Gemäß Umsatzsteuergesetz entsteht die Umsatzsteuerschuld bereits mit der vollständigen oder teilweisen Erbringung der Leistung. Da es aber für den betrieblichen Alltag nicht praktikabel wäre, die Umsatzsteuer stets sofort an das Finanzamt abzuführen, gilt das Prinzip der Sollversteuerung nach vereinbarten Entgelten.
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Soll-/Istversteuerung: der Unterschied
Zwischen Soll- und Istversteuerung gibt es einen wesentlichen Unterschied, der sich in dem Zeitpunkt widerspiegelt, zu dem die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt wird:
- Sollversteuerung: Die Umsatzsteuer muss in dem Monat an die Finanzbehörde übermittelt werden, in dem die Rechnung ausgestellt wurde. Zahlt der Kunde erst später, so geht der Steuerpflichtige gegenüber dem Finanzamt in Vorleistung.
- Istversteuerung: Die Umsatzsteuer muss erst dann an das Finanzamt abgeführt werden, wenn der Kunde die ausgestellte Rechnung bezahlt hat. Dementsprechend entsteht hier keine Verpflichtung zur Vorleistung.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Ein Unternehmer stellt an seinen Kunden am 15. Juli eine Rechnung in Höhe von 500 Euro zuzüglich 95 Euro Umsatzsteuer. Der Kunde bezahlt diese erst am 15. September. Gilt für den Unternehmer die Sollversteuerung, so führt er mit der Umsatzsteuervoranmeldung für den Juli 95 Euro Umsatzsteuer ab. Hat er hingegen erfolgreich die Istversteuerung beantragt, so zahlt er die Umsatzsteuer erst im September.
Soll-/Istversteuerung bei Vorsteuer: Wahlrecht des Unternehmers
Jeder Unternehmer darf wählen, ob er die Vorsteuer bei Eingangsrechnungen sofort bei Rechnungseingang anhand des Rechnungsdatums (= Sollversteuerung) oder erst beim Zahlungsausgang (= Istversteuerung) geltend machen möchte. Es besteht ein Wahlrecht.
Hinweis: Kleinere Unternehmen, die die Einnahmen-Überschuss-Rechnung als Art der Gewinnermittlung gewählt haben, können ihre Umsatzsteuerzahllast ganz einfach aus den ein- und ausgegangenen Zahlungen ermitteln, wenn sie die Vorsteuer erst zum Zeitpunkt der Zahlung abführen. Dadurch vereinfachen sie ihre Buchführung.
Vorteile der Istversteuerung
Für den Unternehmer ist die Istversteuerung aus mehreren Gründen interessant. Insbesondere die Vereinfachung der Buchhaltung ist hier zu nennen. Ein wesentlicher Vorteil – gerade für kleinere Unternehmen – ist die Schonung der Liquidität. Wenn die Kunden eine eher schlechte Zahlungsmoral aufweisen oder große Beträge auf einmal berechnet werden müssen, könnte die durch die Sollversteuerung verursachte Vorleistung zu Liquiditätsproblemen führen. Kommt es zu Zahlungsausfällen, muss sich der Unternehmer nicht darum kümmern, die zu viel an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer wieder zurückzufordern.
Wechsel zwischen Soll-/Istversteuerung: Wann ist er erlaubt?
Nur ein eingeschränkter Kreis an Unternehmern darf zwischen Soll- und Istversteuerung wechseln:
- Unternehmen mit einem Nettoumsatz von weniger als 600.000 Euro im Vorjahr
- Kleinunternehmer, die nicht der Buchführungspflicht unterliegen
- Unternehmen, die von der Buchführungspflicht befreit sind
- Freiberufler, die ihren Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln
Niemals zur Istversteuerung wechseln können, unabhängig vom Umsatz, Rechtsformen wie die GmbH, die Kommanditgesellschaft oder die Unternehmergesellschaft.
Wechsel beantragen
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie der Wechsel zwischen Soll- und Istversteuerung erfolgen kann:
- Bei der Gründung muss der Unternehmer den Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen. Unter dem Punkt „Soll-/Istversteuerung der Entgelte“ ist die Wahl zu treffen.
- Auch nachträglich kann jederzeit formlos der Antrag gestellt werden, zum Beispiel schriftlich oder telefonisch. Er kann sogar stillschweigend genehmigt werden.
Das Finanzamt kann die Genehmigung nachträglich widerrufen, beispielsweise wenn ein Missbrauchsverdacht vorliegt.