicht greifbaren Werte. Sie ist einzusetzen, wenn Messen, Wiegen oder Zählen nicht möglich ist. Das ist der Fall bei Bankguthaben, Schulden, ausstehende Forderungen, Verbindlichkeiten oder auch immaterielle Vermögensgegenstände. Bei der Anlageninventur schließlich ist eine Bestandsaufnahme des Sach- und Finanzanlagevermögens nach § 266 HGB durchzuführen. Sie kann ebenso immaterielle Vermögensgegenstände beinhalten. Bewegliche Gegenstände des Sachanlagevermögens wie z.B. Fuhrpark, Maschinen oder auch Betriebs- und Geschäftsausstattung, können entweder über die Anlageninventur oder über die körperliche Inventur aufgenommen werden Jeder Vermögensgegenstand ist bei der Anlageninventur mit seiner Bezeichnung, seinem Wert am Bilanzstichtag, dem Anschaffungs- oder Herstellungstag, seiner betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer sowie den Jahresabschreibungen zu erfassen.

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Gesetzliche Vorschriften der Inventur: Welche unterschiedlichen Inventurarten gibt es?

Prinzipiell regelt § 240 HGB des Handelsgesetzbuches die Zeitpunkte einer Inventur. Das sind der Beginn einer Geschäftstätigkeit sowie die Auflösung oder der Verkauf eines Unternehmens. Zudem muss eine Inventur jährlich durchgeführt werden. Wann im Jahr und wie exakt die Inventur gestaltet wird, können Unternehmen selbst entscheiden. Sie haben die Wahl zwischen verschiedenen gesetzlich zulässigen Inventurmethoden, die in § 241 HGB festgelegt sind. Bei der Stichtagsinventur ist das Inventar an einem festgelegten Stichtag, oft der Bilanzstichtag oder innerhalb von zehn Tagen vor oder nach diesem Datum, mengenmäßig durch körperliche Bestandsaufnahme zu erfassen. Vorteilhaft ist dabei, dass die ermittelten Bestände und Werte einem festen Stichtag zugeordnet werden müssen. Und durch den Zeitraum von 20 Tagen verfügen Unternehmen über eine gewisse Flexibilität. Nachteilig ist dagegen der hohe Arbeitsaufwand und die Betriebsunterbrechung zur Durchführung der Inventur. Unternehmen mit großen Lagerbeständen entscheiden sich häufig für die permanente Inventur nach § 241 (2) HGB. Diese führen sie fortlaufend über das gesamte Geschäftsjahr verteilt durch. Das Inventar kann dabei beispielsweise monatlich oder einmal im Quartal aufgestellt werden. Für die permanente Inventur ist es nötig, ein Lagerbuch und Listen aller Zu- und Abgänge zu führen. Ein Nachteil kann der hohe Aufwand für die Buchführung sein, der durch die fortlaufende Bestandsaufnahme entsteht, vor allem für unkontrollierbare Abgänge durch Verderb oder Zerbrechlichkeit. Die verlegte Inventur gemäß § 241 (3) HGB ermöglicht den Unternehmen eine besondere Flexibilität durch einen frei gewählten Zeitpunkt. Denn sie ist innerhalb eines Zeitraums von maximal drei Monaten vor und höchstens zwei Monaten nach dem Stichtag machbar. Damit ist die Durchführung einer Inventur in einer weniger arbeitsreichen Phase denkbar – oder bei niedrigem Bestand. Aufwändig dagegen die Fort- und Rückschreibung. Dadurch entstehen Differenzen in der Buchhaltung und ein größerer Arbeitsaufwand. Schließlich ist noch die Stichprobeninventur, als Teilerhebung im Sinne des § 241 (1) HGB zulässig, die vor allem in Großbetrieben zum Einsatz kommt. Eine umfassende Bestandsaufnahme ist dabei nur bei den hochwertigen Gegenständen erforderlich. Alle übrigen Vorräte und Waren werden mit repräsentativen Stichproben gecheckt. Eine echte Zeitersparnis! Die Ergebnisse sind anschließend mithilfe mathematisch-statistischer Methoden hochzurechnen. Durch Rechenfehler könnte aber nur ein Teil der Lagerbestände exakt erfasst wird. Deswegen kann durch die Hochrechnung nicht davon ausgegangen werden, dass das Ergebnis auch wirklich mit den tatsächlichen Lagerbeständen übereinstimmt.

Gesetzliche Vorschriften der Inventur: Sind alle Unternehmen zur Inventur verpflichtet?

Grundsätzlich gilt: Nach § 1 Handelsgesetzbuch ist jeder Kaufmann verpflichtet, sowohl bei Geschäftseröffnung als auch auf den Schluss eines jeden Geschäftsjahres auf Grund einer Bestandsaufnahme ein Verzeichnis und damit ein Inventar seiner Vermögensgegenstände und Schulden aufzustellen. Dies bedeutet, dass Freiberufler prinzipiell keine Inventur vornehmen müssen. Doch dies gilt auch für diejenigen Unternehmer, die ihre Gewinne anhand einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 (3) EStG ermitteln. Dies betrifft aber nicht die kapitalmarktorientierten Einzelkaufleute mit kleiner Unternehmensgröße. Die Begründung der Buchführungspflicht ist in § 141 AO geregelt. Sie wird durch die Höhe des Umsatzes, des Gewinns oder des Vermögens begründet. Wird auch nur einer der dort genannten Werte überschritten, so besteht die Verpflichtung zur Buchführung. Das gilt auch für das einmalige Überschreiten. Bei gewerblichen Unternehmen etwa wird die Buchführungspflicht bei einem steuerbaren Umsatz im Sinne des Umsatzsteuergesetzes von mehr als 600.000 € begründet. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb muss mehr als 60.000 € betragen. Hier ist allerdings § 241a HGB zu beachten. Diese Unternehmen können sich entscheiden: für doppelte kaufmännische Buchführung, Inventur und Jahresabschlusses – bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung – oder den Verzicht darauf. Steuerrechtlich wäre bei einem Verzicht nur noch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 (3) EStG notwendig. Dennoch können wiederum auch Nicht-Kaufleute aus steuerrechtlichen Gründen dazu verpflichtet sein, zu bilanzieren – und damit auch zu einer Inventur. Dies betrifft aber nur diejenigen, die die genannten Schwellenwerte überschreiten. Ist dies der Fall, muss man nicht automatisch mit der Bilanzierung beginnen, sondern kann auf die Aufforderung des Finanzamtes warten.

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