HR-Management und Lohnbuchhaltung

Minusstunden bei Krankheit – die gesetzliche Regelung erklärt

Minusstunden wegen Krankheit? Dafür fehlt die rechtliche Grundlage. Was Arbeitgeber bei Arbeitszeitkonten, Teilzeit und Lohnfortzahlung unbedingt beachten sollten – jetzt im Artikel erfahren.

Ärztin im Homeoffice arbeitet am Laptop – Thema Minusstunden bei Krankheit und flexible Arbeitsmöglichkeiten im medizinischen Bereich.

Wenn die Zeit auf dem Arbeitskonto ins Minus rutscht, wird es heikel – besonders bei Krankheit. Ein Mitarbeiter meldet sich krank. Im Arbeitszeitkonto tauchen dennoch Minusstunden auf. Für Unternehmen ist das mehr als nur eine kleine Abweichung – es wirft rechtliche und organisatorische Fragen auf. Darf das sein? Wer trägt die Verantwortung und was bedeutet das konkret für Teilzeitbeschäftigte oder flexible Arbeitszeitmodelle?

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste auf einen Blick: 

  • Keine Minusstunden bei Krankheit: Krankheitsbedingte Fehlzeiten dürfen nicht zu Minusstunden führen – die Lohnfortzahlung greift unabhängig vom Arbeitszeitkonto. 
  • Vertragliche Grundlage entscheidend: Ohne klare vertragliche oder tarifliche Regelung sind Minusstunden rechtlich nicht belastbar – vor allem bei fehlender Einsatzplanung durch den Arbeitgeber. 
  • Arbeitszeitkonten professionell führen: Transparente, rechtskonforme Zeiterfassung schützt vor Konflikten und schafft Planungssicherheit für beide Seiten. 
  • Über Rechtslage informiert bleiben: Entscheidende gesetzliche Grundlagen bilden das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). 

Was sind Minusstunden? 

Minusstunden entstehen, wenn ein Arbeitnehmer weniger arbeitet als laut Arbeitsvertrag oder Dienstplan vorgesehen. Anders als Überstunden, bei denen mehr gearbeitet wird, zeigen Minusstunden ein Defizit an. In vielen Betrieben werden sie über ein Arbeitszeitkonto dokumentiert – vor allem in flexiblen Arbeitszeitmodellen, Gleitzeit oder Teilzeitregelungen.

Was sind keine Minusstunden?

Nicht jede Abwesenheit oder geringere Arbeitszeit führt automatisch zu Minusstunden. Entscheidend ist der Grund für das Arbeitszeitdefizit. Keine Minusstunden entstehen, wenn:

  • eine Krankmeldung vorliegt – hier greift die gesetzliche Lohnfortzahlung.
  • Urlaub genommen wird – die Arbeitszeit gilt in diesem Zeitraum als erfüllt.
  • Sonderurlaub vereinbart ist (z. B. für Behördenwege oder familiäre Notfälle).
  • der Arbeitgeber keine Einsatzzeiten plant – wer nicht arbeiten kann, weil keine Schicht zugewiesen wurde, darf nicht mit Minusstunden belastet werden.
  • sich der Arbeitnehmer auf Dienstreise oder nach Absprache auf einer Fortbildung oder im Bildungsurlaub befindet.

Kurz: Immer dann, wenn der Arbeitnehmer keine Verantwortung für die Fehlzeit trägt oder gesetzlich geschützt ist, dürfen keine Minusstunden angesetzt werden.

Wie sind Minusstunden gesetzlich geregelt?

Im deutschen Arbeitsrecht gibt es keine ausdrückliche gesetzliche Definition von Minusstunden. Maßgeblich ist: Minusstunden dürfen nur entstehen, wenn sie auf freiwilliger Basis vereinbart wurden oder tariflich bzw. vertraglich geregelt sind. Ohne ausdrückliche Regelung ist es unzulässig, Minusstunden einseitig dem Arbeitnehmer zuzuschreiben. Dabei spielt auch die Frage eine wichtige Rolle: Wie kam es zu den Minusstunden?

Wer trägt die Verantwortung?

Entsteht ein Minus auf dem Arbeitszeitkonto, stellt sich die Frage nach der Ursache. Liegt sie im Verhalten des Arbeitnehmers – etwa unentschuldigtem Fernbleiben – kann die Verantwortung bei ihm liegen. Entsteht das Ungleichgewicht jedoch durch unterlassene Arbeitseinteilung, Arbeitsmangel oder organisatorische Versäumnisse des Arbeitgebers, darf das Risiko nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Kurz: Sind die Minusstunden durch den Arbeitgeber verursacht, dann ist das Arbeitszeitkonto nicht belastbar.

Werden Minusstunden im Arbeitszeitkonto erfasst? 

Mit dem Thema Arbeitszeiterfassung muss sich jeder Arbeitgeber auseinandersetzen. In vielen Unternehmen erfolgt die Erfassung über ein elektronisches oder manuelles Arbeitszeitkonto. Dieses dient zur Übersicht von Über- und Minusstunden. Wichtig: Das Arbeitszeitkonto ist keine rechtsfreie Zone. Fehlt eine vertragliche Grundlage für die Zeiterfassung und den Ausgleich von Minusstunden, hat es keine rechtliche Bindung.

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Minusstunden bei Krankheit – was ist zu beachten? 

Während einer Krankmeldung gilt das EntgFG. Der Arbeitnehmer kann aufgrund seiner Krankheit keine Arbeitsleistung erbringen, erhält aber weiter Lohn – und darf für diese Zeit keine Minusstunden erhalten. Voraussetzung ist, dass er sich ordnungsgemäß krankmeldet und einen Nachweis erbringt. Fehlt ein Beschäftigter krankheitsbedingt, dürfen ihm also keine Fehlzeiten zugerechnet werden. Einzige Ausnahme: Es liegt ein Missbrauch vor oder der Mitarbeiter hat die Krankheit nur vorgetäuscht – was ebenfalls nachweisbar sein müsste. 

Minusstunden vom Gehalt abziehen – geht das? 

Ein automatischer Gehaltsabzug bei Minusstunden ist rechtlich nur möglich, wenn entsprechende Regelungen im Arbeits- oder Tarifvertrag bestehen. Fehlt eine klare Vereinbarung, gilt: kein Lohnabzug ohne rechtliche Grundlage. Nur wenn für beide Seiten klar geregelt ist, dass der Arbeitnehmer verantwortlich ist, die Minusstunden in einer bestimmten Frist nachzuarbeiten, ist eine Lohnkürzung nach Ablauf dieser Frist möglich. 

Bei Krankheit, Urlaub und Sonderurlaub ist die Lohnfortzahlung mit dem EntgFG und § 616 des BGB gesetzlich gesichert. Ein Abzug wegen angeblicher Minusstunden wäre hier unzulässig. 

Minusstunden bei Teilzeitanstellung 

Auch bei Teilzeitmodellen erfordert jede Abweichung von der vereinbarten Arbeitszeit Rücksprache oder eine rechtliche Grundlage. Besonders problematisch: Wenn Minusstunden allein durch fehlende Einsatzplanung entstehen. Dann liegt die Verantwortung meist beim Arbeitgeber. Auch hier gilt: Eine Krankmeldung darf nicht zur Belastung des Arbeitszeitkontos führen. 

Wann verfallen Minusstunden? 

Es gibt keine gesetzlich einheitliche Regelung zum Verfall. Entscheidend sind daher auch hier vertragliche Vereinbarungen oder tarifliche Regelungen. Unternehmen müssen also eine eigene Frist festlegen, zum Beispiel gekoppelt an das Kalenderjahr. Eine unklare oder einseitige Regelung ist nicht rechtssicher. Arbeitgeber sind daher gut beraten, jederzeit transparent zu dokumentieren, wann und wie Minusstunden verfallen. 

Wie können Arbeitnehmer Minusstunden abbauen? 

Der Abbau erfolgt durch Mehrarbeit oder flexible Einsatzplanung in Abstimmung mit dem Mitarbeiter. Verpflichtet werden kann ein Arbeitnehmer nur dann, wenn entsprechende Regelungen bestehen. Fehlen diese, darf er nicht zur unvergüteten Nacharbeit gezwungen werden. 

Fazit: Klare Regeln schaffen Sicherheit für beide Seiten

Wer auf flexible Arbeitszeitmodelle setzt, muss auch für transparente Regelungen sorgen. Für Arbeitgeber heißt das konkret: 

  • Arbeitszeitkonten klar und rechtskonform führen 
  • Krankheitszeiten korrekt behandeln: keine Minusstunden 
  • Teilzeitmodelle präzise regeln 
  • Minusstunden vertraglich absichern und möglichst vermeiden 
  • Keine Gehaltsabzüge ohne rechtliche Grundlage 

Ein sorgfältiges Zeitmanagement und ein sauber aufgesetztes Arbeitszeitkonto schützen Unternehmen vor Konflikten – und stärken auch das Vertrauen der Mitarbeitenden.

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