4-Tage-Woche: Wissenswertes für Personalleiter und HR-Manager
Eine 4-Tage Woche kann die Produktivität der Mitarbeiter steigern. Erste Unternehmen in Europa testen dieses Modell. Was es bedeutet, inwiefern diese gut für die Wirtschaft ist, wo erste Erfolge verzeichnet werden und was man für die Einführung braucht...erfahrt ihr in diesem Artikel!
Mal ehrlich: Wir alle erzählen ab und an gerne, wie viel wir um die Ohren haben. Nicht ganz ohne Stolz beklagen wir dann ausgiebig, dass der Tag einfach zu kurz ist, um unser Arbeitspensum zu schaffen. Dahinter steckt jedoch ein ernstes Thema, das vielen Arbeitnehmern zu schaffen macht: die Work-Life-Balance – der Ausgleich zwischen Berufs- und Privatleben.
Dazu kommt, dass lange Arbeitszeiten nicht unbedingt mehr Produktivität bedeuten: Bei unserer Studie gab einer von drei Vollzeitbeschäftigten an, pro Woche höchstens 30 Stunden wirklich produktiv zu sein. Geht man von einem 8-Stunden-Tag aus, werden also mehr als 10 Stunden mit unproduktiven Tätigkeiten verbracht – das ist mehr als ein ganzer Arbeitstag.
Im europäischen Vergleich haben wir in Deutschland zwar mit die geringsten Wochenstunden, aber das sind lediglich Durchschnittswerte. In vielen Unternehmen sind die wöchentlichen Arbeitsstunden jedoch viel höher – sei es, weil man dort eine „Überstunden-Kultur“ pflegt und das unausgesprochen erwartet wird, sei es, weil Mitarbeiter lange Arbeitszeiten aus Furcht um den eigenen Arbeitsplatz in Kauf nehmen. Im Ausland wird pro Woche oft noch länger gearbeitet, wie z. B. in Großbritannien, dem Land mit den längsten Arbeitsstunden in Europa und zugleich mit der geringsten Produktivität.
Sollten wir vielleicht gleich auf den fünften Arbeitstag der Woche verzichten?
Aktuelle Studien zeigen: Eine 4-Tage-Woche verbessert nicht nur die Zufriedenheit der Mitarbeiter, sondern auch ihre Produktivität. Und was noch wichtiger ist: 51 Prozent der Mitarbeiter würden eine 4-Tage-Woche begrüßen.
Werfen wir noch einmal einen Blick über den Kanal: In Großbritannien läuft seit Juni 2022 eine Studie zur 4-Tage-Woche, bei der versuchsweise über 3.300 Mitarbeiter in 70 britischen Unternehmen ein halbes Jahr lang nur vier Tage in der Woche arbeiten. Auf die Ergebnisse können wir gespannt sein und soviel ist jetzt schon klar: Dieses Thema wird in Unternehmen weiterhin heiß diskutiert werden.
Wir haben im Folgenden einige interessante Informationen zur 4-Tage-Woche zusammengestellt, die jeder HR-Manager und Personalleiter kennen sollte.
Was bedeutet eine 4-Tage-Woche?
Wie der Begriff schon sagt: Statt wie seit Jahrzehnten üblich, arbeiten Mitarbeiter nicht mehr fünf Tage die Woche, sondern nur noch vier.
Für solche neuen Konzepte ist manchmal etwas Nachhilfe nötig. So läuft z. B. in Großbritannien eine Kampagne zur 4-Tage-Woche zu den Vorteilen einer kürzeren Wochenarbeitszeit für die Gesellschaft, Umwelt und eine stabile Demokratie.
Diese Kampagne wird von vielen Unternehmen und Gewerkschaften unterstützt, die sich in einem Punkt einig sind: Wird wöchentlich weniger gearbeitet, profitieren davon Arbeitnehmer, Arbeitgeber und das ganze Land – was wiederum die Wirtschaft stärken wird.
Der Trend zur 4-Tage-Woche zeigt sich nicht nur bei unseren britischen Nachbarn. Immer mehr Länder entdecken, dass die 4-Tage-Woche der Schlüssel zu mehr Produktivität sein könnte.
Inwiefern ist eine 4-Tage-Woche gut für die Wirtschaft?
Laut Experten sind längere Arbeitszeiten schlecht für die Bilanz, weil die Produktivität nach der 35. Wochenarbeitsstunde sukzessive abnimmt – eine Art „Naturgesetz“ laut dem britischen Institute for Labor Economics.
Aidan Harper, Wissenschaftler bei der New Economics Foundation, sieht einen klaren Zusammenhang zwischen Überarbeitung, schlechtem Befinden, psychischen Erkrankungen und geringer Produktivität: „All diese Dinge sind sehr eng miteinander verknüpft. Überarbeitung ist schlecht für die Psyche und Ihre Fähigkeit, a) schnell zu arbeiten und b) eine hohe Qualität zu liefern.“
Wo ist die 4-Tage-Woche schon heute ein Erfolg?
Ein Beispiel für eine erfolgreiche Umstellung auf die 4-Tage-Woche ist das Technologie-Startup Wildbit, das von ehemaligen Google-Mitarbeitern gegründet wurde. Dort verabschiedete man sich von fünf wöchentlichen Arbeitstagen, nachdem CEO Natalie Nagele erkannte, dass die meisten von uns nur etwa vier Stunden am Tag sinnvoll und konzentriert arbeiten können.
„Als mir das klar wurde, hab ich gesagt: Als Team können wir gemeinsam weniger arbeiten“, erklärt Natalie Nagele. „Wenn wir die gleiche Arbeit in 32 Stunden schaffen und dafür einen Tag mehr frei haben, wäre das gut für unser Privatleben und unsere Erholung. Probieren wir’s einfach mal aus.“
Auch die schottische Firma Pursuit Marketing hat eine 4-Tage-Woche eingeführt – wodurch die Produktivität um 30 Prozent gestiegen ist..
Eines der überraschendsten Beispiele für die 4-Tage-Woche ist womöglich der japanische Autokonzern Toyota: In seinem schwedischen Werk verbesserten sich nach der Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 30 Stunden gleichzeitig die Kundenzufriedenheit und die Produktivität – letztere um 114 Prozent. Aber es kommt noch besser: Toyota verbuchte durch diesen arbeitnehmerfreundlichen Schritt eine Gewinnsteigerung um 25 Prozent.
Auch Werksleiter Martin Banck hat seit der Umstellung auf kürzere Arbeitszeiten äußerst positive Veränderungen beobachtet. Konkret meint er damit: „Die Belegschaft fühlt sich besser, die Personalfluktuation hat abgenommen und es ist einfacher, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Mitarbeiter haben kürzere Wege zur Arbeit, die Maschinen werden effizienter genutzt und die Kapitalkosten sind niedriger – alle sind zufrieden.“
Was müssen HR-Teams zur Einführung der 4-Tage-Woche wissen?
Unser Tipp: Sollten Sie auf eine 4-Tage-Woche umstellen wollen, machen Sie vor der unternehmensweiten Einführung zuerst eine Testphase.
Das hat z. B. Perpetual Guardian getan. Nach einer achtwöchigen Testphase mit nur vier Arbeitstagen pro Woche stieg bei dem neuseeländischen Finanzdienstleister die Produktivität um 20 Prozent. Das allein gab den Ausschlag für einen unternehmensweiten Wechsel auf die 4-Tage-Woche.
Ob eine 4-Tage-Woche für Ihr Unternehmen das richtige ist, hängt allerdings von mehreren Faktoren ab:
- Wollen Ihre Mitarbeiter die Arbeitszeiten reduzieren?
- Wie würden sich andere Arbeitsmodelle oder flexiblere Kernzeiten auf die Kinderbetreuung auswirken?
- Ist Ihre Firma auf neue Arbeitsmodelle und Geschäftszeiten gut vorbereitet?
- Lässt sich die 4-Tage-Woche in allen Unternehmensbereichen umsetzen, damit sich niemand benachteiligt fühlt?
Viele Mitarbeiter erwarten heute Flexibilität von einem Arbeitgeber – und für Sie eröffnet sich damit die Chance, bessere Mitglieder für Ihr Team zu gewinnen. Übrigens: Arbeitnehmer schätzen Flexibilität auch in anderen Bereichen. Es ist also eine Überlegung wert, wie Sie zusätzlich zur 4-Tage-Woche (oder anstatt) mit weiteren mitarbeiterfreundlichen Angeboten für Ihr Unternehmen werben.
Wie wäre es z. B. mit der Option, an einem Tag länger zu arbeiten und dafür an anderen Tagen früher nach Hause zu gehen? Was halten Sie von Homeoffices? Können Sie Mitarbeitern mit Kindern flexiblere Arbeitszeiten anbieten, die sich an den Schulzeiten oder Schulferien orientieren?
Viele Arbeitgeber haben andere Möglichkeiten, um die Zufriedenheit und Produktivität der Belegschaft zu verbessern – ohne gleich eine 4-Tage-Woche einzuführen.
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Ist die 4-Tage-Woche das Arbeitsmodell der Zukunft?
Die Art und Weise, wie wir arbeiten, verändert sich. Das bedeutet aber nicht, dass Sie sofort auf eine 4-Tage-Woche umstellen müssen. Zwar ist das attraktiv zur Gewinnung neuer Talente, aber zuerst sollten Sie an Ihre jetzige Belegschaft denken.
Fragen Sie Ihre Mitarbeiter doch einfach, wovon sie sich mehr Produktivität versprächen. Gehen Sie nicht einfach davon aus, dass alle eine 4-Tage-Woche wollen. Das ist schließlich nicht die einzige Möglichkeit, die Work-Life-Balance Ihrer Teams zu verbessern.
Vielleicht würden Ihre Mitarbeiter sich gern die Arbeitszeit flexibler einteilen können? Oder würden sie lieber von zu Hause aus arbeiten? Das alles können Sie nur wissen, wenn sie Ihre Mitarbeiter direkt fragen.
Häufig gestellte Fragen
Wann kommt 4-Tage-Woche in Deutschland?
In vielen Betrieben, die im Schichtmodell arbeiten, ist das Modell der 4 Tage Woche ebenfalls schon etabliert. Hier sind die Arbeitstage dann einfach länger – dafür haben Beschäftigte drei Tage frei. Laut einer Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums von Hubertus Heil (SPD) ist eine gesetzliche Vier-Tage-Woche in Deutschland derzeit nicht vorgesehen. Die Entscheidung über die Gestaltung der Arbeitszeit obliegt gemäß dem Grundgesetz den Tarifvertrags- und den jeweiligen Arbeitsvertragsparteien. Das bedeutet, dass Unternehmen und Arbeitnehmerverbände selbst über die Möglichkeit einer Vier-Tage-Woche verhandeln und diese in ihre Arbeitsverträge integrieren können.
Wo gibt es die 4-Tage-Woche in Deutschland?
Ein Modellprojekt in Sachsen-Anhalt testet derzeit eine vier-Tage-Schulwoche für Schüler. Das Modellprojekt wird an zwölf Schulen durchgeführt und zielt darauf ab, den Schülern mehr Freizeit und Erholung zu ermöglichen. Viele Arbeitnehmer träumen davon, nur noch an vier Tagen pro Woche arbeiten zu müssen. Ob eine ähnliche Arbeitszeitverkürzung auch für Schüler sinnvoll ist, wird im Rahmen des Projekts untersucht. Auch lokale Modellprojekte sind immer wieder in der Diskussion. Die Stadt Wedel plant beispielsweise, die Vier-Tage-Woche ab Juni 2023 einzuführen. Dieser Schritt soll die Work-Life-Balance der Beschäftigten verbessern und zu einer höheren Zufriedenheit am Arbeitsplatz beitragen.
Wie viel Tage Urlaub bei einer 4 Tage Woche?
Für einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitszeit sich regelmäßig auf 4 Tage verteilt, sind es 16 Urlaubstage: (24 Werktage/6) × 4 Arbeitstage je Woche = 16 Arbeitstage Urlaub.
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